Die katalanische Regionalversammlung hat am Mittwoch einen Unabhängigkeitsbefürworter zu seinem Parlamentspräsidenten gewählt. Mit der Wahl von Roger Torrent dürfte klar sein, dass sich an den Unabhängigkeitsbestrebungen der katalanischen Separatisten auch in Zukunft nichts ändern wird.
Während der Eröffnungssitzung des Parlaments setzte sich Torrent mit knapper Mehrheit durch. Der Politiker der linken ERC-Partei muss nun einen Kandidaten für die Regierungsbildung benennen. Dabei stand vor allem die Frage im Raum, welche Rolle geflohene und inhaftierte Politiker im Parlament und in der Regierung spielen sollen.
Unklar, wie es mit Puigdemont weitergeht
Zwei separatistische Parteien wollen den von der Zentralregierung in Madrid abgesetzten Carles Puigdemont wieder an die Spitze der Regierung wählen. Dieser ist aber zusammen mit anderen Abgeordneten nach Brüssel geflohen, weil ihm in Spanien die Festnahme wegen Rebellion und anderer Vorwürfe droht.
Puigdemont möchte sich in Abwesenheit wählen lassen. Die Zentralregierung hat bereits angekündigt, dagegen vorzugehen. Der Katalane meldete sich deshalb mit erneuter Kritik am Vorgehen Madrids zu Wort. «Sie verstehen nur etwas von Angst, Gewalt und Auferlegung», twitterte er am Mittwoch. Er versprach, sein Kabinett als legitime Regierung wiedereinzusetzen. «Wir werden ihnen zeigen, dass es nichts gibt, was den Geist freier Menschen verbiegen kann.»
Was passiert mit den Stimmen der «Exil»-Abgeordneten?
Sein Sitz wurde am Mittwoch ebenso mit dem Symbol der Separatisten, einer gelben Schleife, dekoriert wie andere leer gebliebene Sitze. Vier Ex-Kabinettsmitglieder waren mit Puigdemont nach Brüssel geflohen, drei weitere Abgeordnete befinden sich wegen Vorwürfen der Rebellion oder Aufruhr weiter in Gewahrsam.
Es handelt sich dabei um Ex-Vizepräsident Oriol Junqueras, den früheren Innenminister Joaquim Forn und den Aktivisten Jordi Sànchez. Sie baten das Parlament um Erlaubnis, durch Kollegen an parlamentarischen Abstimmungen teilnehmen zu dürfen. Ihre Stimmen sind für die Unabhängigkeitsbefürworter wichtig, da sie gemeinsam nur über eine knappe Mehrheit verfügen.
Zeit bis Ende Januar
Das neue katalanische Parlament muss bis Ende Januar eine neue Regionalregierung wählen. Die spanische Regierung in Madrid beobachtet das ganz genau, nachdem das vorherige Kabinett versucht hatte, die Region zu einer unabhängigen Republik zu machen. Die Kontroverse hat zu der schwerwiegendsten politischen Krise in Spanien seit Jahrzehnten geführt.
Die spanischen Behörden hatten die direkte Kontrolle in Katalonien übernommen, nachdem die Separatisten im Regionalparlament in Barcelona am 27. Oktober einseitig die Unabhängigkeit ihrer Region erklärt hatten. Die regionale Regierung von Puigdemont wurde daraufhin abgesetzt, das Parlament aufgelöst, Neuwahlen wurden ausgerufen. Entgegen der Hoffnungen Madrids erlangten die Unabhängigkeitsbefürworter bei der Wahl am 21. Dezember gemeinsam eine knappe Parlamentsmehrheit.
Prompte Kritik von den Liberalen
Torrent wird als Parlamentspräsident nun dem Präsidium der Versammlung vorsitzen. Dieses spielt eine Schlüsselrolle dabei, welche Themen im Parlament debattiert werden und worüber abgestimmt wird. «Ich möchte, dass Demokratie und Koexistenz die Fundamente dieser Amtszeit sind», sagte Torrent vor den Abgeordneten. Er versprach gleichzeitig, die Selbstverwaltung Kataloniens wiederherzustellen. Er wolle das Recht «aller 135 Stimmen in der Kammer» verteidigen, auch derjenigen, die auf der Flucht oder im Gefängnis seien.
Prompte Kritik kam von der Chefin der stärksten Einzelpartei im Regionalparlament, Inés Arrimadas. «Wir fangen diese Legislaturperiode an, wie wir die letzte beendet haben: mit einem Parlamentspräsidenten, der nur für die Unabhängigkeit arbeiten wird.» Ihre Partei Ciutadans werde der Garant dafür sein, dass Katalonien keine Unabhängigkeit verkünden werde.
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