Seit Tagen wird mittels unterschiedlichster Szenarien darüber spekuliert, auf wessen Rechnung der mutmaßliche Drohnenangriff auf den Kreml geht. Selbst die russische Führung weiß nicht so recht, ob sie den Zwischenfall der Ukraine oder den USA anhängen soll. Klar aber ist: Wer und was auch immer hinter dem Ganzen stecken mag, die russische Seite steht in allen Konstellationen schlecht da. Vor allem, wenn sie glaubt, die Weltöffentlichkeit mit den Bildern der abgeschossenen Drohne von einem Attentatsversuch auf den Kreml-Herrscher Wladimir Putin überzeugen zu können. In Nordkorea und den paar anderen dem Putin-Regime noch zugeneigten Staaten mag das vielleicht gelingen. Doch die Aufnahme der eher durch einen Knall als eine Explosion über dem Kreml-Gelände aus der Luft geholten Drohne hinterlässt nicht den Eindruck, als sollte hier eines der weltweit bestbewachten Staatsoberhäupter eliminiert werden.
Dem Lügen-Regime in Moskau kann man ohnehin vieles nicht mehr glauben, und vermutlich dürfte auch dieser Vorfall, wie viele andere im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, nie richtig aufgeklärt werden. Der alles in allem harmlose Vorfall zeigt jedoch ein gewisses Maß an Hilflosigkeit, mit der offenbar in Moskau agiert wird. Entweder bringt es die Führung nicht fertig, selbst die Machtzentrale hinreichend zu schützen, oder – im Fall einer sogenannten „False-flag“-Aktion – sie blamiert sich mit plumpen Inszenierungen.
Ganz andere Zersetzungserscheinungen für das Regime zeichnen sich indessen auf dem Schlachtfeld in der Ukraine ab, die zudem längst völlig andere Dimensionen erreicht haben. Der russische Warlord Jewgeni Prigoschin hat es sich angewöhnt, ganz unverhohlen und nüchtern über die desaströse Lage seiner Kämpfer, vor allem an der Front, im weiterhin hart umkämpften Bachmut zu reden. Berichten zufolge fallen die Invasoren dort täglich zu Hunderten oder werden zumindest bis zur Kampfunfähigkeit verletzt – was mit ein Grund dafür ist, weshalb die ukrainischen Verteidiger die völlig zerstörte Stadt noch nicht aufgegeben haben, da sie dem Feind, der blindlings Soldaten in die Schlacht wirft, einen übermäßig hohen Blutzoll abverlangen können. Für die trotz hoher Opfer ausbleibenden Erfolge macht Prigoschin nun wieder einmal die mangelnde Versorgung mit Munition durch die russische Armee verantwortlich. Er kündigte daher gestern an, nach dem 9. Mai seine Truppen aus Bachmut zurückzuziehen. Der Streit zwischen dem russischen Verteidigungsministerium und Prigoschins Privatarmee währt bereits seit Monaten und offensichtlich schafft es der Kreml nicht, beide Seiten zusammenzubringen. Dabei geht es vor allem um Macht und Einfluss, wobei vermutlich bereits an die Zeit nach dem Krieg gedacht wird. Sollte jedoch Prigoschin seine Rückzugsdrohung wahr machen, wäre dies ein herber Schlag für die Invasionstruppen.
Den Ukrainern kann dieser Zwist nur recht sein, zumal sie vor ihrer Gegenoffensive stehen, in die aufgrund der von den Verbündeten Kiews geleisteten Waffenhilfe große Erwartungen gesetzt werden. Da können die Differenzen im Lager der Invasoren nicht groß genug sein, um deren ohnehin begrenzte Kampfmoral noch weiter zu schwächen.
Dieses nette Persönchen wird auch noch seinen Herrn finden.Man sieht ihn schon in Den Haag sitzen zusammen mit seinem Herrn