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NahostTrotz Krisendiplomatie ist keine Entspannung in Sicht

Nahost / Trotz Krisendiplomatie ist keine Entspannung in Sicht
Immer mehr Zerstörung im Gazastreifen Foto: AFP/Mahmud Hams

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Knapp einen Monat seit Ausbruch der Kämpfe zwischen Israel und der radikal-islamischen Hamas zeichnen sich keine Wege zur Lösung des Konflikts ab.

US-Außenminister Antony Blinken besuchte am Sonntag überraschend Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas im besetzten Westjordanland. Während Abbas eine sofortige Feuerpause forderte, lehnte Blinken dies als Stärkung der Hamas ab. Unterdessen gingen die Kämpfe in unverminderter Härte weiter. Die Hamas warf Israel erneut einen Angriff auf ein Flüchtlingslager mit zahlreichen Todesopfern vor.

Abbas forderte nach Darstellung seines Büros von Blinken neben einer sofortigen Feuerpause die Lieferung von Hilfsgütern.

Die Außenminister von Katar, Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten hatten bereits am Samstag Blinken in Amman gedrängt, Israel zu einem Waffenstillstand zu bewegen. Die USA sehen jedoch darin die Gefahr, dass sich dann die Hamas neu formieren könnte. Stattdessen drängen die Vereinigten Staaten auf örtlich begrenzte Kampfpausen, um humanitäre Hilfe zu ermöglichen und Menschen aus Gefahrenzonen zu bringen.

Autonomiebehörde soll zentrale Rolle spielen

Die von Abbas geleitete Palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland soll aus Sicht der USA eine zentrale Rolle in der Zukunft des Gazastreifens spielen. Das habe Blinken dem Palästinenser-Präsidenten bei deren gemeinsamen Treffen erklärt, sagte ein führender Mitarbeiter des US-Außenministeriums der Nachrichtenagentur Reuters. Er ergänzt, Abbas habe den Eindruck erweckt, Aufgaben bei der Gestaltung der Zukunft des Gebiets übernehmen zu wollen. Bislang wird der Gazastreifen von der Hamas beherrscht. Die Islamisten hatten 2007 die Fatah-Partei von Abbas und die Autonomiebehörde im Gazastreifen entmachtet. Deren Einflussbereich ist seitdem auf das Westjordanland beschränkt.

Die Hamas warf Israel vor, das Flüchtlingslager Maghasi am Samstagabend angegriffen zu haben. Dabei seien mindestens 38 Menschen getötet und 100 weitere verletzt worden. Rettungskräfte suchten den Angaben zufolge unter den Trümmern zerstörter Häuser nach Vermissten. Reuters konnte die Angaben nicht unabhängig überprüfen. Eine Stellungnahme des israelischen Militärs lag zunächst nicht vor.

Laut der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen sollen bei dem Beschuss allein 21 Angehörige einer Familie ums Leben gekommen sein. Reuters-Bilder zeigten Menschen, die in dem Flüchtlingslager im Zentrum des Gazastreifens in den Trümmern nach Opfern und Überlebenden suchten. Der Palästinensische Rote Halbmond berichtete zudem von schwerem Artilleriebeschuss und Luftangriffen in der Nähe des Al-Kuds-Krankenhauses in Gaza-Stadt. Nach Zählung der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind bis Sonntag über 9.770 Palästinenser seit Beginn der Kämpfe getötet worden.

Israel hat wiederholt erklärt, nur die Hamas und keine Zivilisten ins Visier zu nehmen. Allerdings würde die Hamas Einwohner als menschliche Schutzschilde missbrauchen. Zuletzt hatte die israelische Luftwaffe mehrfach auch das Flüchtlingslager Dschabalia angegriffen. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben zahlreiche Menschen getötet. Reuters konnte diese Berichte nicht unabhängig überprüfen.

Flüchtlingslager sind nach der israelischen Staatsgründung 1948 und den folgenden Kriegen entstanden. Inzwischen sind es städtische Gebiete.

Evakuierung von Ausländern ausgesetzt

Die Evakuierung von Verletzten und Ausländern über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten ist seit Samstag ausgesetzt. Das sagten Mitarbeiter ägyptischer Sicherheitskräfte. Demnach sind die Evakuierungen nach einem israelischen Angriff am Freitag auf einen Krankenwagen in Gaza gestoppt worden.

Für Sonntag hatte Israel ein neues Zeitfenster für eine Flucht aus dem umkämpften Norden in den Süden des dicht besiedelten Gazastreifens angekündigt. Zwischen 10.00 und 14.00 Uhr Ortszeit sollten Evakuierungen über eine Schnellstraße in den Süden ermöglicht werden. „Die Zeit ist gekommen, der Staat Israel bittet Sie, Ihr Leben zu schützen und Ihre Häuser in den Kampfgebieten zu verlassen“, hieß es auf Flugblättern, die israelische Flugzeuge über Gaza-Stadt abwarfen. Zunächst blieb unklar, ob und inwiefern der Korridor genutzt wurde.

Der US-Sondergesandte David Satterfield hatte am Samstag erklärt, dass bereits zwischen 800.000 und eine Million Menschen in den Süden des Gazastreifens abgezogen seien. Zwischen 350.000 bis 400.000 hielten sich noch im Norden auf. Dort ist Gaza-Stadt von der israelischen Armee eingekreist und es kam zu schweren Straßenkämpfen. (Reuters)