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EditorialTrauen Sie sich: Ein Brief an Frank Engel

Editorial / Trauen Sie sich: Ein Brief an Frank Engel
Am 26. Januar 2019 wurde Frank Engel zum CSV-Parteipräsidenten gewählt – aus seinem „Lëtzebuerger Dram“ droht ein Nickerchen zu werden Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Ich weiß nicht, ob und wann Sie diese Zeilen erreichen. Vielleicht, nachdem Sie bei RTL Radio mal wieder alles in Trümmer geschlagen haben. Vielleicht „beim Kaffi“ vor der Fahrt zum Studio, während die CSV-Fraktion „d’Neel bäisst“ und die Schlafmütze richtet. Oder vielleicht, wenn alles vorbei ist und das gewohnte Hyperventilieren seinen Lauf nimmt. Sie sehen: An dieser Stelle könnte genauso gut „hätte, hätte, Fahrradkette“ stehen. Doch selbst, wenn Sie den Kirchberg am Freitagmorgen verlassen und es nicht getan haben: Frank Engel, kandidieren Sie erneut als CSV-Präsident – Ihnen bleiben noch einige Stunden.

Ja, es stimmt: Sie selbst haben durchblicken lassen, dass Sie mit diesem „Veräin“ abgeschlossen haben. Ja, eigentlich weiß niemand, ob und welche juristischen Folgen die „Frëndeskrees“-Affäre haben wird. Und ja, es ist offensichtlich verlorene Liebesmüh, denn Ihre Beziehung zur Fraktion erinnerte durchgehend an Oskar Blumenthals „Was dir mißglückt, verzeihn sie selten, was dir gelingt, verzeihn sie nie!“. Man könnte sagen: Ihre Abgeordneten hatten Sie seit Beginn politisch auf dem Gewissen. Die Fraktion drehte Ihnen präventiv den Hahn zu, damit Sie Ihr Gehalt ja nicht über Finanzposten wie „frais de fonctionnement“ beziehen können – finanziell ließ man Sie gezielt auf dem Trockenen, inhaltliche Auseinandersetzungen fürchtete man wie der Teufel das Weihwasser.

Doch allein das sollte Grund genug sein, es diesem Verein nicht zu leicht machen. Denn das neue Team um Claude Wiseler visiert vor allem eins an: Ruhe. Oder mit seinen eigenen Worten: „Natürlich ist es widersprüchlich, wenn ich einerseits gerne Ruhe in der Partei hätte, und mir andererseits eine neue Dynamik wünsche. Das ist aber genau das, was ich will. Um eine neue Richtung einzuschlagen, brauchen wir zunächst den nötigen Konsens und die dazugehörige Ruhe. Wir können keine Dynamik aus dem Chaos erschaffen.“ Bis heute stellt sich allerdings die Frage, ob Sie wirklich Chaos geschaffen haben – oder es ganz banal wagten, über streitbare Inhalte zu sprechen. Also darüber, worüber Ihre Partei bei den letzten Wahlen nicht sprechen wollte, musste. Die Umfragen waren blendend, ein mysteriöser Plan wurde beschworen und eigentlich hofften alle, ohne allzu große inhaltliche Debatten das Gambia-Intermezzo zu überstehen. Genauso wie Sie wurde die Dreierkoalition in den Reihen Ihrer Verräter als etwas Unnatürliches wahrgenommen – diese Selbstüberschätzung scheint bis heute innerhalb der Fraktion allgegenwärtig zu sein. Anders ist Ihre öffentliche Hinrichtung nicht erklärbar: ein mittelfristig schwerer politischer Fehler, der seinesgleichen sucht.

Und so scheint es, dass die neue Parteispitze nicht die Frucht eines lebendigen demokratischen Diskurses mit der Basis, ja, des Ringens um die beste Idee sein wird, sondern des Rückgriffs auf die altbewährte Strategie: Bloß kein Risiko, salut de séchere Wee 2.0. So meint Wiseler mit Blick auf den bevorstehenden digitalen Nationalkongress: „Ich möchte jetzt nicht über Inhalte reden, weil ich diese am 24. April auf dem Kongress vorstellen möchte – und nicht, ohne sie zuvor mit dem neuen Team abgesprochen zu haben.“ Ihnen wurden inhaltliche Alleingänge vorgeworfen, allerdings hat auch die Genese von Team Wiseler wenig mit Basisdemokratie zu tun. Sie hatten einen „Lëtzebuerger Dram“, die Fraktion Lust auf ein inhaltliches Nickerchen: Trauen Sie sich, dem Kreis alter Freunde ein letztes Mal Leben einzuhauchen – die Basis wird es Ihnen danken.

Marc
10. April 2021 - 9.22

Den FE huet gemierkt, dass d'Gesellschaft sech geännert huet. Hie konnt oder wollt net genuch an sénger Partei botzen.
Do brauch et schon vill Drama fiir dass dat lo beemol klappe géif.
Entweder eng CSV kemmert sech rem em den S an hiere Partei, oder se kann komplett apaaken.
Déi gemittlech, wuelhabend, konservativ Wieler-Mëttelschicht gëtt et sou net méi. D'Lëtzebuerger, déi déi lescht Joren gutt dervun komm sin, heescht un Immobilien matverdéngt hun, sin mëttlerweil méi op der Linn vun enger méi rietser DP an Gréng. Fiir déi aner as eng CSV ze riets, an den C souwisou net méi drobar.

Dhiraj Sabharwal
9. April 2021 - 12.32

@Blücher: zugegeben, den Humor konnte ich mir nicht verkneifen. Das Absägen stillschweigend hinzunehmen und eine inhaltliche Debatte abflauen zu lassen: das war tatsächlich mein Ernst, finde das bedauernswert. Wer, wenn nicht eine Oppositionspartei, hat eine gewisse Narrenfreiheit mit Blick auf die Erneuerung. Das Resultat des "Deckel drop" sehen wir ja jetzt: Engel könnte ggf. einen eigenen "Veräin" gründen. Ob das der CSV dienlich ist?

Dhiraj Sabharwal
9. April 2021 - 12.28

@Realist: Sehen Sie, es geschehen doch noch Wunder:-) Besten Dank für das kritische Lesen und Ihr Feedback. Wünsche Ihnen in Ihrem politischen Engagement viel Kraft. Zum Inhalt: Auch als Beobachter kann ich nur feststellen, dass die Gründung einer eigenen Partei der CSV strategisch (schwer) zusetzen könnte.

Realist
9. April 2021 - 11.49

Geschieht nicht oft, aber diesmal schon: ich gebe Ihnen recht, Herr Sabharwal. Besser, er versucht es nochmal innerhalb der CSV, als unsere Parteienlandschaft durch die Gründung einer eigenen Partei weiter aufzuspalten. Damit wäre niemandem gedient - jedenfalls nicht der Sache der vernunftbasierten Politik.

titi
9. April 2021 - 10.07

Sur la photo en haut, certains rient jaune!

Blücher
9. April 2021 - 8.16

@Sabharwal: Taktischer Schachzug Herr Sabharwal. „ Divide Et Imperia“ . Sie wollen doch etwa nicht Zwietracht säen , den Herrn Engel zu bewegen die CSV zu schwächen und so eine Hilfestellung den angeschlagenen Regierungsparteien sich eines Gegners zu entledigen in die Wege leiten? Habe ich Sie falsch eingeschätzt?

Paul
9. April 2021 - 8.08

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