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«Tourists go home!»

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Die Touristenzahlen brechen in Spanien derzeit alle Rekorde. Die Kassen klingeln. Doch das schlechte Benehmen vieler Besucher bringen viele auf die Palme.

Vier Vermummte tauchten plötzlich aus dem Nichts auf und stellten sich dem Bus voller Touristen in den Weg. Blitzschnell wurden die Reifen des Fahrzeugs zerstochen und mit Farbdosen Parolen an die Windschutzscheibe gesprüht. Viele wollen im Urlaub Emotionen und Spannendes erleben, aber für Andrew Carey war das, was er vorigen Donnerstag in Barcelona vom zweiten Stock des Busses aus sah, dann doch zu viel. «Ich habe wirklich gedacht, es sei ein Terroranschlag und meine Stunde sei gekommen», sagte der 39-jährige Brite der Zeitung Daily Mail.

Zur Aktion, die am helllichten Tag im Zentrum der spanischen Metropole unweit des Camp-Nou-Stadions geschah, bekannte sich ein paar Tage später die linke Jugendorganisation Arran. Das Motiv? Das war auch auf der Windschutzscheibe in orangener Farbe zu lesen: «Der Tourismus tötet die Stadtviertel.» Die Gruppe schlug am Montag in Barcelona wieder zu: Mehrere städtische Leihräder, die vor allem von Touristen benutzt werden, wurden zerstört.

«Die Proteste gegen Tourismus werden immer heißer», stellte der spanische Rundfunksender Cadena Ser fest. Und auch immer häufiger. Immer einfallsreicher. Immer spektakulärer. Wie am Samstag auf Mallorca. Mitglieder der nicht von jungen Linken, sondern von besorgten Bürgern gebildeten Initiative «Ciutat per qui l’habita» (Die Stadt für die Bewohner) sperrten in Palma symbolisch das Tourismusministerium. Sie klebten Zettel mit der Aufschrift «geschlossen» an die Eingangstür des Gebäudes.

Prügelnde Deutsche und Briten

Eine Sprecherin der Vereinigung sagte dabei, was der größte Dorn im Auge der Gegner des Massentourismus ist: Die Ferienvermietung in Mehrfamilienhäusern, die auf Portalen wie Airbnb angeboten wird. Diese verursacht nicht nur auf Mallorca oder in Barcelona eine Explosion der Immobilienpreise, die Senkung des Angebots an Mietwohnungen und eine Gentrifizierung der Innenstädte.

Daneben sorgen randalierende und prügelnde Deutsche und Briten sowie Besucher, die auch tagsüber splitternackt und stockbetrunken herumlaufen, die in der Öffentlichkeit Sex haben oder sich erleichtern, für zunehmenden Unmut. Hinzu kamen zuletzt Neonazi-Gruppen, die am Ballermann ihr Unwesen trieben. «Der Abschaum, der uns geschickt wird, ist nicht angenehm», schimpfte Palma-Bürgermeister Antoni Noguera, bevor er sich mit der deutschen Konsulin jüngst zur Besprechung des Problems traf.

Am Ballermann protestieren Anwohner gegen «Sauftourismus», indem sie an Fenster oder auf Balkone schwarze Fahnen hängen. In Palma tauchten dieser Tage wie vor einem Jahr erneut Protest-Graffiti und -Plakate auf: «Tourism kills the city» (Tourismus tötet die Stadt), «Stop Airbnb» oder «Palma no se vende» (Palma wird nicht verkauft) ist unter anderem zu lesen. Und auch «Tourist go home!» und «Tourists=Terrorists».

Die Touristenzahlen brechen in Spanien derzeit alle Rekorde. Im ersten Halbjahr reisten 36,3 Millionen Ausländer ein. So viele wie nie zuvor. 11,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Kassen klingeln. Die Hotels sind nahezu ausgebucht. Die Arbeitslosenquote – nach der Krise von 2008 immer noch eine der höchsten der Eurozone – fiel im zweiten Quartal vor allem dank neuer Stellen im Tourismussektor auf den niedrigsten Stand seit neun Jahren.

«Gleich steigt jemand mit einer Schusswaffe in den Bus»

Das dürfe man alles nicht aufs Spiel setzen, warnen Experten. Bruno Hallé, Partner der auf Tourismus spezialisierten Beratungsfirma Magma HC, bezeichnet die Lage als «schlimm». Viele Menschen könnten in Zukunft von einem Besuch Spaniens abgehalten werden. Das Problem erreichte nach den jüngsten Zwischenfällen inzwischen eine derart große Dimension, dass viele der größeren Blätter Spaniens sich am Mittwoch damit auf Seite eins beschäftigten. El Mundo macht eine «Touristenphobie» aus, für die sie auch linke Politiker verantwortlich macht. Das Renommierblatt El País fragt unterdessen: «Was soll man mit Spaniens größter Industrie machen?»

Es ist nicht so, dass die Verantwortlichen tatenlos zusehen. Am Dienstag trat auf den Balearen ein neues Gesetz in Kraft, das die Vergabe neuer Lizenzen zur Ferienvermietung beschränkt. Auf Mallorca, Ibiza & Co. will die linke Regionalregierung zudem vom kommenden Jahr an für die Hochsaison von April bis Oktober eine Höchstgrenze für die Zahl der Mietwagen festlegen. Die linke Bürgermeisterin Ada Colau verfügte in Barcelona einen Baustopp für Hotels und verdonnerte Airbnb und Homeaway wegen illegaler Wohnungsvermittlungen mehrfach zu Strafen von bis zu 600.000 Euro.

Colau verurteilte zwar die radikalen Aktionen der linken Jugendorganisation von Arran. Die Opposition wirft der früheren Aktivistin und Hausbesetzerin aber vor, die «Anschläge» zu dulden. Bisher wurde niemand festgenommen. In dem am Donnerstag attackierten Bus saßen neben Andrew Carey und dessen Frau auch viele erschrockene Kinder. «Beängstigend» sei es gewesen, erinnerte sich der Brite. «Ich dachte, gleich steigt jemand mit einem Messer oder einer Schusswaffe in den Bus.»

Rosch
4. August 2017 - 9.51

@Didier Krause. Was Roma aber mit Touristen zu tun haben, bleibt IHR Geheimnis.

Didier Krause
2. August 2017 - 17.50

Die Masse macht es aus! Es gibt in Südeuropa wohl kein anderes Land, das gegenüber Gästen so großzügig und offen ist wie Spanien. Nur in Spanien werden beispielsweise Roma integriert, die in weitergehend allen anderen Ländern als problematisch angesehen werden. Die Brennpunkte auf Mallorca sind seit Jahren bekannt und trotzdem haben die spanischen Behörden immer behutsamer reagiert, als Behörden anderer Länder. Nun kippt die Stimmung, weil es einfach zu viele Menschen sind, die die 'Erlebnistage' des Jahres mangels bisheriger Varianten in Spanien verbringen. Wer will schon riskieren von Erdogan inhaftiert zu werden oder anlandenden Flüchtlingen zu begegnen.

Rosch
2. August 2017 - 13.42

Das Problem existiert leider nicht nur in Spanien. Den zivilisierten Tourist aus den 50er und 60er Jahren gibt es nicht mehr. Es gibt nur noch Schmarotzer und Provokateure, die ihre Bierdosen von zuhause mitbringen (dann können sie deren 2 saufen statt nur einer)