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EditorialTodesanzeigen für Tiere sind ein Zeichen unserer Zeit

Editorial / Todesanzeigen für Tiere sind ein Zeichen unserer Zeit
Haustiere: Für manche sind sie unentbehrliche Begleiter. Warum soll man ihr Ableben nicht durch eine Todesanzeige bekannt machen dürfen? Foto: Tobias Hase/dpa-mag

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Am vergangenen Samstag hat das Tageblatt die Todesanzeige von Kika veröffentlicht. Kika ist eine Hündin. Nun gehen die Meinungen darüber auseinander, ob man den Tod eines Haustieres auf diese Weise bekannt machen soll/darf. Doch was ist denn eigentlich schlimm an einer solchen Anzeige? Sind diese nur Menschen vorbehalten?

Mir ist bisher noch kein Toter begegnet, der sich über seine Todesanzeige gefreut hat. Mir sind aber viele Menschen begegnet, für die eine solche Anzeige Teil ihrer ganz persönlichen Trauerarbeit ist. Sie wollen einfach nur zeigen, dass etwas Einschneidendes in ihrem Leben passiert ist, dass jemand, den sie sehr geliebt haben, diese Welt verlassen hat, dass sie deswegen trauern und das auch mitteilen wollen.

Ja, zugegeben, ich bin etwas irritiert. Todesanzeige für ein Haustier in einer Tageszeitung? Mit Bild, direkt über der Anzeige eines verstorbenen Mannes? Geht das? Vermischen wir da nicht etwas?

Dann denke ich an die zahlreichen rührenden Mitteilungen in den sozialen Netzwerken, wenn ein Haustier vermisst oder verstorben ist. Ich denke an einen guten Freund und seine tiefe Zuneigung für seinen Hund „Good Boy“. Ich denke an die Tochter einer Freundin, die sich ein Begräbnis für ihre tote Katze wünschte. Und dann kommt mir Frau M. in den Sinn. Seit einigen Monaten sehe ich sie öfter, wenn ich vor der Haustür stehe und eine Zigarette rauche. Frau M. hat einen süßen Hund, irgendeine Promenadenmischung, bellen tut er selten, er kommt eher etwas scheu daher. Den Hund hat Frau M. seit kurz nach dem Tode ihres Mannes. Er habe ihr das Leben gerettet, weil er ihr zeige, dass sie noch gebraucht werde, täglich, sagt sie. Mir wird warm ums Herz. Ja, sollte Frau M. eine Anzeige aufgeben wollen, wenn ihr geliebter Hunde stirbt, ich würde mit ihr fühlen.

Nennen wir es einfach eine gesellschaftliche Entwicklung. Wenn damit Grenzen überschritten und Rituale infrage gestellt werden, dann ist es, wie in so vielen anderen Bereichen unseres heutigen Lebens, vielleicht nur eine Frage der Zeit gewesen. Und gehört dieses Verhalten vielleicht nicht einfach mit dazu, wenn Tiere, Haustiere mehr denn je durch Gesetze geschützt sind und an Bedeutung als wahre Lebewesen gewinnen? Geschmacklos ist es prinzipiell nicht, um ein Tier zu trauern und das mitzuteilen.

Wer nun beklagt, dass Tiere dadurch zu sehr vermenschlicht werden, hat nicht unrecht. Es sollte dann aber auch über eine andere gesellschaftliche Entwicklung nachgedacht werden, nämlich über die Entmenschlichung, die alleinstehenden Menschen durch Vereinsamung oder Vernachlässigung droht.

Selbstverständlich dürfen Medien darüber nachdenken, welchen Platz sie Todesanzeigen für Tiere einräumen. Nicht zu veröffentlichen, scheint keine Option. Es ist nichts, dessen man sich zu schämen bräuchte. Es ist einfach nur menschlich und ein positives Zeichen in einer Zeit, die vielen oft unmenschlich erscheint.

Letztendlich ist mir jede Todesanzeige für ein Haustier lieber als eine Meldung über ein Tier, das durch Vernachlässigung oder Misshandlung zu Tode gekommen ist. Menschenwürde misst sich nämlich auch an der Würde, die man einem Tier entgegenbringt. Auch nach dessen Tode.

Miette
20. Oktober 2022 - 22.52

Ich bin Tierfreundin und bin mit Tieren aufgewachsen.
Nur, bitte einen Unterschied bei Trauer beachten, zwischen fürsorgenden Eltern, Geschwistern oder gar verstorbenen Kindern.
Da besteht ein Unterschied, auch wenn Haustiere in unseren Zeiten immer mehr zum Partner werden. In der Todesanzeige für das Hündchen wurde um Spenden gebeten, warum diesen Aufruf nicht in einer Extra Rubrik für Vierbeiner bringen?
Friedliche Grüsse zur Nacht?

Leila
20. Oktober 2022 - 18.38

In der Tat sind die Logos mancher Metzger, Schlachthäuser oder Tiertransporter abartig - das lachende Schwein mit Latz um den Hals, Messer und Gabel schwingend vor einem mit Fleisch beladenen Teller oder so - will man eintrichtern, dass sich Schlachttiere über ihr Schicksal freuen? Solcher Zynismus ist einfach nur krank. Höchstens das ist als "unanständig" zu bezeichnen...
Eine extra Rubrik für Anzeigen verstorbener Tiere - warum nicht?

Pir
20. Oktober 2022 - 14.16

Erinnerung findet im Kopf statt. Was bringt es mir oder meiner Familie wenn mein Ableben in einer Zeitungsrubrik steht? Einäscherung und verteilen der Asche unter einem Baum o.ä. Fertig. Dasselbe gilt für Hund,Katz und Vogel.

Camille Muller
20. Oktober 2022 - 12.24

"Wer nun beklagt, dass Tiere dadurch zu sehr vermenschlicht werden ... "
Dat mécht de Mënsch dach andauernd.
Wee kennt net d'Logoen vun Metzlereien mat Schwäin déi hier Aartgenossen um Teller iessen oder der La Provençale hire Logo mam Wëllschwäin an Jeeër-Dress mat Flënt um Réck. Iwwert sou absurd a stupid Duerstellungen maache mer eis awer keng Gedanken.
Merci der "Maman d'accueil à vie" fir des Annonce.

Paul
20. Oktober 2022 - 11.28

Fier mëch as sou eng Annonce an enger Zeitung ënnert den Doudesannoncen absolut nët akzeptabel. Wann iwerhapt, dann an enger getrenntener Rubrik. Denkt och mol un déi Leit, déi deen Dag eng Annonce opgin hun fier e léiwen Verstuewenen, a gesin dann hier Annonce ënnert enger Muppenannonce. Ëch hoffen, dass dat do nët nachemol vierkënnt.

Jean D.
20. Oktober 2022 - 9.52

Dat war keng Doudesannonce, dat war e verstoppten Spendenopruff fir eng Déiereschutzorganisatioun.
Dass sou eppes ënnert deene regulären Doudesannoncen ze fanne war, ass en Hohn.
Ech verstinn dass d'LW vill méi Revenue mat Doudesannoncë mécht wéi d'Tageblatt, mee déi doten Actioun war einfach nëmmen onanstänneg.

Viviane Biasini
20. Oktober 2022 - 9.25

Merci Här Goetz fir är Zeilen. Déi sin mir aus dem Haerz geschriwwen. Genauesou ass et. Et ass de Wandel vun der Zäit. Virun e puer Joer nach sin Annoncen net publizéiert gin wann d’Begriefnes net an der Kierch wuar. Oder wann gläichgeschlechtlech Koppelen séch bestued hun. Ritualer an Traditiounen si wichteg an sollen och gefleegt gin wat net heescht dass een net op soll sin fir Neies. Konservativt Denken an Handelen huet nach kengem eppes bruecht.
Zum Schluss: en Déier ass e Liewewiesen a Werter wéi Léift, Respekt an Toleranz zielen och hei.

JJ
20. Oktober 2022 - 9.18

"Mir ist bisher noch kein Toter begegnet, der sich über seine Todesanzeige gefreut hat." Mir ist noch nie ein Toter begegnet. Gott sei Dank. Aber mal im Ernst.Es gibt Leute die organisieren Grabstätten von mehreren tausend Euro für ihr Haustier.Dann ist eine Todesanzeige doch Nippes dagegen.

charles.hild
20. Oktober 2022 - 8.33

Nein Herr Goetz! Egal wie sehr man an einem Tier hängt, eine solche Anzeige gehört nicht in die Rubrik der lieben verstorbenen Mitmenschen!