Streit ums Geld: Das andere Thema beim EU-Gipfel diese Woche

Streit ums Geld: Das andere Thema beim EU-Gipfel diese Woche

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Wenn am kommenden Donnerstag und Freitag die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zu ihrem Gipfeltreffen zusammenkommen, dann steht sicherlich der Brexit im Mittelpunkt des medialen Interesses. Es ist davon auszugehen, dass die verbleibenden Streitpunkte bis dahin noch nicht geklärt sind. Wie auch immer die Regelung der EU-27 mit London aussehen wird, ob sie vor, während oder erst nach dem Gipfeltreffen gefunden wird, eins hat sich bereits bestätigt: Der Austrittsprozess des Vereinigten Königreichs zieht die größte Aufmerksamkeit auf sich, beschäftigt die EU-Staaten über Gebühr. Mit dem Ergebnis, dass ebenso wichtige Themen in den Hintergrund rücken und der Aufmerksamkeit einer interessierten Öffentlichkeit entzogen werden.

Wie etwa die mehrjährige Finanzplanung, mit der sich die Gipfelteilnehmer während ihres Treffens in Brüssel ebenfalls beschäftigen werden. Die Aufstellung des EU-Haushalts für die Jahre 2021 bis 2027, also für die Post-Brexit-Zeit, ist aus unterschiedlichen Gründen von großer Bedeutung. Abgesehen davon, dass es sich um ein Budget handeln wird, das die Summe von 1.000 Milliarden Euro (1.000.000.000.000 Euro) um ein Leichtes überschreiten wird. So gehen die EU-Staaten zunehmend dazu über, immer mehr Politiken zu definieren, die mit dem gemeinsamen EU-Haushalt finanziert werden müssen. Es wird nicht mehr einfach Geld in einen gemeinsamen Topf gesteckt und dann entschieden, was damit finanziert werden soll. Vielmehr werden politische Ziele und Aufgaben gesteckt, wie etwa der gemeinsame Kampf gegen den Klimawandel. Oder was zu tun ist, damit Menschen aus Afrika nicht mehr genötigt sind, sich aus schierem Überlebensdrang auf den gefährlichen Weg nach Europa zu machen, um dort ein Auskommen zu finden. Was sind die EU-Staaten bereit, dafür zu zahlen und welche finanziellen Mittel stellen sie für jene bereit, die dennoch kommen und denen geholfen werden muss? Die EU-27 müssen den Kontinent auf die Digitalisierung und technologische Umwälzungen vorbereiten, die innere und äußere Sicherheit klären, die im zusammengewachsenen Europa längst kein Mitgliedsland mehr für sich allein regeln kann. Was darf das alles kosten? Diese Fragen werden derzeit weit weniger kommentiert und diskutiert als die letzten unflätigen Äußerungen und politischen Eigentümlichkeiten eines Boris Johnson.

Neben vielen anderen politischen Herausforderungen (Forschung, Bildung, Umweltschutz …), denen eine gemeinschaftliche Dimension innewohnt, ist es an der Zeit, der EU mehr Eigenressourcen zukommen zu lassen, damit das EU-Budget immer weniger von Zuwendungen aus den Staatskassen abhängig ist. Das bedeutet beispielsweise eigene Abgaben an die EU. Angesichts der großen Beteiligung an den Europawahlen kann davon ausgegangen werden, dass die EU-Bürger auch darin einen Sinn erkennen werden. Sie haben bewiesen, dass ihnen etwas an dieser Union liegt, weshalb ihnen auch die Überlegung zugänglich sein dürfte, dass gemeinsame Politiken finanziert werden müssen. Bevor es aber zu EU-Steuern kommt, werden sich die Mitgliedstaaten weiter über die Höhe ihrer zu entrichtenden Beiträge streiten und gleichzeitig versuchen, möglichst üppig aus der EU-Kasse bedient zu werden.