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Neue RegierungSteuern runter, Kaufkraft rauf: Die ersten Eckpunkte des Koalitionsvertrages

Neue Regierung / Steuern runter, Kaufkraft rauf: Die ersten Eckpunkte des Koalitionsvertrages
Eine Koalition in Rekordtempo: CSV und DP einigen sich auf ein gemeinsames Regierungsprogramm Foto:Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Nach fünf Wochen ist es vollbracht. Formateur Frieden und die beiden Delegationsleiter Bettel und Wiseler unterzeichnen den Koalitionsvertrag von CSV und DP. Ein erster Einblick in die Inhalte verrät viele Steuererleichterungen – und ein Paradigmenwechsel in der Umweltpolitik.

Mission accomplie. „Die Aufgabe, die der Großherzog mir am Tag nach der Wahl gegeben hat, ist mir gelungen.“ Mit diesen Worten beginnt ein sichtlich zufriedener Luc Frieden am Donnerstagvormittag seine Rede vor der luxemburgischen Presse. Wenige Sekunden zuvor haben er und die beiden Delegationsleiter Xavier Bettel (DP) und Claude Wiseler (CSV) den Koalitionsvertrag der neuen konservativ-liberalen Regierung unterschrieben. Fünf Wochen Verhandlungen auf Schloss Senningen mit „intensiven, konstruktiven und schönen Diskussionen“, so Frieden, sind damit zu Ende. Eine Koalition in Rekordtempo.

Die beiden Parteien seien sich in den wesentlichen Fragen eins gewesen. „Es war nicht eine Partei gegen die andere, sondern eine mit der anderen in dieselbe Richtung“, sagt Frieden. Das Ziel der Koalition von CSV und DP sei, „Luxemburg für die Zukunft zu stärken“: die Leute, die Wirtschaft, die Umwelt und das Klima, die Gesellschaft im Allgemeinen. Dafür wolle man unterschiedliche Themen zusammendenken und miteinander verbinden.

Weniger Steuern, mehr bauen

In der Pressekonferenz präsentiert Frieden zentrale Punkte des 209-seitigen Koalitionsvertrags, der am kommenden Montag den Abgeordneten der Chamber und der allgemeinen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Steuerpolitik ist eines der zentralen Themen des Wahlkampfs gewesen und findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder. CSV und DP wollen die Kaufkraft verbessern und die Mittelschicht entlasten. Deshalb soll ab dem 1. Januar 2024 die Steuertabelle um vier Indextranchen bereinigt werden. „Das heißt, die Steuerlast der Menschen geht runter“, so Frieden. Schon die Vorgängerregierung aus LSAP, DP und „déi gréng“ hatte beschlossen, ab Januar die Steuertabelle um 2,5 Indextranchen zu bereinigen. CSV und DP schlagen noch 1,5 Tranchen drauf – was den Staat um Steuereinnahmen von 180 Millionen Euro bringt, die einzige Zahl, die Frieden an diesem Donnerstag exakt benennen möchte. Mittelfristig soll bis 2026 ein Plan vorgelegt werden, wie die unterschiedlichen Steuerklassen graduell abgeschafft werden können, um der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen. In der Zwischenzeit soll die Steuerklasse 1A entlastet werden. Eine Erbschaftssteuer und eine Vermögenssteuer für Privatpersonen wird es mit der CSV und DP nicht geben.

DP-Delegationsleiter Bettel betont, dass es zwar wichtig sei, die Kaufkraft der Leute zu stärke, man aber gleichzeitig nichts versprechen sollte, was man am Ende nicht halten könne. Der Kampf gegen Armut betreffe viele Politikfelder, so Frieden. Die neue Regierung möchte einen „Guichet social“ einführen, eine allgemeine Anlaufstelle für Sozialleistungen. „Bei aller Stärkung von Sozialhilfe muss der soziale Mindestlohn und das, was mit Arbeit zusammenhängt, über dem liegen, was Menschen mit Sozialhilfe bekommen.“ Arbeit müsse sich lohnen.

„Neben der Kaufkraft ist der Wohnraum ein ganz wichtiger Punkt für diese Koalition“, sagt Frieden. Der zukünftige Premier sieht eine Doppelherausforderung: Zum einen sei Wohnraum zu teuer, vor allem für junge Menschen, zum anderen erlebe Luxemburg eine Baukrise. Diese beiden Krisen hängen laut Frieden zusammen, müssen aber unterschiedlich behandelt werden. Es werde zu wenig gebaut und verkauft, kurzfristig müsse Bewegung in den Markt kommen, so Frieden. Um das zu schaffen, wollen CSV und DP für eine begrenzte Zeit von ein bis zwei Jahren Maßnahmen einführen: ein gedeckeltes „Amortissement accéléré“ für Menschen, die in Wohnraum investieren wollen; eine Steuersenkung auf den Mehrwert beim Verkauf von Immobilien; für die Menschen, die eine Wohnung oder ein Haus kaufen, um darin zu leben, sollen die Steuerabschreibungen des Bëllegen Akt erhöht werden, ebenso die Höhe der abschreibbaren Schuldzinsen. Diese steuerlichen Maßnahmen sollen Anreize auf dem Wohnungsmarkt schaffen, gleichzeitig aber müsse das Angebot vergrößert werden. „Das Problem muss gelöst werden durch mehr Wohnraum“, sagt Frieden. Staat und Gemeinden sollen mehr bauen.

Paradigmenwechsel in der Umweltpolitik

Auch den privaten Bausektor will man durch Unterstützungen sowie schnellere und einfachere Prozeduren fördern. Wo es Sinn mache, solle auch der Bauperimeter erweitert werden, so Frieden – mit der Voraussetzung, dass auf einem Drittel der Fläche sozialer, bezahlbarer Wohnraum entsteht. In einigen Fällen seien die Richtlinien des Naturschutzes zu strikt angewandt worden, weshalb nicht gebaut werden konnte. „Umweltpolitik ist ganz wichtig für diese Koalition, aber sie soll andere Projekte nicht blockieren“, sagt Frieden. In der Klimapolitik wünsche sich die neue Regierung ein Prinzip der Proportionalität und Wirksamkeit der Maßnahmen. Der zukünftige Vize-Premier Bettel betont: „Das ist keine Majorität, die gegen Klimapolitik ist oder die kein Herz für Soziales hat. Im Gegenteil.“ Der Staat wolle unter anderem massiv in erneuerbare Energien investieren, so Frieden. Windräder oder Fahrradstrecken sollen schnell gebaut werden können. Eine extreme Auslegung von Umwelt- und Naturschutzgesetzgebung solle nicht mehr andere unterstützenswerte Projekte ausbremsen. „Da kommt ein Paradigmenwechsel“, sagt der zukünftige Regierungschef.

Des Weiteren wollen CSV und DP Spezialrabatte für Berufseinsteiger einführen und den „Congé parental“ um drei Monate erweitern, um Arbeit und Kinderbetreuung besser vereinbar zu machen und Lebensqualität zu sichern. Jegliche Diskriminierung im Adoptionsrecht zwischen heterosexuellen und homosexuellen Paaren soll abgeschafft werden, die medizinische Versorgung im Land verbessert werden, indem ambulante Behandlungsmöglichkeiten gegenüber der Krankenhausbehandlung gestärkt werden sollen. Auch die Polizei soll mehr Mittel zur Verfügung gestellt bekommen. Im Bereich der Sicherheit solle der Staat „seine Verantwortung mehr als bisher übernehmen“, sagt Frieden. Um all diese Ziele umzusetzen, brauche es eine „kompetitive Wirtschaft“, so der künftige Premier. Aus diesem Grund wolle man zum Beispiel die Steuerlast von Betrieben auf das Durchschnittsniveau der OECD herabsenken. Außerdem soll die Steuergutschrift erweitert werden, die Unternehmen erhalten, wenn sie in die ökologische und digitale Transformation investieren.

Zur Finanzierung der unterschiedlichen Maßnahmen in den verschiedenen Politikfeldern will sich Frieden an diesem Donnerstagvormittag nicht im Detail äußern. Im Bereich der Staatsschulden, die zu Beginn der Koalitionsverhandlungen für Diskussionen gesorgt hatten, wird die Regierung Frieden wohl von der roten Linie der Vorgängerregierung abrücken: Die 30-Prozent-Schuldengrenze von LSAP, DP und „déi gréng“ soll für CSV und DP kein Dogma mehr sein. 15 Ministerinnen und Minister treten an, um die Ziele des Koalitionsvertrags in die Realität umzusetzen. Auf die Frage, warum Frauen in den Regierungsämtern im Jahr 2023 noch so unterrepräsentiert seien, antwortet Bettel, seine Partei sei eben keine Quotenpartei. Und: „Ich nehme keine Frau in die Regierung, weil sie eine Frau ist, und keinen Mann, weil er ein Mann ist.“

In seiner Regierungserklärung am kommenden Mittwoch will Frieden die Entscheidungen von CSV und DP ausführlicher erläutern. Noch diesen Freitag sollen die neuen Minister vom Großherzog vereidigt werden. Am Montag kommender Woche trifft sich das Kabinett dann zum ersten Mal im Regierungsrat, um den Koalitionsvertrag als Regierungsprogramm anzunehmen. Im Anschluss geht das Dokument an die Abgeordneten der Chamber, am Montagmittag wird es online auch der breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Ursprünglich wollte Frieden den Vertrag erst nach seiner Regierungserklärung veröffentlichen. Einige Oppositionsparteien kritisierten dieses Vorgehen als intransparent. Frieden passte seinen Zeitplan daraufhin an. Er habe zuerst den Kontext erklären, und dann die Details zum Nachlesen geben wollen, so Frieden. Nun sei es eben andersrum. „Ich kann ganz gut mit beidem leben.“ Am Donnerstag nach der Regierungserklärung werden die Abgeordneten der Chamber debattieren und darüber abstimmen, ob sie mit dem Regierungsprogramm einverstanden sind und ob sie der Regierung Frieden ihr Vertrauen aussprechen.