Die letzten Tage haben wieder einmal gezeigt: Sport ist eine verbindende Sache. Sowohl die generationsübergreifende Zusammensetzung der Luxemburger Tischtennis-Damen als auch ihr Ehrgeiz und ihre individuellen Qualitäten haben in den vergangenen Stunden mehr als nur die absoluten Spezialisten der Disziplin begeistert. Zum ersten Mal in der nationalen Geschichte gab es eine WM-Medaille, die aufgrund der Konkurrenz als eine Glanzstunde des Luxemburger Tischtennis anzusehen ist. Die Gratulanten standen demnach gemeinsam Schlange in den sozialen Medien – eine willkommene Abwechslung in Zeiten genereller Pandemie-Spaltung und hasserfüllter Diskussionen über Impfstatus und Einschränkungen.
Sport ist aber nicht nur verbindend, sondern kann gleichzeitig auch völlig brutal und ungerecht sein. Es gibt Niederlagen, die Athleten aufgrund der Dominanz des Gegners wohl besser wegstecken als andere. Und es gibt Entscheidungen, die man weder nachvollziehen noch akzeptieren kann – wenn dahinter ein Interessenkonflikt oder eine Lobby steckt. Als Karateka Jenny Warling bei der Weltmeisterschaft vor zwei Wochen im Halbfinale disqualifiziert wurde, ging der Druck auf den Weltverband von der Nation aus, die im kommenden Jahr die World Games veranstaltet.
Obschon Warling von den Schiedsrichtern zur Siegerin erklärt worden war, kippte die WKF die Entscheidung im Nachhinein. 2022 wird demnach die US-Amerikanerin Trinity Allen bei diesem Heimturnier antreten dürften. Der Weltverband schickte sie am sogenannten grünen Tisch ins WM-Finale (welches den beiden Teilnehmerinnen gleichzeitig ein Ticket für die World Games einbrachte). Dass sie verletzungsbedingt gar nicht antreten konnte, ist nur ein tristes Detail dieses Trauerspiels.
Besonders perfide: Der spanische Präsident des Weltverbands wollte sich die Videobeweise der Luxemburger Kampfsportdelegation FLAM nicht einmal anschauen, sondern beharrte auf seinem Standpunkt, wonach die geltenden Karate-Statuten eher als „Richtlinien“ zu interpretieren seien. Warling wurde von ihrer Gegnerin bei einem Fußangriff aus dem Gleichgewicht gebracht, fiel auf den Rücken. Daraufhin stürzte die Amerikanerin auf sie drauf und kugelte sich den Arm unglücklich aus. Die Kampfrichter erklärten Warling zur Siegerin.
Die Tatsache, dass die USA ihren Protest gegen diese Entscheidung zu spät eingereicht hatten, hätte eigentlich schon von Beginn an bedeuten müssen, dass Diskussionen über diesen Halbfinal-Kampf nie hätten stattfinden dürfen. So allerdings hinterlässt diese Geschichte einzig und allein Bitterkeit bei der FLAM-Delegation. Lobbyismus hat dieses Match gegen die Gerechtigkeit für sich entschieden.
Während die Luxemburger Vertreter im außersportlichen Machtkampf mit einer größeren Nation den Kürzeren gezogen haben, braucht niemandem um die Zukunft der „Roten Löwinnen“ angst und bange zu werden. Seit der „Rentrée“ haben sich ganz besonders die Frauen in Einzelsportarten hervorgetan: Im Oktober wurde Triathletin Mara Krombach Jugend-Europameisterin, sechs Wochen zuvor hatte die damals 17-jährige Judoka Kenza Cossu Silber bei den Cadets-Kontinentalmeisterschaften geholt. Karateka Kimberly Nelting ist seit Ende August U21-Europameisterin. Starke Frauen braucht das Land, starke Frauen hat das Land – und das sogar, ohne dafür auf eine Lobby zurückgreifen zu müssen.
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