Er ist nicht nur in Österreich ein Großer des Films und der Bühne. In „Kommissar Rex“, „Soko Kitzbühel“ oder im „Tatort“ hatte es der Burgschauspieler im gesamten deutschsprachigen Raum zum Publikumsliebling gebracht. Gerade tat sich sogar eine Oscar-Chance für den Darsteller des Kaiser Franz Joseph im auf die Shortlist der Auslandsoscars gelangten Sisi-Film „Corsage“ auf, in dem die Luxemburger Schauspielerin Vicky Krieps die Hauptrolle spielt. Doch seit vergangenem Freitag muss die Karriere von Florian Teichtmeister als beendet betrachtet werden. Das Burgtheater hat dem 43-Jährigen gekündigt, der ORF verbannte ihn vom Bildschirm.
Wenige Stunden davor war bekannt geworden, dass sich der gebürtige Wiener ab 8. Februar wegen des Besitzes von Kinderpornos vor Gericht verantworten wird müssen. Der Vorwurf: Zwischen Februar 2008 und August 2021 soll Teichtmeister kinderpornografische Fotos aus dem Darknet heruntergeladen haben. Auf diversen Datenträgern fanden die Ermittler 58.000 einschlägige Mediendateien. Das Material ist dermaßen umfangreich, dass es noch gar nicht zur Gänze gesichtet werden konnte. Schon Mitte 2021 hatte Teichtmeisters damalige Lebensgefährtin den Fall ins Rollen gebracht, nachdem sie Schmuddelfotos auf seinem Handy gefunden und zur Anzeige gebracht hatte.
Es könnte ein kurzer Prozess werden. Denn nach Angaben seines Anwaltes ist der Ex-Burgschauspieler „voll geständig“ und seit zwei Jahren in psychologischer Behandlung. Der Anwalt betont, dass sein Mandat nicht selbst Kinder sexuell missbraucht habe und ihm nur ein „digitales“ Delikt vorgeworfen werde. Bis zu zwei Jahre Haft drohen Teichtmeister.
(K)ein Geheimnis
Doch der Fall hat nicht nur eine strafrechtliche Dimension. Da die Bombe nach eineinhalb Jahren Ermittlungen erst drei Wochen vor dem Prozessstart öffentlich platzte, müssen sich nun einige Verantwortliche fragen lassen, warum nicht schon früher Konsequenzen gezogen wurden. Als Burgschauspieler war Teichtmeister Staatsbediensteter. Auch wer beim ORF engagiert ist, agiert in einem staatsnahen Umfeld.
„Corsage“ aus Kinos verbannt
Dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Österreich zufolge hat die Kinokette Cineplexx den vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk mitfinanzierten Film „Corsage“ mit Florian Teichtmeister und der luxemburgischen Schauspielerin Vicky Krieps aus seinen 400 Kinosälen verbannt. „Corsage“ soll jedoch trotz des Skandals Oscar-Kandidat bleiben. Im von der Kritik gefeierten und beim Publikum beliebten Film „Corsage“ über die österreichische Kaiserin Elisabeth von Österreich-Ungarn – kurz Sisi – spielt Teichtmeister Kaiser Franz Josef. Der von Regisseurin Marie Kreutzer gedreht Film steht auf der Shortlist von 15 nicht englischsprachigen Werken, aus denen die US-Filmakademie Ende Januar fünf Finalisten für den Wettbewerb um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film auswählt. Die Oscars werden am 12. März in Hollywood verliehen. Die Verantwortlichen des Films und der zuständige Fachverband beschlossen „in Abstimmung mit der Regisseurin und den Produzenten“, die Oscar-Kandidatur von „Corsage“ beizubehalten. „Teichtmeister ist nicht ‚Corsage’ und seine Person ist von der herausragenden künstlerischen Leistung der Regisseurin Marie Kreutzer und dem Film ‚Corsage’ selbst klar zu trennen“, erklärte Fachverbandschef Alexander Dumreicher-Ivanceanu am Sonntag. (AFP)
Tatsächlich wusste die Burgtheater-Direktion schon im September 2021 von den Anschuldigungen, Direktor Martin Kušej sah aber weder eine Notwendigkeit, noch Möglichkeit zum Handeln: Teichtmeister habe sich als Racheopfer seiner Ex-Lebensgefährtin dargestellt und alles abgestritten. Auch beim ORF dürfte man längst um die tickende Zeitbombe gewusst haben: In der am 6. Januar ausgestrahlten Folge von „Die Toten von Salzburg“ weilte der von Teichtmeister dargestellte Major Palfinger „zufällig“ auf Kur und war nur kurz in einer Schlussszene zu sehen.
Mediale Zurückhaltung
Während sich in Wien ansonsten für jede, oft strafrechtlich irrelevante Peinlichkeit irgendein Leak zum Hinausposaunen findet, hielten in diesem Fall alle dicht. Die Kronen Zeitung verwies am Wochenende darauf, schon im Oktober 2021 vom Kinderpornoverdacht gegen einen preisgekrönten Schauspieler berichtet zu haben. Natürlich stand die Unschuldsvermutung einer Namensnennung entgegen, aber damit nimmt es der Boulevard in anderen glamourösen Fällen weniger genau.
Die „zutiefst erschütterte“ Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) ordnete eine Untersuchung der Bundestheater-Holding an. Externe Gutachter sollen prüfen, „ob hier auf allen Ebenen korrekt und mit der nötigen Sorgfalt gehandelt wurde“. Aufklärung tut auch Not, denn die Causa wird politisch ausgeschlachtet. Die FPÖ ortet „abseits der strafrechtlichen Komponente eine moralische Verantwortung für die Mitwisser aus ORF und der Wiener Theaterlandschaft“. Die Zurückhaltung gegenüber Teichtmeister sei „bezeichnend für die Doppelzüngigkeit und Verlogenheit der linken Kulturschickeria“. Auch die ÖVP-nahe Online-Plattform eXXpress sieht einen „politischen Super-Gau“: Der grüne Vizekanzler Werner Kogler und Staatssekretärin Mayer müssten sich „der Frage stellen, seit wann sie von diesen ungeheuerlichen Vorgängen in Österreichs Schauspiel-Szene wussten“. Angeblich wussten sie nichts …
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