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PorträtSonderermittler Jack Smith’ heikelster Fall: Nach Kriegsverbrechern hat US-Jurist nun Donald Trump im Visier

Porträt / Sonderermittler Jack Smith’ heikelster Fall: Nach Kriegsverbrechern hat US-Jurist nun Donald Trump im Visier
Bringt Sonderermittler Jack Smith den ehemaligen Präsidenten Trump endgültig zu Fall? Der vernünftigste Teil der Menschheit würde es begrüßen. Foto: Getty Images via AFP

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Jack Smith ist von Donald Trump bereits mit einer Reihe von Trump-typischen Nettigkeiten bedacht worden. Als „geistesgestört“, „Trump-Hasser“ und „Feigling“ hat der frühere US-Präsident den Sonderermittler bezeichnet, der nun auch bereits zwei Anklagen gegen ihn auf Bundesebene erwirkt hat: eine wegen der Dokumentenaffäre und seit Dienstag nun auch eine im Zusammenhang mit der Kapitol-Erstürmung.

Bei seinen Ermittlungen zu Trump konnte sich Smith auf eine lange Justizkarriere stützen, in welcher der 54-jährige Staatsanwalt einige politisch heikle Verfahren vorangetrieben und unter anderem zu Kriegsverbrechen ermittelt hat. Die Trump-Anklagen sind gleichwohl von einmaliger politischer Dimension: Trump ist nicht nur der erste Präsident der US-Geschichte, gegen den die Bundesjustiz in zwei Fällen Anklage erhoben hat. Trump ist auch haushoher Favorit im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner – und hat damit besten Chancen, Amtsinhaber Joe Biden bei der Wahl im November 2024 herauszufordern.

Der 77-jährige Rechtspopulist bezeichnet sich immer wieder als Opfer politisch motivierter Ermittlungen. Solche Vorwürfe hat Smith energisch zurückgewiesen: „Gesetze anwenden, Fakten sammeln, das bestimmt den Ausgang einer Ermittlung. Nicht mehr und nicht weniger“, sagte der Sonderermittler im Juni nach Veröffentlichung der Anklage gegen Trump in der Dokumentenaffäre. Das Recht des Landes gelte für „alle“ Menschen gleichermaßen.

Die Erstürmung des US-Kapitols bezeichnete der Sonderermittler am Dienstag als „nie dagewesenen Angriff auf den Sitz der amerikanischen Demokratie“, der „durch Lügen angeheizt“ worden sei. In der am Dienstag von ihm vorgelegten Anklageschrift werden Trump vier Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Verschwörung zum Betrug gegen die Vereinigten Staaten.

Gesetze anwenden, Fakten sammeln, das bestimmt den Ausgang einer Ermittlung. Nicht mehr und nicht weniger.

Jack Smith

Am 6. Januar 2021 hatten radikale Trump-Anhänger das Kapitol in Washington gestürmt, als dort der Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl 2020 bestätigt werden sollte. Trump hatte seine Anhänger zuvor dazu aufgerufen, zum Kapitol zu marschieren und „auf Teufel komm raus“ zu kämpfen.

Der auf manchen Fotos grimmig dreinblickende Jurist und Vollbart-Träger Smith arbeitete in Den Haag als Chefankläger am Sondertribunal für Kriegsverbrechen im Kosovo, als US-Justizminister Merrick Garland ihn im November zum Sonderermittler in der Causa Trump ernannte. Smith leitete fortan nicht nur die Ermittlungen zu zahlreichen Geheimdokumenten, die Trump zum Ende seiner Amtszeit im Januar 2021 aus dem Weißen Haus in sein Privatanwesen Mar-a-Lago mitgenommen hatte, sondern auch die Untersuchungen zu Trumps Rolle bei der Kapitol-Erstürmung vom 6. Januar 2021.

Größte Diskretion

Smith arbeitete mit größter Diskretion, Interviews oder öffentliche Auftritte gab es bis zur Veröffentlichung der Anklage nicht. Als ein Kamerateam den Sonderermittler einige Tage zuvor abgefangen hatte, war dieser mit stoischer Miene weitergelaufen und hatte die ihm zugerufenen Fragen ignoriert.

Der Absolvent der Elite-Universität Harvard hatte seine Karriere als Staatsanwalt in den 1990er Jahren in New York begonnen. 1999 wechselte er an eine der Bundesstaatsanwaltschaften in der Millionenmetropole, wo er neun Jahre lang arbeitete.

2008 ging Smith an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Dort arbeitete er zwei Jahre lang als Ermittlungskoordinator und beaufsichtigte Ermittlungen gegen ausländische Regierungsvertreter und Milizen wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord.

Smith kehrte dann in die USA zurück und leitete im Justizministerium fünf Jahre lang die Abteilung für öffentliche Integrität, zuständig für große Korruptionsfälle im ganzen Land. Er ermittelte dabei zu Politikern der Demokratischen Partei wie der Republikaner. Später wechselte er zur Bundesstaatsanwalt im Südstaat Tennessee, bevor er 2018 wieder den Atlantik überquerte und seine Arbeit als Chefankläger beim Kosovo-Sondertribunal in Den Haag begann.

Höchst brisante Ermittlungen

Die Ermittlungen gegen frühere Verantwortliche der Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) waren politisch höchst brisant, denn im Visier standen im Kosovo mächtige und beliebte Persönlichkeiten. 2020 erwirkte Smith eine Anklage gegen den damaligen kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci, der in der Folge zurücktrat und dessen Prozess in Den Haag wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen Anfang April begann.

Bereits im vergangenen Dezember – und damit kurz nach Smiths Abgang – hatte das Sondertribunal in seinem ersten Prozess den ehemaligen UCK-Kommandeur Salih Mustafa wegen Mordes und Folter zu 26 Jahren Haft verurteilt. Smith hatte diesen Prozess als „Meilenstein“ bezeichnet.

Smiths Wechsel zurück nach Washington verzögerte sich nach seiner Ernennung zum Trump-Sonderermittler. Der begeisterte Triathlet hatte sich Medienberichten zufolge bei einem Fahrradunfall eine Beinverletzung zugezogen und musste diese noch auskurieren. Die Ermittlungen gegen den Ex-Präsidenten trieb der mit einer Dokumentarfilmerin verheiratete Smith aber in raschem Tempo voran. Und auch nach den beiden Anklagen erklärte Smith, ein „zügiges Verfahren“ anzustreben.

Wenige Zweifel gibt es daran, dass Smith sich von Trump noch viele weitere Verbalattacken wird anhören müssen. Der Rechtspopulist hat auch schon Smiths Ehefrau attackiert. Sie hat den Dokumentarfilm „Becoming“ über die frühere First Lady Michelle Obama produziert, die Ehefrau des demokratischen Ex-Präsidenten Barack Obama. (AFP)