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Santé-Direktor SchmitSo würde Luxemburg auf einen Ausbruch der Affenpocken reagieren

Santé-Direktor Schmit / So würde Luxemburg auf einen Ausbruch der Affenpocken reagieren
„Santé“-Direktor Jean-Claude Schmit glaubt nicht daran, dass es zu einer Affenpocken-Epidemie kommen wird Foto: Editpress/Julien Garroy

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Die Luxemburger „Santé“ plant weder eine breitgefächerte Informations- noch eine großangelegte Impfkampagne wegen der Affenpocken. Damit würde man über das Ziel hinausschießen, meint „Santé“-Direktor Jean-Claude Schmit. Sollte es zu einem Ausbruch in Luxemburg kommen, würde man die Fälle einzeln angehen.

Luxemburg bleibt ein weißer Fleck auf der Karte. Im Großherzogtum gibt es weiterhin keinen bestätigten Fall der Affenpocken (Stand Montagmorgen), teilt „Santé“-Direktor Jean-Claude Schmit gegenüber dem Tageblatt mit. Sollte es dennoch zu einem Ausbruch der Affenpocken in Luxemburg kommen, sei die Lage aber durchweg eine andere als bei der Corona-Pandemie. Schmit schließt aus, dass es zu einer Affenpocken-Epidemie, geschweige denn einer Pandemie kommen wird. Da sich das Virus hauptsächlich über engen Körperkontakt verbreite, seien große Ansteckungswellen eher unwahrscheinlich – das Ausbreitungspotenzial des Virus sei viel „limitierter“.

Darum glaube Schmit auch nicht, dass die „Santé“ eine großangelegte Informationskampagne über die geschriebene Presse, Radio, Fernsehen und das Internet in die Wege leiten werde. Damit würde man über das Ziel hinausschießen, sagt er. Zu diesem Zeitpunkt sei die „Santé“ sich aber noch nicht ganz im Klaren, wie sie zu den Affenpocken kommunizieren werde.

In den kommenden Tagen werde die „Santé“ laut Schmit sicherlich eine Pressekonferenz abhalten oder eine Pressemitteilung herausgeben. Sowohl in der nationalen als auch in der internationalen Presse sei schon viel über die Affenpocken informiert worden. Dennoch lässt sich nicht in Gänze vermeiden, dass Falschinformationen verbreitet werden, meint Schmit.

Der Luxemburger Weg

Luxemburgs Ärzte seien dazu aufgefordert worden, der „Santé“ sowohl bestätigte Fälle als auch Verdachtsfälle zu melden. Das „Laboratoire national de santé“ (LNS) sei imstande, Diagnosen zu stellen und das Virus könne anhand eines PCR-Tests nachgewiesen werden. Sollte es zu einem positiven Affenpocken-Fall in Luxemburg kommen, werde sich die Gesundheitsinspektion einschalten und der Infizierte dann „wahrscheinlich in den ‚Service national des maladies infectieuses’ kommen“, sagt Schmit. Zudem würden die Kontakte des Infizierten mithilfe des Contact Tracing ermittelt und informiert werden.

Das Contact Tracing würde über die Gesundheitsinspektion laufen: Die „weiß genau, wie sie das macht. Das ist absolut kein Problem“, sagt Schmit. Das Contact-Tracing-System habe es bereits vor der Pandemie gegeben – nur die Bezeichnung sei neu. Die Rückverfolgung anderer infektiöser Krankheiten mit geringeren Fallzahlen als das Coronavirus – wie etwa Tuberkulose – würde bereits seit Jahrzehnten erfolgen. Die Corona-Pandemie sei lediglich in der Hinsicht einzigartig, dass die zuständige Behörde gleich mehrere Hundert Fälle pro Tag zurückverfolgen muss.

Schon wieder Quarantäne?

Belgien hat auf die internationale Empfehlung des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hin eine dreiwöchige Quarantäne für Infizierte beschlossen. „Die drei Wochen, das ist der Standard und wir würden diese Zeit dann natürlich auch anwenden“, sagt Schmit gegenüber dem Tageblatt.

Personen, die Kontakt mit einem Infizierten hatten, würden jedoch nur darüber informiert werden, dass sie Kontaktperson sind. Das Risiko, sich überhaupt anzustecken, sei aber niedrig, sagt Schmit. Das betreffe vorwiegend die engen Kontakte – also Menschen, die in engem Körperkontakt zu dem Infizierten standen. Demnach würde die „Santé“ enge Kontakte dazu auffordern, zu Hause zu bleiben und darauf zu achten, ob sie Symptome entwickeln. Hierbei handele es sich aber nicht um eine strikte Quarantäne, wie Luxemburgs Einwohner sie von der Corona-Pandemie kennen, sondern vielmehr um eine allgemeine Vorsichtsmaßnahme. Alles in allem: Die Maßnahmen wären „viel weniger strikt als beim Coronavirus“.

Das Großherzogtum habe zwar vor Jahrzehnten Impfstoffe gegen die Pocken besessen, diese seien aber inzwischen aufgrund ihrer geringen Haltbarkeit nicht mehr wirksam, sagt Schmit. Darum habe Luxemburg neue Impfstoffe über die EU angefragt: „Wir werden jetzt neue kaufen und diese auch relativ kurzfristig geliefert bekommen“, sagt Schmit.

„Für außergewöhnliche Fälle einkaufen“

Die Impfmittel, die jetzt in Europa verteilt werden, hätten aber bereits ein paar Jahre auf dem Buckel und wären nur noch zwei bis drei Jahre gültig. Die Hersteller hätten kleine Mengen des Vakzins auf Lager. Dieser Vorrat würde zuerst aufgebraucht werden, bevor neue Impfstoffe produziert und verschickt werden.

EU plant gemeinsame Beschaffung von Affenpocken-Impfstoff

In der EU wird an einem gemeinsamen Einkauf von Impfstoffen und Medikamenten gegen die Affenpocken gearbeitet. Wie eine Sprecherin der EU-Kommission am Freitag in Brüssel bestätigte, wurde mit den Mitgliedstaaten ein breiter Konsens darüber erzielt, dass die neue EU-Behörde zur Vorsorge von Gesundheitskrisen (HERA) so bald wie möglich medizinische Abwehrmittel beschaffen soll. Das genaue Verfahren werde in den nächsten Tagen mit den Mitgliedstaaten festgelegt. Zugleich betonte die Sprecherin, dass eine Affenpocken-Impfung auf ganz konkrete Fälle beschränkt sein werde, da die Übertragbarkeit und das Risiko des Virus nicht mit Covid-19 vergleichbar seien.

Es gehe darum, „kleine Quantitäten für außergewöhnliche Fälle einzukaufen“, nicht wieder die ganze Bevölkerung durchzuimpfen. „Das kommt überhaupt nicht infrage“, höchstens eventuelle Kontaktpersonen von Infizierten, sagt Schmit. Demnach würde es in Luxemburg keine mit der Corona-Impfkampagne vergleichbare Impfkampagne geben. Die „Santé“ müsste sich lediglich auf Einzelfälle – sollte es überhaupt welche in Luxemburg geben – konzentrieren und diese gezielt angehen.

Sollte allerdings jemand einen schweren Krankheitsverlauf der Affenpocken bekommen, gebe es ein Medikament – Tecovirimat –, das man einsetzen könne. Tecovirimat gelte zu diesem Zeitpunkt aber noch als experimentelles Medikament. Von daher müsste sogar im äußersten Notfall – also wenn nichts anderes mehr geht – noch abgewogen werden, ob das Medikament eingesetzt werden soll oder nicht. Die EU versuche, „eine gewisse Quantität“ davon anzuschaffen, worauf Luxemburg dann auch im Notfall Zugriff hätte. „Das wären alles außergewöhnliche Maßnahmen, die sicher nicht in großem Umfang eingesetzt werden“, betont Schmit.

Keine gemeldeten Todesfälle

Die Weltgesundheitsorganisation rechnet nicht mit einer Pandemie durch die jüngsten Ausbrüche von Affenpocken außerhalb Afrikas. Im Mai wurden der WHO bislang mehr als 300 Verdachtsfälle und bestätigte Fälle von Affenpocken gemeldet, wie die Organisation am Montag mitteilte. Die meisten Fälle traten in Europa auf und nicht in den zentral- und westafrikanischen Ländern, in denen das Virus eigentlich endemisch ist. „Im Moment sind wir nicht besorgt über eine weltweite Pandemie“, sagte Rosamund Lewis vom WHO-Programm für Gesundheitsnotfälle. Noch wisse man nicht, ob die Affenpocken das Potenzial hätten, sich zu einer Pandemie auszuweiten. Man gehe aber nicht davon aus.

Bislang wurden keine Todesfälle durch das Virus gemeldet. Unklar ist Lewis zufolge weiter, ob infizierte Menschen, die keine Symptome zeigen, die Krankheit übertragen können. Die WHO prüft, ob der Ausbruch als „potenzieller Gesundheitsnotfall von internationaler Tragweite“ eingestuft werden sollte. Eine solche Erklärung würde – wie bei Covid-19 und Ebola – dazu beitragen, die Forschung und Finanzierung zur Eindämmung der Krankheit zu beschleunigen. Wissenschaftler untersuchen, was die ungewöhnliche Häufung von Fällen außerhalb Afrikas erklären könnte, während die Gesundheitsbehörden eine gewisse Übertragung durch die Bevölkerung vermuten. Einige Länder haben bereits damit begonnen, engen Kontaktpersonen Impfstoffe anzubieten.


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31. Mai 2022 - 13.37

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