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So hat sich AKK geschlagen: Kramp-Karrenbauer ist seit 100 Tagen CDU-Chefin

So hat sich AKK geschlagen: Kramp-Karrenbauer ist seit 100 Tagen CDU-Chefin

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Vor 100 Tagen war es knapp. Mit rund 52 Prozent der Stimmen setzte sich Annegret Kramp-Karrenbauer auf dem CDU-Parteitag in Hamburg im zweiten Wahlgang gegen Friedrich Merz durch. Seitdem ist sie Parteivorsitzende, eine der wichtigsten Funktionen, die man in der deutschen Politik innehaben kann. Wie sich AKK nach ihrer Wahl geschlagen hat – eine Bilanz.

Von unserem Korrespondenten Hagen Strauß

Auftreten. „Es Annegret“, wie die Frau im heimischen Saarland genannt wird, ist sich auch in Berlin treu geblieben. Bislang, denn der Politbetrieb in der Hauptstadt hat noch jeden verändert. Parteifreunde betonen, sie sei sehr „nahbar“. AKK redet mit allen und hört zu. Als Zeichen der Kollegialität zog sie im Konrad-Adenauer-Haus nicht ins Büro der Vorsitzenden, sondern blieb eine Etage darunter, gleich neben dem Büro ihres „Generals“ Paul Ziemiak. Noch gibt es kaum Klagen über sie, stattdessen genießt die Chefin Anerkennung in allen Lagern der CDU. Selbst bei der Schwesterpartei CSU ist man „sehr zufrieden“ mit der Neuen. Ähnlich wie Merkel ist AKK uneitel.

Reden. Sie hat sich mächtig gesteigert. Schon auf dem Parteitag im Februar vergangenen Jahres, als sie zur Generalsekretärin gewählt wurde, überraschte sie mit einem kämpferischen Auftritt. Als sie dann im Dezember in Hamburg für den CDU-Vorsitz gegen Friedrich Merz und Jens Spahn kandidierte, hielt sie die beste Rede der Bewerber. Und voll des Lobes waren Beobachter für ihren Auftritt beim politischen Aschermittwoch in Demmin – die Rede sei angriffslustig und gut aufgebaut gewesen. In Demmin trat sie ihren Kritikern wegen ihres Karnevalsscherzes über das dritte Geschlecht scharf entgegen. Angela Merkel spulte dort ihre Ansprachen nur noch ab. Im Vergleich zu AKK ist sie ohnehin die schlechtere Rednerin.

Pannen. Ob der Karnevalsscherz ihr geschadet hat? Eher nicht. Allerdings wurde in Berlin hitzig darüber debattiert. Auch über die Frage, ob eine CDU-Vorsitzende, die Kanzlerin werden will, noch als Putzfrau Gretel in die Bütt steigen sollte. Kramp-Karrenbauer hat sich gewehrt, die Kritik als „künstlich“ bezeichnet. Das kam vielfach gut an in der Partei, wohl auch bei vielen Bürgern. Denn sie hat das verbreitete Gefühl aufgegriffen, dass bei manchen Debatten die Verhältnismäßigkeit nicht mehr stimmt. Ob gewollt oder nicht, sei dahingestellt. Jedenfalls will AKK auch anecken, um ihr Profil zu schärfen. Das ist ihr in den ersten 100 Tagen gelungen.

Partei. Mit dem „Werkstattgespräch“ zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin im Jahr 2015 und ihrer Äußerung, Zurückweisungen an der Grenze seien die „Ultima Ratio“, hat sie die Gräben in der Union verkleinert. Im Moment schießt lediglich die Werteunion quer, die zwar medial viel Aufmerksamkeit erhält, aber in Wahrheit in der CDU keine Rolle spielt. AKK ist Meisterin der Charmeattacken. Wer aus der CDU austritt oder damit droht, muss neuerdings mit einem Anruf der Chefin rechnen. In den ersten 100 Tagen hat sie fast alle Gruppen besucht, die gegen sie waren – auch die CSU. Ihr Terminkalender ist voll mit Gastspielen an der Basis. So baut man die eigene Macht konsequent aus.

Konkurrenten. Sie hat keine mehr. Im Moment jedenfalls. Selbst CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble, Fan von Friedrich Merz, äußert sich inzwischen anerkennend. Mit Merz hält sie Kontakt, sie bindet ihn ein, wo er sich einbinden lässt. Die Lust des Sauerländers auf Parteiarbeit hält sich freilich in Grenzen. Jens Spahn ist zurück ins Glied getreten und kümmert sich um seinen Job als Gesundheitsminister. Viele von denen, die seinerzeit für Merz oder Spahn waren, speziell vom starken Wirtschaftsflügel, sind inzwischen ins AKK-Lager gewechselt. Nur noch wenige murren, aber nicht öffentlich.

Strategie. Kramp-Karrenbauer fährt eine Doppelstrategie: Sie grenzt sich von Merkel ab und gibt sich klar konservativ, etwa in der Flüchtlingspolitik. Das soll auch mögliche AfD-Rückkehrer anlocken. Drei Monate nach Amtsantritt nennt sie kaum noch einer „Mini-Merkel“. Andererseits präsentiert sie sich sozial, um die Merkel-Anhänger nicht zu verärgern. Und um die Union anschlussfähig in alle Richtungen zu halten. Das Problem ist, dass sie damit auch schnell beliebig wirken könnte.

Ziel. Das Ziel ist eindeutig die Kanzlerschaft. Das ist in den ersten 100 Tagen deutlich geworden. Sie hat auf den flammenden Pro-Europa-Appell des französischen Präsidenten Macron geantwortet, nicht die Kanzlerin. Schritt für Schritt übernimmt AKK das Ruder von Merkel. In enger Abstimmung mit ihr. Beide kommunizieren täglich, auch nimmt die CDU-Vorsitzende regelmäßig an der Morgenlage im Kanzleramt teil. Geht das so weiter, wird sie vermutlich die Runde eines Tages selber leiten. Nur wann genau, weiß noch keiner.

Epikur
18. März 2019 - 11.55

Intern hat AKK zwar keine Konkurrenten mehr, aber bei der Wahl des nächsten Bundestages wird AKK's Doppelstrategie die CDU in den Abgrund führen.