Den Osten rot färben, lautet das ausgegebene Ziel der LSAP für die kommenden Nationalwahlen. Gelingen soll das allen voran mit der derzeitigen Vizepremierministerin Paulette Lenert, die den Wahlkampf als Spitzenkandidatin für die LSAP eröffnet hat. Zwei Sitze oder mehr will die LSAP demnach bei den kommenden Wahlen einfahren. Dafür setzt die Partei auf folgende Kandidaten: Paulette Lenert, Ben Streff, Tom Bellion, Kenichi Breden, Tess Burton, Charel Heim und Nadine Lang-Boever. Zur Vorstellung der Kandidatenliste hatten sich auch Arbeitsminister Georges Engel und EU-Kommissar Nicolas Schmit eingefunden, der extra aus Brüssel angereist war, um das Kongressbüro am Montagabend zu leiten.
Mit den sieben Kandidaten wagt die LSAP einen Umbruch im Osten. Tess Burton findet sich als einzige der Kandidaten der vergangenen Chamber-Wahlen auf der Liste wieder. Oder wie Parteipräsidentin Francine Closener es am Montagabend formulierte: „Wir trauen uns die Erneuerung zu – nicht wie andere Parteien, die sich in zwei Parteien aufteilen oder alte Herren aus der Mottenkiste herausholen.“ Ein mehr als deutlicher Seitenhieb in Richtung CSV, deren ehemaliger Parteipräsident Frank Engel die neue Partei Fokus gegründet hat und Luc Frieden wieder auf die politische Bühne zurückgeholt hat, von der dieser sich nach den Chamber-Wahlen 2013 verabschiedet hatte.
Neue Gesichter
Erneuerung bei der LSAP heißt: Das ehemalige Zugpferd der LSAP im Osten Nicolas Schmit wird mit Paulette Lenert ersetzt. Vier der restlichen fünf Kandidaten kommen mit Rückenwind aus den Gemeindewahlen – und wurden genau deswegen auch für die nationalen Listen nominiert. „Nach den Gemeindewahlen wurden die Kandidatenlisten noch einmal überarbeitet“, so Ben Streff, Bezirkspräsident der LSAP-Osten und Co-Spitzenkandidat im Osten, gegenüber dem Tageblatt. „Es hat sich gezeigt, dass wir auf mehr junge Kandidaten setzen müssen und wollen.“ 41,4 Jahre beträgt das Durchschnittsalter der sieben Kandidaten.
Nadine-Lang-Boever ist in Mertert, wo die LSAP die absolute Mehrheit bei den Gemeindewahlen verteidigen konnte, als Viertgewählte in den Gemeinderat gewählt worden. Außer Frage, dass jemand aus der LSAP-Hochburg im Osten auf der Liste stehen sollte – und in diesem Fall ist die Wahl auf die meistgewählte Frau aus der Moselgemeinde gefallen. Geschlechterparität sei bei der Listenzusammenstellung wichtig gewesen, so die LSAP-Granden auf dem Kongress. Vier Männer und drei Frauen werden demnach versuchen, der DP und der CSV einige Sitze streitig zu machen. „Ich war extrem aufgeregt“, sagte die Kandidatin im Gespräch mit dem Tageblatt und wertete die Abstimmung als großen Vertrauensbeweis vonseiten der LSAP. „Die ganze Mannschaft hat für uns abgestimmt.“ Die 36 LSAP-Delegierten hatten die vorgeschlagene Kandidaten-Liste der Parteileitung einstimmig angenommen.
Wenig verwunderlich also, dass auch Kenichi Breden aus der größten Ostgemeinde des Landes einen Platz auf der LSAP-Liste ergattert hat. Bei den Gemeindewahlen ist der LSAP-Mann auf der Bürgerliste „Är Bierger“ als Zweitgewählter in den Gemeinderat eingezogen. Das Kalkül der LSAP: Einige Stimmen in der Gemeinde zu sammeln, in der bei den Wahlen keine komplette LSAP-Liste aufgestellt werden konnte.
Ohne Scheuer, mit Bellion
Überraschend ist hingegen, dass Ben Scheuer nicht mehr auf der Ost-Liste der LSAP steht. Der ehemalige Abgeordnete aus Echternach ist als Erstgewählter der LSAP-Liste in Echternach souverän wieder in den Gemeinderat eingezogen. Scheuer will sich aber laut Aussagen von Bezirkspräsident Ben Streff auf Echternach konzentrieren und unterstütze deswegen die Kandidatur von Charel Heim. Dieser hatte den Einzug in den Echternacher Gemeinderat knapp verpasst. Ben Scheuer war bei den vergangenen Chamber-Wahlen nur knapp hinter der LSAP-Abgeordneten Tess Burton gelandet.
Mit Mertert, Echternach und Junglinster sind der Osten, Norden und Westen des Ost-Wahlbezirkes abgedeckt. Bleibt noch der Süden, wo Tom Bellion aus Schengen die LSAP-Fahne hochhalten soll. Mit der Bürgerliste „Besser zesummen“ hat Bellion aus dem Stand 33 Prozent geholt. Der LCTO-Direktor geht noch diese Woche in Rente und wird sich vollends auf den Wahlkampf konzentrieren können. Stationen bei der Cargolux, der „Fondatioun Kräizbierg“ und eben zuletzt beim „Luxembourg City Tourist Office“ tragen dazu bei, dass Bellion auf nationaler Ebene kein unbeschriebenes Blatt ist.
Kein wahlstrategischer Opportunismus
Die Kandidaten-Auswahl wird komplettiert mit den Parteigrößen Paulette Lenert, Tess Burton und Ben Streff – und bettet sich somit nahtlos in einen etwas größeren Kontext ein. Nämlich den, dass Paulette Lenert nicht im Zentrum oder Süden kandidieren will, sondern eben im Osten. „Ich will nicht opportunistisch in den Bezirken hin- und herspringen“, sagte Lenert auf dem Kongress gegenüber dem Tageblatt. Zur Seite stehen ihr nun Kandidaten, die auf nationaler Ebene nicht unbedingt viel Erfahrung vorzuweisen haben, jedoch im Osten des Landes verankert und auch bekannt sind. „Darüber hinaus habe ich hier eine Vergangenheit, ich bin durch den Osten dahingekommen, wo ich jetzt bin, und dazu stehe ich.“ Ihre Grundüberzeugung sei es, dass es einen einzigen Wahlbezirk brauche – und dafür wolle sie sich dann auch politisch einsetzen. Dass den verschiedenen Bezirken eine andere Gewichtung zukomme, sei ein ernst zu nehmendes Demokratiedefizit, so Lenert.
Lenert überraschte am Montagabend zudem damit, dass sie auch ihre Vergangenheit mit Tess Burton und Ben Streff Revue passieren ließ. 2018 war der Jungsozialisten-Vorstand geschlossen zurückgetreten, als Paulette Lenert infolge der Koalitionsverhandlungen zur Ministerin ernannt wurde. Ben Streff war damals Juso-Präsident, Tess Burton Vizepräsidentin. „Ich bin bei solchen Ansprachen eher spontan und habe mich stark an die damalige Zeit erinnert gefühlt“, erklärte Lenert den Exkurs. „Es waren ja keine persönlichen Beweggründe und ich habe mich auch nie persönlich angegriffen gefühlt.“ Man könne ja zwei verschiedene Sichtweisen haben – solange man einander respektiere. „Dass wir heute geschlossen hier stehen, ist kein Fake.“
Drei Fragen an Paulette Lenert
Das LSAP-Wahlprogramm wird am 9. Juli vorgestellt. Was sind Ihrer Meinung nach die Themen, die den Wahlkampf besonders im Osten dominieren werden?
Im Osten wird definitiv die Entwicklung der Arbeitsplätze ein wichtiges Thema sein. Auch die Gesundheitsversorgung wird eine Rolle spielen. Wir wollen aber noch in dieser Legislatur weitere Ideen und Projekte vorstellen, wie wir diese Herausforderung meistern wollen.
Sie wollen weitere Ideen und Projekte vorstellen, während Luc Frieden Steuern senken will …
Mich würde interessieren, wie Luc Frieden die Steuersenkungen finanzieren will. Ich werde keinen Wahlkampf mit populistischen Versprechen machen. Vielleicht hat Luc Frieden eine Wunderlösung für eine Steuerreform, bei der jeder als Gewinner hervorgehen soll. Es ist jedenfalls einfach, auf Probleme hinzuweisen, statt Lösungen vorzustellen. Ja, wir haben Probleme im Wohnungsbau und stehen vor großen Herausforderungen in der Gesundheitsversorgung. Im Vergleich zu anderen Ländern stehen wir aber noch sehr gut da. Es ist aber definitiv nicht der richtige Moment, um eine Gießkannenpolitik zu betreiben.
Im Rahmen der Tripartite-Verhandlungen wird der Regierung aber genau das vorgeworfen: Gießkannenpolitik.
Das waren kurzfristige Maßnahmen, als es darum ging, die Inflation zu drosseln. Das war der richtige Weg und zu dem stehe ich auch. Wenn wir aber über eine Steuerreform diskutieren, reden wir über etwas Langfristiges. Wenn keiner bei dieser Reform verlieren soll, wird das richtig teuer. Ich will jetzt nicht sagen, dass bei einer Reform keiner etwas verliert, sondern frage mich eher, wo wir das Geld herholen. Ich bin gespannt, welche konkreten Vorschläge die CSV in der Hinsicht unterbreiten kann.
d'LSAP wor nach nie een Favorit am Osten, an mat der
Madame Lehnert scho guer nëtt.