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Konflikt ohne EndeSeit einem Monat tobt ein Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas

Konflikt ohne Ende / Seit einem Monat tobt ein Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas
In Jerusalem gedachten gestern Israelis der Opfer des Terrorüberfalls am 7. Oktober Foto: AFP/Fadel Senna

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Einen Monat nach dem 7. Oktober, dem Terror-Überfall der palästinensischen Hamas auf Israel, stehen beide mitten in einem unerbittlichen Krieg. Aus dem sie wohl so bald nicht hinausfinden werden.

Es brauchte einiges an Zeit, bevor deutlich wurde, was an diesem 7. Oktober in den an den Gazastreifen angrenzenden israelischen Gebieten tatsächlich geschehen war. Raketenangriffe von palästinensischen Terrororganisationen auf Israel gab es auch schon vorher, wenn auch nicht in dieser Intensität. Niemals zuvor wurden Tausende Geschosse innerhalb kürzester Zeit auf israelische Städte abgefeuert. Und niemals zuvor schafften es so viele Kämpfer, die an sich scharf bewachte und gesicherte Grenze zwischen den beiden Gebieten zu überwinden. Einzelne schon, aber keine Tausende. Doch was sie anrichteten, mit den Menschen in den Kibbuzim, auf einem Festivalgelände, in den Städten und Straßen, ist das eigentlich Ungeheuerliche an dieser wohl schlimmsten Episode des sich seit vielen Jahrzehnten hinziehenden israelisch-palästinensischen Konflikts. Die Brutalität und Bestialität, mit der die Angreifer vorgingen, findet kaum ihresgleichen in der jüngeren Geschichte. Noch einen Monat danach tauchen neue Zeugnisse über die schrecklichen Taten der Hamas auf, werden in sozialen Netzwerken Bilder der Geschehnisse veröffentlicht, die kaum zu ertragen sind. Mittlerweile wohl aber auch, um den Bildern der israelischen Angriffe im Gazastreifen etwas entgegenzusetzen.

Die Zahlen sind bekannt: 1.400 Menschen sind bei den Angriffen in Israel getötet worden, rund 240 Menschen wurden von der Terrorbande in den Gazastreifen verschleppt. Die Geiseln sollten gegen in israelischen Gefängnissen einsitzende Palästinenser ausgetauscht werden, hieß es anfangs. An die 3.000 Hamas-Kämpfer sollen an dem Angriff beteiligt gewesen sein. Davon sollen rund 1.000 getötet und 200 von israelischen Sicherheitskräften gefangen genommen worden sein, die anderen seien in den Gazastreifen zurückgekehrt, so die Deutsche Presse-Agentur.

Was die Hamas mit ihrem Angriff bewirken wollte, darüber wurde viel spekuliert. Was unmittelbar daraus geworden ist, zeigen die täglichen Bilder aus dem schmalen Streifen zwischen Israel und dem Mittelmeer. Am meisten diskutiert wurde die These, dass die Terrororganisation die Annäherung zwischen Saudi-Arabien und Israel torpedieren wollte. Mit Riad würde man kurz vor einer Einigung über eine Wiederaufnahme und Gestaltung der künftigen Beziehungen stehen, hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu noch im September vor den Vereinten Nationen angekündigt. Bereits zuvor hatte Israel im September 2020 einen Friedensvertrag sowohl mit den Vereinigten Arabischen Emiraten als auch mit Bahrain unterzeichnet. Die Gespräche mit Saudi-Arabien liegen derzeit auf Eis. Mit ihrem Angriff hätte die Hamas die Palästinenser-Frage wieder auf die Tagesordnung setzen wollen, heißt es.

Ziel: Hamas „vernichten“

Dass Israel derart angreifbar ist, in diesem Maße überrumpelt werden konnte und das auch noch unter einer Regierung, die sich anschickte, auf Konfrontation mit den Palästinensern zu gehen, wird dem Land noch lange als Trauma anhängen. Der israelische Regierungschef wurde denn auch scharf kritisiert, sich nicht ausreichend um die Sicherheit des Landes gekümmert zu haben. Soldaten seien vom Gazastreifen abgezogen worden, um sie im zunehmend unruhigen Westjordanland einzusetzen, wo die rechtsextremen und rechtsreligiösen Koalitionspartner ihre Kolonisierungspolitik vorantreiben wollen. Umso unerbittlicher fällt nun die Reaktion auf den Terrorüberfall aus.

Israel machte mobil und berief an die 300.000 Reservisten ein. Von Beginn an wurden Luftangriffe gegen Stellungen der Hamas im Gazastreifen geflogen. Bereits am 9. Oktober kappte die israelische Regierung die Wasser- und Stromversorgung für die rund 2,3 Millionen im Gazastreifen lebenden Menschen, ebenso wie die Versorgung mit Lebensmitteln. Der Regierungschef setzte sich zwei Ziele: Zum einen, die Hamas zu „vernichten“, zum anderen, die Geiseln zu verschleppen, zu denen nicht nur Israelis, sondern auch Menschen aus anderen Staaten zählen. Die israelische Armee bereitete sich ihrerseits auf eine Bodenoffensive vor, die mittlerweile bereits angelaufen ist. So wurden die Palästinenser aufgefordert, sich vom Norden in den Süden des schmalen Landstreifens entlang des Mittelmeeres zu begeben. Hunderttausende machten sich daraufhin auf die Flucht.

Gefahr der Ausweitung des Konflikts

Bis dahin erhielt Israel hauptsächlich aus den USA, aber auch europäischen und anderen Staaten Zusagen der Unterstützung. Mit den zunehmenden Bombardements im Gazastreifen, den rasant steigenden Opferzahlen unter der Zivilbevölkerung und dem zunehmenden menschlichen Leid mehren sich hingegen die Stimmen, die mehr Zurückhaltung fordern. Vor allem in der islamischen Welt. Doch auch die EU-Staaten führten bei ihrem Gipfeltreffen Ende Oktober lange Diskussionen, um sich auf eine gemeinsame Position zu den Ereignissen im Nahen Osten zu einigen.

Denn es stellen sich zentrale Fragen. Etwa: Wie lässt sich vermeiden, dass der Konflikt sich ausweitet? Im Westjordanland sind seit Beginn des Jahres bereits Dutzende Palästinenser bei Auseinandersetzungen mit den israelischen Besatzern ums Leben gekommen. Zudem haben sich in dem besetzten Gebiet seit Beginn des Krieges die Übergriffe von israelischen Siedlern auf Palästinenser gehäuft. Ein Aufstand der Palästinenser, eine weitere „Intifada“ im Westjordanland würde den Druck auf Israel enorm erhöhen. Aus dem Süden des Libanon wiederum droht die vom Iran unterstützte Hisbollah, sich einzumischen. Allerdings beließ es der Chef der Radikalislamisten, Hassan Nasrallah, bei seiner ersten Reaktion auf den 7. Oktober am Freitag bei Warnungen an Israel sowie die USA. „Alle Optionen sind auf dem Tisch“, erklärte er, sprach allerdings keine konkreten Drohungen aus. Die Hisbollah-Miliz ist sowohl personell als auch materiell weitaus besser ausgerüstet als die Hamas und daher für die israelische Armee ein ernsthafter Gegner. In den vergangenen Wochen kam es denn auch bereits zu Scharmützeln mit mehreren Toten zwischen den beiden an der libanesischen Grenze.

Eine andere Frage betrifft Israels Ziele im Gazastreifen. Wohl beabsichtigt Benjamin Netanjahu die Vernichtung der Hamas. Doch es dürfte schwer auszumachen sein, wann dies erreicht ist. Denn die Hamas zählt viele Tausende Kämpfer und dürfte angesichts des derzeit tobenden Krieges noch weitere hinzugewinnen. Den Israelis steht mit der Hamas zudem keine Armee gegenüber, womit es militärisch schwer zu definieren sein wird, wann die Terrororganisation vernichtend geschlagen ist. Politisch wiederum wurden bislang keine konkreten Pläne festgelegt: Soll der Gazastreifen wieder von Israel besetzt werden? Wenn nicht ganz, dann vielleicht nur zum Teil?

Humanitäre Katastrophe

Vor allem aber drängt sich angesichts der humanitären Katastrophe, denen die rund 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen ausgesetzt sind, die Frage auf, wann die israelische Regierung einlenken wird und zumindest in ausreichendem Maße humanitäre Hilfe in das Gebiet zulässt. Mit der fortschreitenden Zerstörung der Infrastruktur durch die Bombardements, dem Fehlen an Lebens- und Arzneimitteln sowie menschenwürdigen Unterkünften für alle und der ständigen Kriegssituation dürfte das Leben auf engstem Raum immer unerträglicher sein. Denn an eine Flucht ist nicht zu denken. Ägypten, das einzige Land, wohin die Menschen aus dem Gazastreifen hinkönnten, lehnt es strikt ab, Palästinenser aufzunehmen. Diesen Gefallen will der ägyptische Präsident Abdel Fattah el-Sisi Israel nicht machen. Denn in Kairo wird unter anderem befürchtet, dass die Palästinenser später nicht mehr in den Gazastreifen zurückkehren und damit dauerhaft in Ägypten bleiben könnten.

Die israelische Regierung wähnt sich erst am Beginn ihres Kampfes gegen die Terrororganisation Hamas. Wie lange dieser dauern wird, ist nicht abzusehen. Dass er noch viele Menschenleben kosten, viel Leid auf beiden Seiten verursachen und dennoch für keine der beiden Parteien von Gewinn sein wird, steht außer Frage. Angesichts dessen ist auch nicht nur ansatzweise an eine Wiederaufnahme von Diskussionen zu einer Beilegung des israelisch-palästinensischen Konfliktes zu denken. Der dürfte so bald kein Ende finden.

Die fortschreitenden Zerstörungen und anhaltenden Bombardements machen ein Leben im Gazastreifen zunehmend unerträglich
Die fortschreitenden Zerstörungen und anhaltenden Bombardements machen ein Leben im Gazastreifen zunehmend unerträglich Foto: AFP/Yasser Qudih