Der Asylkompromiss (hier im Wortlaut) von CDU und CSU stößt auf scharfe Kritik bei der Opposition. Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck kritisierte ihn als einen Aufguss alter Ideen. «CDU und CSU haben einen Vorschlag von 2015 rausgekramt und verkaufen das als Einigung», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Diesen alten Kram kippen sie nun der SPD vor die Füße und sagen, super, das ist es jetzt. Dabei hat die SPD Transitzonen explizit als Massenlager abgelehnt. Arme SPD.» (Hier die Position der Grünen zur Integration- und Flüchtlingspolitik.) Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger twitterte: «Transitzonen sind Masseninternierungslager. Die Menschlichkeit bleibt auf der Strecke.»
SPD: «Absage an geschlossene Lager – egal, wo»
Kritik kommt aber auch aus den Reihen der SPD. «Die SPD hat geschlossenen Lagern eine deutliche Absage erteilt», sagte Juso-Chef Kevin Kühnert der Deutschen Presse-Agentur. «Egal ob in Nordafrika, an der europäischen Außengrenze oder in Passau.» Der Vorsitzende der AG Migration in der SPD, Aziz Bozkurt, sagte der «Welt»: «Die Transitzentren sind null vom Koalitionsvertrag gedeckt.» Und dieser liege schon «jenseits der Schmerzlinie».
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und CSU-Chef Horst Seehofer hatten zuvor ihren erbitterten Asylstreit beigelegt und ein Auseinanderbrechen der Union vorerst abgewendet. «Wir haben uns nach sehr intensiven Verhandlungen zwischen CDU und CSU geeinigt», sagte Seehofer am Montagabend nach stundenlangen Verhandlungen in der CDU-Zentrale in Berlin. Die Abmachung sei eine «klare, für die Zukunft sehr, sehr haltbare Übereinkunft». Die Einigung erlaube es ihm, dass er das Amt des Bundesinnenministers weiterführe.
CDU und CSU wollen nun Transitzentren für bereits in anderen EU-Ländern registrierte Flüchtlinge an der deutsch-österreichischen Grenze einrichten. Aus diesen Zentren sollen Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden, heißt es in der Vereinbarung von CDU und CSU vom späten Montagabend.
CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte, die Vereinbarung sei der letzte Baustein «hin zu einer Asylwende». Asylbewerber würden aus den geplanten Transitzonen direkt in die EU-Staaten abgeschoben, wo sie bereits registriert seien – wenn es entsprechende Abkommen mit den Ländern gebe. Für alle anderen Fälle plane man ein Abkommen mit Österreich, wie diese Menschen grenznah abgewiesen werden könnten.
AfD: «Ungedeckte Schecks für Seehofer»
Aus Sicht der AfD kann aber von einer «Asylwende» keine Rede sein. Parteichef Jörg Meuthen sagte der Deutschen Presse-Agentur, Seehofer habe von der CDU «nur ungedeckte Schecks erhalten». Deutschland werde sich auch in Zukunft schwer damit tun, Asylbewerber, die einmal die Grenze passiert haben, wieder außer Landes zu bringen. Auch durch die Unterbringung in grenznahen Transitzentren werde dieses grundlegende Problem nicht gelöst. Er könne sich zudem nicht vorstellen, dass die österreichische Regierung eine Zurückweisung von Ausländern an der Grenze akzeptieren werde, sagte Meuthen.
Nach Einschätzung von CSU-Vize Manfred Weber hat der Kraftakt von CDU und CSU die Zuwanderungspolitik in Europa grundlegend verbessert. «Wir haben in der EU eine neue Balance hin zu einer besseren Migrationspolitik durchgesetzt. Das war ein großer Schritt», sagte der Fraktionschef der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament der Deutschen Presse-Agentur in München. Jetzt gebe es eine Einigung zwischen CDU und CSU mit nationalen und europäischen Maßnahmen, um die Migration effizient zu steuern und zu ordnen.
Offen ist noch, ob der Koalitionspartner SPD dies genauso sieht. Nach einer Sitzung des Koalitionsausschusses am späten Montagabend blieb die Parteivorsitzende Andrea Nahles zurückhaltend. Es gebe noch zahlreiche Fragen, die die SPD mit ihren Fachleuten und den Gremien der Partei an diesem Dienstag erörtern wolle. Um 18.00 Uhr werde es dann einen weiteren Koalitionsausschuss geben. Es sei aber gut, dass sich CDU und CSU verständigt hätten, sagte Nahles. «Wir finden das deswegen gut, weil wir jetzt wieder auf der Ebene der Sacharbeit sind. Das haben wir in den letzten Wochen schmerzlich vermisst.»
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