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ForumSchulpflicht auf 18 Jahre erhöhen – sinnvoll oder unsinnig?

Forum / Schulpflicht auf 18 Jahre erhöhen – sinnvoll oder unsinnig?
 Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

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Als der Bildungsminister letztes Jahr seine Initiative zur Erhöhung der Schulpflicht auf 18 Jahre vorstellte, traf er nicht auf ungeteilte Begeisterung. Und das ist auch heute noch der Fall, zumal eine Reihe von aufgeworfenen Fragen immer noch nicht beantwortet sind. Unabhängig davon, dass einer allgemeinen Schulpflicht bis 18 eigentlich auch eine Reform der Struktur des Luxemburger Sekundarschulangebots vorangehen müsste, möchte ich vorrangig die Aspekte in Bezug auf den Arbeitsmarkt und die Auslagerung an „schulfremde“ Institutionen kritisch beleuchten. Überlegungen, die im Übrigen auch von den verschiedenen Berufskammern, allen voran der CSL, angestellt worden sind.

Luxemburg hatte vor Jahren im Rahmen der Reform des Schulgesetzes die Schulpflicht von 15 auf 16 Jahre angehoben. Schon damals stand fest, dass Bildungsministerium und Arbeitsministerium eine Abstimmung ihrer jeweiligen Gesetze nicht umgesetzt bekamen beziehungsweise eine solche als nicht notwendig ansahen: So wurde damals zu Recht die Frage gestellt, ob ein Schüler einen Ferienjob mit 15 oder aber erst mit 16 Jahren annehmen darf. Mit der neuen Gesetzesvorlage zur Erhöhung der Schulpflicht auf 18 Jahre werden nun wieder eine Reihe von Maßnahmen des Arbeitsministeriums oder eher des Arbeitsamtes (ADEM) vor vollendete Tatsachen gestellt oder gar ad absurdum geführt.

Die Zusammenarbeit der letzten Jahre auch im Rahmen von europäischen Programmen zwischen Bildungs- und Arbeitsministerium – um Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss ab 16 Jahren abbrechen oder einfach arbeiten gehen wollen – hat zumindest Teilerfolge erzielt. Ist es nicht auch eine Bankrotterklärung oder ein Verschieben der Problematik auf andere, wenn das Bildungsministerium – als alleinigen Ausweg gewissermaßen – nun einfach die Schulpflicht auf 18 Jahre erhöht, um die Abbrecherquote zu reduzieren?

Risiken hoher Schulabbruch-Quoten

Die Schule abzubrechen hat vielfältige Ursachen und es gibt kein Wundermittel, um diese Abbrüche zu verhindern. Fakt aber ist, dass ein Verlassen der Schule ohne Abschluss maßgeblich zu sozialer Ausgrenzung im späteren Leben beiträgt. Das Risiko, einkommensschwach oder arbeitslos zu sein, erhöht sich dadurch signifikativ. Unzureichende Bildung und Qualifikation verursachen so eine starke Belastung für den Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Auch angesichts eines enormen Bedarfs an qualifizierten Mitarbeitern kann sich Luxemburg keine hohe Quote an Schulabbrechern oder Jugendlichen ohne Qualifikation leisten. Bringt die Verlängerung der Schulpflicht nun ein Plus an Qualifizierung? Etwa mehr Jugendliche mit Schulabschluss? Es darf daran gezweifelt werden.

Jugendliche, die die Schule abbrechen wollen, werden dies auch in Zukunft tun. Was aber setzt das Bildungsministerium dem entgegen? Werden verstärkt Geldleistungen und mehr qualifiziertes Personal wie Sozialpädagogen im Schulbereich eingesetzt? Wird die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarkt (mit all seinen Akteuren) und mit der Schule gestärkt oder gar ausgebaut? Werden Maßnahmen zu mehr beruflicher Ausbildung, zu einer Aufwertung der dualen Ausbildung ergriffen? All dies sind Fragen, auf die das Bildungsministerium – hier vor allem der Minister – Antworten schuldig bleibt.

Nötige Fachkompetenz ist vorhanden

Und dabei hat das Bildungsministerium in seinen Strukturen, seinen Institutionen die nötige Fachkompetenz. So gibt es die ALJ, eine Struktur, die sich außerhalb des Schulbetriebs um Schulabbrecher kümmert, diese kontaktiert, aufsucht und zusammen mit ihnen versucht, einen Zukunftsplan zu entwickeln. Ob aber diese Struktur innerhalb des Jugendsektors ihren richtigen Platz hat, sei auch dahingestellt. Eine institutionelle Verankerung in der Berufsbildung wäre hier sinnvoller.

Dann gibt es auch noch das CNFPC mit seinen beruflichen Weiterbildungsstätten. Warum wurde nicht angedacht, dessen Strukturen und Kompetenzen in dem Sinne zu stärken, dass sie jene Jugendliche auffangen, die riskieren, die Schule abzubrechen? Warum geht der Minister den Weg, dies in Zukunft in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Strukturen (ASBL) zu tun?

Die Verlagerung hoheitlicher Rechte des Staates – sprich: Bildung – in den Privatsektor, ist in meinen Augen nicht der richtige Weg. Das Bildungsministerium verlagert hier die Lösung bildungspolitischer Probleme ins Private. Und da auch in Luxemburg die Finanzmittel beschränkt sind, werden dem regulären Schulsystem Gelder vorenthalten. Dass dies dann später zu noch mehr Defiziten in der Schule führt, scheint eine Binsenweisheit.

Die Schulpflicht zu erhöhen ist nur dann eine sinnvolle Maßnahme, wenn innerhalb des staatlichen Bildungssystems alle nur erdenklichen Änderungen und Reformen vorgenommen werden, um auf die vielschichtigen Probleme der Jugendlichen Antworten und Lösungen zu finden – mit dem Ziel, dass sie eine Qualifikation erlangen. Passieren soll dies in enger Zusammenarbeit mit allen Akteuren der Arbeitswelt. Nur dann werden Jugendliche auch in Zukunft ihren Platz in unserer Gesellschaft finden.

JJ
4. Juni 2023 - 19.59

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