Burganlagen waren dazu konzipiert, die Burgherren und ihre Bewohner vor Feinden zu schützen. Hohe Mauern oder Wachtürme sollten eine feindliche Einnahme erschweren. Strategisch vorteilhaft war es, die Burg an einem schwer erreichbaren Ort zu errichten, beispielsweise als Höhenburg auf einem Gipfel oder im Fall einer Niederungsburg als Wasserburg.
Von André Feller
Den Herren von Wiltz gelang es beim ersten Anlauf nicht, sich vor Feinden zu schützen. Die Ortswahl der Burg in Niederwiltz, an jener Stelle, wo sich heute die Dekanatskirche befindet, stellte sich schlichtweg als falsch heraus. Die Burg wurde mehrfach eingenommen und so entschied sich im 13. Jahrhundert das Wiltzer Adelsgeschlecht für eine neue Burg im heutigen Oberwiltz auf einem Felssporn. Mit dieser Entscheidung war auch der Grundstein für den Ortsteil Oberwiltz gelegt.
Auch die neue Burg stellte für die Feinde kein großes Hindernis dar. 1388 steckten französische Belagerer sie in Brand. Den Adeligen blieb keine andere Wahl als die Burg wider aufzubauen. Mitte des 15. Jahrhunderts zerstörten die Truppen von Philipp von Burgund die Festung aufs Neue. Der Hexenturm an der Nordwestseite des heutigen Schlosses ist der älteste Teil. Der Turm wurde 1573 errichtet und zweimal restauriert. Seit dem 19. Jahrhundert ziert eine Figur des legendären Grafen Jan das Dach des mehrstöckigen Turms. Der imposante viereckige Turm – der frühere Hauptzugang – stammt aus dem Jahr 1626. Erreichbar war der Eingang über eine Zugbrücke.
Baubeginn im Jahr 1631
Das heute noch erhaltene Renaissanceschloss geht auf die Pläne des Grafen Jan zurück. Baubeginn war im Jahr 1631. Der Dreißigjährige Krieg, Epidemien und Hungersnöte verzögerten die Bauarbeiten für lange Jahrzehnte. Unter der Herrschaft des Grafen Charles-Eugène de Custine de Wiltz konnten die Arbeiten schließlich um 1720 abgeschlossen werden. In den Folgejahren entstand die neue Schlosskapelle (1722), die monumentale, in den Schlossgarten führende Treppe geht auf das Jahr 1727 zurück. Letztere dient seit den 1950er-Jahren zusammen mit der imposanten Schlossfassade als Kulisse der weltbekannten Wiltzer Festspiele.
Die Wiltzer Burg und das Schloss haben eine sehr bewegte Vergangenheit hinter sich. 21 Generationen lang war es im Besitz der Wiltzer Grafenfamilie. Der letzte Graf von Wiltz, Théodore François de Paule de Custine, flüchtete 1793 vor den französischen Revolutionstruppen. Später erwarb der Gerberei-Unternehmer Jos Faber das Schloss. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts herrschte hinter dessen Mauern wieder reges Treiben, und das bis zum heutigen Tag.
Eine Ansichtskarte um 1900 des Fotografen Charles Bernhoeft liefert uns mit der Bildüberschrift „Pensionnat de la doctrine chrétienne“ einen ersten Hinweis auf die Nutzung des Schlosses nach der Epoche der Wiltzer Grafen. Von 1851 bis 1950 betrieben Schwestern der christlichen Lehre hinter dem Schlossgemäuer ein Internat. Wie im „Exposé de la situation administrative du Grand-Duché de Luxembourg“ von 1874 nachzulesen ist, handelte es sich hierbei um ein Internat für Mädchen.
Ab 1951 ist das Schloss ein Altenheim
1951 erwarb der Staat das Schloss mit dem Ziel, ein Altenheim einzurichten. Dieses wurde bis 1985 von den Schwestern des Karmelordens betrieben, später von Servior bis zum Umzug im Jahr 2012 in das neue CIPA „Geenzebléi“. Im Schloss befinden sich die Büros des Fremdenverkehrsvereins, das Museum der Ardennenschlacht sowie seit 1999 ein nationales Brauereimuseum mitsamt Mikrobrauerei und Gerbereimuseum.
Seit September 2012 ist das Schul- und Bildungswesen wieder ins Schloss zurückgekehrt. Statt eines Internats wie Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich das Schloss in einen Hochschulcampus verwandelt. Im historischen Gemäuer beherbergt sind das Brussels Business Institute of Higher Education (BBI), eine internationale Hotelmanagement- und Touristikfachhochschule, das United Business Institute (UBI) sowie das Business Science Institute (BSI), das ein „Executive Doctorate in Business Management“ vergibt. 2017 ließ sich eine Privatuniversität im Schloss nieder, die University for Digital Technologies in Medicine and Dentistry.
Die Uni bietet zertifizierte postgraduale Studiengänge in der Zahnmedizin sowie universitäre Fortbildungen in der Zahntechnik an, im Mittelpunkt stehen digitale Techniken. Zudem hat sich die Universität der Handhabung und Weiterentwicklung digitaler Technologien im Gesundheitswesen verschrieben.
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