Sanchez’ konservativer Rivale Alberto Nunez Feijoo, Chef der Volkspartei, ist der klare Favorit in den nationalen Parlamentswahlen am 23. Juli. Er hat somit Chancen, Spaniens neuer Premier zu werden. „Es läuft gut für uns“, freut sich Feijoo. Gleiches kann Sanchez, der seit fünf Jahren in Spanien mit einem Minderheitskabinett regiert, derzeit nicht sagen. Alle Erhebungen sehen ihn deutlich hinter seinem christdemokratischen Herausforderer. Was den Sozialdemokraten blüht, bekamen sie bereits bei den Kommunal- und Regionalwahlen Ende Mai zu spüren, als Sanchez’ Sozialistische Arbeiterpartei deutlich verlor.
Doch es gibt noch eine kleine Hoffnung für Sanchez, der in der EU hoch angesehen ist, aber im eigenen Land mit dem Rücken an der Wand steht: Und diese Hoffnung heißt: Yolanda Diaz. Die 52-jährige spanische Arbeitsministerin und Sanchez-Vertraute könnte seine Retterin werden. Denn Diaz schaffte gerade das Kunststück, Spaniens zersplitterte Parteienlandschaft links der Sozialdemokraten in einem breit aufgestellten progressiven Wahlbündnis zu vereinen.
Insgesamt 15 Parteien schlossen sich zu einer Allianz namens „Sumar“ (auf Deutsch: Addieren) zusammen. Mit einer gemeinsamen Liste steigen die Chancen, eine größere Zahl von Mandaten zu erobern. Zur Allianz gehören Spaniens linke Platzhirsche Podemos (Wir können) und Izquierda Unida (Vereinigte Linke), aber auch kleinere grüne und progressive Bewegungen, die bisher vor allem regional auftraten.
Die Tatsache, dass Yolanda Diaz, die neue Galionsfigur der spanischen Linken, die Allianz als Spitzenkandidatin anführt, könnte für Aufwind sorgen. Die charismatische Arbeitsministerin Diaz, die sich mit ihrem pragmatischen Stil über alle Parteigrenzen hinweg Ansehen erwarb, gehört laut Umfragen zu Spaniens beliebtesten Politikern. Dabei ist bemerkenswert, dass Diaz formal Mitglied der Kommunistischen Partei ist, aber sozialdemokratische Ideen vertritt.
Auch Konservative brauchen Koalitionspartner
Wenn die Meinungsforscher richtig liegen, kann Sumar durchaus mit einem zweistelligen Ergebnis rechnen. Nach dem neusten Wahlbarometer, das die konservative Zeitung El Mundo veröffentlichte, könnte Sumar hinter den Konservativen und den Sozialdemokraten drittstärkste Partei werden.
Doch Sanchez kann nicht nur auf die Hilfe von Sumar zählen, sondern auch auf die Unterstützung der einflussreichen separatistischen Parteien aus dem Baskenland sowie aus Katalonien. Schafft der Sozialdemokrat, der in Spanien schon mehrmals totgesagt wurde, doch noch das politische Wunder und vereint erneut eine neue knappe Parlamentsmehrheit hinter sich?
Es könnte also bei der vorgezogenen Wahl am 23. Juli doch noch spannend werden: Denn auch der konservative Herausforderer Feijoo, der Umfragen zufolge mit etwa 35 Prozent der Stimmen rechnen kann, wird Hilfe brauchen, um die Regierung zu erobern. Mit einer absoluten Mehrheit kann er nicht rechnen. Seine Chancen werden vom Abschneiden der Rechtspartei Vox abhängen, die sich den Konservativen als einziger Partner anbietet.
Allerdings dürfte dies eine schwierige Partnerschaft werden. Denn Vox ist europaskeptisch, immigrantenfeindlich, gegen Abtreibung, gegen die Gleichstellung der Geschlechter und Toleranz gegenüber LGBTQ-Kollektiven. Zudem leugnet Vox den Klimawandel – was Spanien auf Kollisionskurs mit der EU bringen würde.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können