Das Kloster als Tagungsort hat Tradition in der CSU: Ziel ist stets, in einer gewissen Abgeschiedenheit, aber durchaus medienwirksam den Gemeinschaftsgeist zu beschwören. Das hat in der Vergangenheit mal mehr und mal weniger geklappt.
Diesmal kommen zum Beginn der parlamentarischen Sommerpause die CSU-Bundestagsabgeordneten im oberbayerischen Kloster Andechs zusammen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat sich CSU-Chef Markus Söder und den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz als Gäste dazu geladen.
Die malerische bayerische Idylle täuscht ein wenig über die Stimmung in der CSU hinweg. Denn die jüngsten Umfragen vor der Landtagswahl am 8. Oktober bringen Nervosität in die Partei, die letzte taxierte die Partei bei 38 Prozent. 38 Prozent, davon können sie woanders nur träumen. Doch für die CSU ist das ein Alarmsignal. Denn hält dieser Trend an, sind alle Träume von einer eigenen absoluten Mehrheit ausgeträumt, eine Koalitionsregierung unumgänglich. Die parteiinterne Brandmauer sind die 37, 2 Prozent von der Landtagswahl 2018. Sollte der bayerische Ministerpräsident und Spitzenkandidat Söder diese reißen, so werden die Diskussionen um seine Person anfangen. Die CSU ist da bekanntermaßen sehr gnadenlos. Und je weiter sich die CSU von den 40 Prozent entfernt, desto unwahrscheinlicher wird es auch, dass Söder noch einmal bei der Kanzlerkandidaten-Frage der Union seinen Hut in den Ring werfen kann.
Kaum Aussagen zu Finanzierung von Ideen
Auch um all das zu verhindern, legt die Landesgruppe am Mittwoch eine „Respektsagenda“ vor, in der sie zahlreiche Wohltaten verortet. Die Partei fordert eine komplette Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, niedrigere Energiesteuern und eine Streichung der Erbschaftsteuer aufs Elternhaus. Die CSU befürworte „null Mehrwertsteuer“ für sämtliche Grundnahrungsmittel, „nicht nur für Gemüse, nicht nur für Bio, sondern auch für Fleisch, für Fisch, für Milch“, sagt Söder beim Eröffnungsstatement vor den Klostermauern.
Bei der möglichen Ersparnis für die Menschen verrechnet sich der Parteichef etwas, spricht zunächst von 8.000 Euro, später korrigiert die Partei diese Summe, auf 1.000 Euro für einen Vier-Personen-Haushalt. Die Kosten für den Staat würden nach Worten Söders bei rund zwölf Milliarden Euro liegen. Dies sei auch in diesen Zeiten machbar. Genauer wird er nicht.
Zudem soll, wer sein Elternhaus vererbt oder geschenkt bekommt, nach den Vorstellungen der CSU künftig keine Steuer zahlen müssen. Wenn der Erbe oder Beschenkte das Haus oder die Wohnung nicht innerhalb von zehn Jahren verkauft, sondern selbst einzieht oder vermietet, soll er keine Erbschaft- oder Schenkungsteuer zahlen. „Wohneigentum ist eine der effizientesten Formen der Altersvorsorge und Vermögensbildung“, heißt es in dem Klausur-Papier.
Zur konkreten Gegenfinanzierung der milliardenschweren Ideen gibt es kaum Aussagen, vielmehr soll vor allem der Standort Deutschland gestärkt werden, damit die Wirtschaftsleistung wieder laufe. Hier versage die Ampel-Regierung in Berlin massiv, da ist sich die Union sehr einig. Und noch etwas lässt aufhorchen: „Respekt“ – war da nicht was? Richtig, mit einem Wahlkampf, in dessen Mittelpunkt der Respekt stand, hatte der SPD-Politiker Scholz 2021 die Wahl gewonnen.
Merz mit Ferienhaus ein Bein in Bayern
Respekt hat man auch innerhalb der Union voreinander, besonders Söder und Merz arbeiten „hervorragend“ zusammen, das wird immer wieder betont. Sehr genau hat man in München auch den Merz‘schen Befreiungsschlag in eigener Sache verfolgt. Die Berufung von Carsten Linnemann als neuen CDU-Generalsekretär sieht man allerdings zweigeteilt. Auch der CSU war Linnemanns Vorgänger Mario Czaja zu leise und unsichtbar. Allerdings hält man Linnemanns Vorstöße, etwa in der Frage eines höheren Renteneintrittsalters, für ungeeignet und wenig hilfreich in Wahlkämpfen. Da sei ein Talkshow-Auftritt weniger doch die bessere Alternative.
Und am Ende kommt dann doch noch ein Seitenhieb Söders auf den CDU-Chef. Es wurde nach dem Alleinstellungsmerkmal der CSU gefragt. Dobrindt und Söder führen das routiniert aus, betonen auch die starke bayerische Stimme in Berlin. Merz sagt lachend, er müsse sich dazu ja nicht äußern. „Aber Du bist doch schon halber Tegernseer“, scherzt Söder. Merz lächelt säuerlich. Das Ferienhaus am bayerischen See thematisiert er in der Öffentlichkeit eher selten. Und schätzt auch nicht, wenn ein anderer es tut.
Und dann ist da ja noch die mögliche Konkurrenz aus NRW in Person des CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst. Doch davon will man im Sommer 2023 noch gar nichts wissen. Im Spätsommer nächsten Jahres soll es um den Unions-Kanzlerkandidaten gehen, keine Minute früher. Doch so mancher, der sich in der CSU gut auskennt, unkt zwischen Klostermauern, dass der Tag viel früher liege: „Der Wahltag in Bayern ist für alles weitere der entscheidende Tag“. Davor liegen noch sechs Wochen Sommerferien und ein kurzer heißer Wahlkampf. Dann beginnt eine neue Zeitrechnung in Bayern – so oder so.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können