Eine geschickte Kooperation zwischen der luxemburgischen CFL und der französischen SNCF rettet die französischen Grenzgänger.
Streikzeiten in Frankreich. Am Freitag war der fünfte Streiktag bei der französischen Eisenbahn. Der SNCF zufolge sank die Streikbereitschaft auf 38 Prozent. Am Samstag soll sie laut SNCF auf 22 Prozent sinken.
Zwischen Lothringen und Luxemburg stellt sich seit Beginn des Eisenbahnerstreiks die Situation völlig anders dar. Im Tal der Mosel von Luxemburg über Thionville nach Metz und Nancy fährt die CFL ihr volles Programm. Wenn also im Streikgebiet zwischen Metz und Nancy vier Züge angekündigt werden, dann sind dies die Züge, die die CFL normal bis Nancy fährt. Die CFL wird dabei auf den französischen Strecken nicht behindert, teilt eine Sprecherin des Unternehmens auf Tageblatt-Anfrage mit. Die Sprecherin bestätigt weiter, dass die luxemburgischen Züge zwischen Thionville/Metz und Luxemburg normal fahren.
Die französischen und luxemburgischen Eisenbahngesellschaften haben eine Übereinkunft geschlossen, wonach zwischen Luxemburg und Nancy die Züge beider Unternehmen nach einem bestimmten Schlüssel fahren. Ein Drittel der täglich 117 Verbindungen wird von der CFL übernommen, zwei Drittel von der SNCF. Die 21 Züge, die am Freitag zwischen Nancy/Metz/ Thionville hin- und herfuhren, stellten gut 40 Prozent der Züge dar, die sonst auf der Strecke fahren. Davon stellte die CFL die Hälfte. Bei der SNCF fuhren nach französischen Angaben 20 Prozent der Züge, die eigentlich hätten fahren sollen.
Die SNCF hat in Lothringen das Schwergewicht auf den Grenzverkehr gelegt. «Wir wollten die Grenzgänger so wenig wie möglich beeinträchtigen», sagt eine Sprecherin. «Wir haben daher Lokführer bevorzugt auf den Grenzgänger-Strecken eingesetzt», heißt es weiter. Dafür sind Züge auf den inner-lothringischen Strecken teilweise ausgefallen. Auf der Strecke nach Saarbrücken setzte die SNCF mangels Lokführern Busse ein, um die Grenzgänger ins Saarland zu bringen.
Grenzüberschreitende Kooperation
Ohne die grenzüberschreitende Kooperation wäre der französische Eisenbahnerstreik zur Katastrophe geworden. Bei einem Totalausfall in Frankreich hätte lediglich ein Drittel der Züge durch die CFL zur Verfügung gestanden. «Unsere Züge sind in Lothringen nicht durch Streikende behindert worden», sagt eine CFL-Sprecherin dem Tageblatt. Behinderungen gäbe es aber in Luxemburg durch Bauarbeiten. Hier würden teilweise Busse eingesetzt, hieß es weiter. Ein Streik in den CFL-Zügen war ausgeschlossen. «Es gibt überwiegend luxemburgisches Personal an Bord. Einige Mitarbeiter, die nicht aus Luxemburg kommen, sprechen Luxemburgisch», hieß es weiter.
In Frankreich ist am Wochenende nicht mit einer Verbesserung zu rechnen. Die Streikbereitschaft hat am Wochenende nachgelassen. Für die Streikenden wird der Ausstand auf Dauer zu einer heiklen Angelegenheit. Ihnen droht nach Aussage der SNCF der Totalverlust des April-Gehaltes, das bei einer Schalterbeamtin etwa 1.600 Euro brutto beträgt. Das Unternehmen bewertet die zwei Streiktage pro Woche als einen dauerhaften Streik, weil der Streik-Grund – Reform des Unternehmens – stets derselbe ist. Bei den französischen Gewerkschaften verfügt aber nur die Reformgewerkschaft CFDT über eine Streikkasse, die mit 125 Millionen Euro gut gefüllt ist. Die radikale Gewerkschaft CGT hingegen ging sammeln und trug bisher 250.000 Euro zusammen, nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein.
Die CFDT erschreckte die anderen Gewerkschaften am Freitag mit einer öffentlichen Aussage: «Wir kommen in den Gesprächen mit der Regierung weiter», hieß es. Bei der CGT oder den Hardlinern der Gewerkschaft SUD hörte sich das ganz anders an. Erfahrene Streikanalysten meinen, dass man in der kommenden (dritten) Streikwoche erste Fortschritte in den Verhandlungen machen werde. Der Rahmen für Ergebnisse wird dabei immer enger. In der Nationalversammlung wird das entsprechende Reformgesetz für die Eisenbahn bereits beraten. Einzelne Paragrafen sind schon verabschiedet. Staatspräsident Macron ist von seinem Vorgänger, François Hollande, unter Druck gesetzt worden. Der hatte die Direktive zur Öffnung des Marktes unterzeichnet, aber nichts getan. Macron muss nun das Markt-Öffnungsgesetz und die dazu gehörende Reform der SNCF bis Ende des Jahres über die Bühne bringen.
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