Sechs gezielte Kopfschüsse aus einer nicht angemeldeten Pistole: Am Dienstag fiel das Urteil im Prozess gegen den 58-jährigen Jamek M. Er hatte sich vor der Kriminalkammer wegen vorsätzlichen Mordes an seiner Ehefrau zu verantworten. Er hatte das Opfer 2015 in einem Hinterhof in Esch/Alzette kaltblütig niedergestreckt.
Die technischen Ermittler der Polizei hatten an den am Tatort gesicherten Spuren festgestellt, dass die Schussfolge nach der ersten Feuerung um etwa 2,4 Sekunden unterbrochen worden war, was auf eine Ladehemmung und einen zielorientierten Täter schließen ließe, der mit Vorbedacht handelte.
Imam mit dunkler Prophezeiung
Der Beschuldigte selbst hielt sich auch für ein Opfer. Er habe seine Frau geliebt. Doch ein Imam habe seinem Sohn prophezeit, dass sein Haus verteufelt sei. Deshalb habe er in Angst gelebt. Allerdings wollte er sein Haus nicht verkaufen, da er nicht mehr so viel arbeiten konnte.
Seinen Kindern habe er geraten: Wenn sie etwas Besseres finden, sollten sie gehen. Daraufhin habe ihm seine aufgelöste Tochter wütend an den Kopf geworfen, ihre Mutter habe etwas Besseres gefunden und er müsste gehen. Auf die Frage, warum er seine Frau umbrachte, meinte er, dass ein anderer Kontrolle über ihn hatte. Seinem Verteidiger blieb also nur, auf mildernde Umstände zu plädieren. Denn beide psychiatrische Experten hatten den Beschuldigten sowohl schuld- wie nicht unbedingt therapiefähig gesprochen. Die Kinder belasteten den jähzornigen Vater schwer, während seine Geschwister und deren Ehepartner die Fakten zum Leidwesen des verängstigten Nachwuchses herunterzuspielen suchten.
Glasklare Forensik
Der Anwalt der Kinder hatte den Angeklagten als kaltblütigen Mörder dargestellt, der seine Familie über Jahre terrorisiert hatte. Er vertrat die These, dass der Beschuldigte sich acht Tage vor der Tat beurlauben hatte lassen und seine verängstigte Frau in der Zeit auch nicht bedroht hatte, damit sie sich in falscher Sicherheit wägen würde.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft ging auf die etablierten Fakten ein. Der Angeklagte hatte nach der Tat zwei Familienmitgliedern gesagt, er habe seine Frau erschossen, was von allen forensischen Untersuchungen bestätigt wurde. Die ganze Familie habe unter dem autoritären und aggressiven Vater gelitten.
Psychiater bezweifelt Amnesie
Juristisch sei der Tatbestand des vorsätzlichen Mordes erfüllt. Auch die lakunäre Amnesie sei vom psychiatrischen Experten zwar erwähnt, aber stark bezweifelt worden. Allein schon die in aller Ruhe behobene Ladehemmung nach dem zweiten Schuss spreche für eine regelrechte Hinrichtung, also für eine absichtliche Tat. Da beim Beschuldigten keine Reue zu erkennen war, hatte die Staatsanwaltschaft die Höchststrafe gefordert.
Am Dienstag wurde der Mann zu lebenslanger Haft und jeweils dem symbolischen Euro für seine Kinder sowie 37.500 Euro Schadenersatz für Familienmitglieder verurteilt. Er hat nun 40 Tage Zeit, um Berufung einzulegen.
Von Carlo Kass
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