Wie sieht unsere Zukunft aus? Wie behandeln wir den Planeten, auf dem wir leben? Welche Herausforderungen erwarten die kommenden Generationen nach unserer Handlungsweise? In seinem umweltpolitischen Film «Justice Dot Net» (Link zum Trailer bei Vimeo) stellt Pol Cruchten bewusst mehr Fragen, als er Antworten geben kann.
«Vier Geiseln, ein Prozess – und Sie selbst fällen letztendlich das Urteil», heißt es in der Vorstellung des Films, in dem sich Pol Cruchten, zusammen mit dem Produzenten Nicolas Steil, mit der umweltpolitischen Zukunft unseres Planeten auseinandersetzt. Dabei zeichnet er ein höchst alarmierendes Bild der aktuellen Lage, das er allerdings in einen spannenden Politthriller einpackt.
Die Geschichte beginnt mit der Schlüsselfigur Jake De Long (Martin McCann). Versteckt in einem verlassenen Lagerhaus in Luxemburg, arbeitet der hochkarätige IT-Programmierer an einer geheimen Webseite, die bald online gehen soll. Doch dann erfährt er, dass die Polizei ausmachen konnte, wo er sich versteckt, und dass sie sich auf einen Übergriff vorbereitet. Jake kann fliehen und kehrt in seine Heimat Kanada zurück, wo ihn seine Kollegin Valérie (Astrid Roos, die Tochter des luxemburgischen Produzenten Ody Roos) erwartet, um mit ihm zusammen ihre selbst gestellte Lebensaufgabe zu erfüllen: die Entführung von vier einflussreichen Persönlichkeiten.
Diese sitzen auf einer höchst geheimen Sitzung in einem eleganten Schloss. Es handelt sich dabei um den Erdölmagnaten Jean Dubois (Yves Jacques), den bekannten Unternehmer Alain Jarnac (Philippe Duclos), um die Umweltministerin Priscila Spencer-Kraft (Désirée Nosbusch) und die geheimnisvolle Asiatin Ning Tang (Mai Duong Kieu).
Die ersten Gespräche haben kaum begonnen, als das Quartett als Geiseln festgenommen und im Hochsicherheitskeller des Schlosses eingesperrt wird. Dabei sollen die einzelnen Persönlichkeiten so lange und so stark unter Druck gesetzt werden, bis sie ihre respektiven Umweltsünden eingestehen. Es geht um Geschäfte mit Erdöl und Wasser, um politische und militärische Unterstützung sowie die Rolle der jeweiligen Lobbys.
Entführung von vier einflussreichen Personen
Alle diese Aussagen, ihre Haftbedingungen und ihre Auseinandersetzungen mit den Entführern werden auf der von Jake geschaffenen Webseite mit Namen «Justice Dot Net» übertragen, die Befragungen erfolgen ebenfalls über eine von ihm geschaffene Figur.
Mehr soll an dieser Stelle über den 86-minütigen (immer noch eine absolut ideale Länge für einen Film), spannenden, gut rhythmierten Plot nicht verraten werden. Nur so viel, dass Cruchten die Zusammenarbeit beziehungsweise die Konfrontierung von unterschiedlichen Regierungsstellen oder Geheimverbänden auslotet und eine mitunter sehr harte Bestandsaufnahme der Umweltschäden dieser Welt zeichnet. Unweigerlich erinnert sich der Zuschauer dabei an die Nachricht über den Walfisch, der an einer «Überdosis» von Plastiktüten in seinem Magen verendete.
«Jake, die Hauptfigur, organisiert seine Fragestellung mit den modernen IT-Techniken wie ein Spiel, in das der Zuschauer einbezogen wird, womit er letztendlich selbst zum Richter wird», erklärte Pol Cruchten im Gespräch vor dem Film. Eine seiner Fragestellungen betrifft dabei die Bilder, die uns täglich überhäufen und zu schnellen Reaktionen auffordern sollen.
Kein luxemburgischer Film
«Der Film will etwas zeigen, aber nichts beweisen», brachte es Produzent Nicolas Steil (von Iris Productions) bei der Vorstellung auf den Punkt. «Justice Dot Net» ist eine luxemburgisch-kanadisch-irische Zusammenarbeit, wobei Luxemburg allerdings den Löwenanteil übernimmt. Es finanziert mit den Geldern des Filmfonds rund 70% der Kosten des Films. Kanada, eines der neuen Partnerländer des luxemburgischen Filmbusiness, übernimmt 20 und Irland die zehn letzten Prozent.
Mit dem Produzenten, dem Regisseur, einer der Hauptfiguren und der beeindruckenden Filmmusik (von Gast Waltzing) stellt Luxemburg ebenfalls den Großteil des ausführenden Teams. Für das Szenario zeichnet zwar der Drehbuchautor Thom Richardson verantwortlich, die Idee war aber bereits seit fünf Jahren zwischen dem Produzenten und dem Regisseur im Gespräch.
Ein luxemburgischer Film ist «Justice Dot Net» trotz längerer in Luxemburg gedrehter Szenen und luxemburgischer Gelder definitiv nicht. Er wurde in englischer Sprache gedreht und mit französischen Untertiteln versehen. Ein Film über die Justiz ist er auch nicht, wie Rechtsanwalt Philippe Penning mit einem Hinweis auf juristische Widersprüche bei der anschließenden Diskussionsrunde anmerkte. Unser umweltpolitisches Gewissen rüttelt er jedoch unweigerlich wach.
Umweltministerin Carole Dieschbourg und Wirtschaftsminister Etienne Schneider hatten manches dazu zu sagen, wobei Erstere lieber an das gemeinsame umweltpolitische Gewissen appellierte, als mit neuen gesetzlichen Regelungen zu drohen und Letzterer sein Ziel aufzeichnete, die gesamte luxemburgische Wirtschaft nachhaltig zu gestalten. Das gelinge jedoch nicht von heute auf morgen.
Pol Cruchten ist ein Wiederholungstäter. Bereits vor zwei Jahren hatte er mit «Voices from Chernobyl» die Folgen der Umweltkatastrophe von 1986 filmisch verarbeitet.
Dabei hatte er den Zuschauer zwar manchmal zum Weinen gebracht, ihm gleichzeitig aber auch einen positiven Anreiz gegeben, ihn zur Suche nach dem Glück angestachelt. Das ist bei «Justice Dot Net» nicht der Fall, hier muss der Zuschauer mit der ernüchternden Bestandsaufnahme selbst zurechtkommen. Vielleicht ganz einfach dadurch, dass er bei sich selbst anfängt, indem er auf Plastikverpackungen verzichtet oder das Wasser beim Zähneputzen nicht laufen lässt?
«Justice Dot Net» läuft ab kommenden Mittwoch (13. Juni) in den luxemburgischen Kinos. Ihm sei später, in einem zweiten Kinoleben, ebenfalls eine konstruktive Runde durch Schulen und Vereinigungen gegönnt, bei denen eine Diskussionsrunde wie die bei der Vorpremiere bei pünktlichem Programm durchaus konstruktiv sein kann.
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