Dadurch gehört die Schifflinger Sektion „zu einer der ältesten des Landes und damit zu den Pionieren des Sozialismus in Luxemburg“, wie Roland Schreiner, Bürgermeister von 2003 bis 2017, sagt. Ursprünglich waren die Parteimitglieder vor allem Männer, da das Wahlrecht für Frauen in Luxemburg erst 1919 eingeführt wurde. Seitdem haben sich fast fünf Generationen in der Schifflinger LSAP engagiert.
Anlässlich des 120-jährigen Jubiläums wirft die Partei anhand einer Broschüre einen Blick zurück auf die sozialistische Parteigeschichte. Darin gibt Ben Fayot, LSAP-Politiker, Historiker, Sprachprofessor und Autor des Buches „Sozialismus in Luxemburg“, einen historischen Abriss über die Entstehungsgeschichte der Partei. So zum Beispiel über die zwei ersten bürgerlichen Politiker Caspar Mathias Spoo und Michel Welter, die sich 1896 und 1897 den Wählern des Kantons Esch stellten und gemeinhin als erste Sozialisten in der Abgeordnetenkammer gelten.
Natürlich ist auch die Spaltung der Partei von 1921 ein Thema. Sie geschah auf Druck des linken Flügels. Auslöser war die Frage, ob man sich der kommunistischen Internationalen anschließen sollte und dafür die 21 Bedingungen von Moskau annehmen wolle. Anlässlich dieses Ereignisses und um die Partei zu überzeugen, war sogar Klara Zetkin (1857-1933), bekannte deutsche, linke Sozialdemokratin und Weggefährtin Rosa Luxemburgs, nach Differdingen gereist. Insgesamt viermal schieden sich die Wege der Partei: 1905, 1917, 1921 und 1970. Und viermal änderte sich der Parteiname, von der sozialdemokratischen zur sozialistischen Partei über die Arbeiterpartei bis hin zur heutigen LSAP.
100 Jahre sozialistische Gemeinderäte
Jérôme Courtoy, Schifflinger Gemeinderat und Historiker, gibt in der Broschüre einen politischen Überblick über 100 Jahre sozialistische Gemeinderäte in Schifflingen. Bei den ersten Gemeindewahlen 1920 (Parteilisten gibt es erst seit 1919) standen sechs Kandidaten auf der Liste der Arbeiterpartei. Sie erhielten sechs Sitze und waren somit von 1921 bis 1928 in der Opposition.
Fünfmal stellte die Partei den Bürgermeister. Erster war Denis Netgen von 1929 bis 1934. Netgen geriet während des Zweiten Weltkriegs ins Visier der NS-Besatzer und wurde wegen der Anschuldigung, Widerstand zu leisten, im KZ Hinzert interniert und nach kurzer Zeit wieder entlassen. Mehrmals musste er bei der Gestapo vorstellig werden. Gegen August 1944 sollte er von der Gestapo in Geiselhaft genommen werden. Nach der Befreiung wurde Netgen wieder zum Bürgermeister gewählt und blieb dies von 1945 bis 1963. Ihm folgte von 1964 bis 1969 Hubert Olinger.
Als erste Frau wurde 1969 Astrid Lulling sozialistische Bürgermeisterin, wenn auch nur für ein Jahr. Denn 1970 kam es auch durch sie zur Spaltung der sozialistischen Parteiv – Lulling gründete die SDP. Nach der Spaltung trat 1970 eine weitere markante Persönlichkeit in der Partei in Erscheinung: Lydie Schmit. Zwar wurde Schmit nie zur Bürgermeisterin gewählt, saß aber von 1976 bis 1988 im Gemeinderat. Sie war Generalsekretärin der „Femmes socialistes“ und 1973 Mitglied der Parteileitung, anschließend Parteipräsidentin. Schmit war die erste Frau in Europa auf einem solchen Posten. Außerdem war sie Präsidentin der „Sozialistischen Fraueninternationale“ und somit auch Vizepräsidentin der „Sozialistischen Internationale“. 1984 wurde sie zur Europaabgeordneten gewählt. Im Alter von lediglich 49 Jahren erlag sie 1988 einem Krebsleiden.
In den Jahren von 1971 bis 1985 war die LSAP in Schifflingen in der Opposition, dann stellte sie bis 1993 mit Nicolas Frisch den Bürgermeister. Im Oktober 1993 verlor die Partei ihre Mehrheit und stellte erst wieder mit Roland Schreiner von 2003 bis 2017 den Bürgermeister. Ein bis heute wichtiger Bestandteil der Sektion sind die „Femmes socialistes“ und die „Jungsozialisten“. Der Altersdurchschnitt in der Parteileitung liegt heute unter 38 Jahren.
Gefeiert wurde das runde Jubiläum auch. Anlässlich des alljährlich stattfinden Familienfestes wurde am Sonntag ein Geburtstagskuchen aufgeschnitten.
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