Sie gilt als die neue starke Frau im OGBL: Nora Back. 2019 wird sie Generalsekretärin der Gewerkschaft und später die Nachfolge von Präsident André Roeltgen übernehmen. Doch wer ist eigentlich Nora Back?
Nora Back ist den Umgang mit Medien und Öffentlichkeit eigentlich gewohnt. Wenn sie nach einer Verhandlungsrunde in die Mikrofone der Journalisten sprechen muss. Wenn sie an öffentlichen Gesprächsrunden teilnimmt. Oder wenn sie sich via Megafon an Hunderte Demonstranten richtet. Und dennoch sagt sie: „Ich mag es eigentlich nicht, wenn ich im Mittelpunkt der Öffentlichkeit stehe. So viel Rummel um meine Person ist mir unangenehm.“
Seit rund zwei Wochen ist bekannt, dass Nora Back neue Generalsekretärin des OGBL wird. Sie wurde zunächst vom Geschäftsführenden Vorstand (Gevo) vorgeschlagen und anschließend vom Nationalvorstand gewählt. Die 39-Jährige wird damit als Nachfolgerin von André Roeltgen, dem Präsidenten der größten Gewerkschaft Luxemburgs, aufgebaut.
Zuerst Generalsekretärin, dann Präsidentin. So will es die Tradition des OGBL. Seit John Castegnaro ist das so, dem 2012 verstorbenen Gewerkschaftshelden, den alle nur liebevoll „Casteg“ nennen. Und das soll auch diesmal so sein, wie Roeltgen und Back bestätigen.
Seither kann Nora Back sich vor Medienanfragen kaum retten: RTL, Radio 100,7, d’Land – alle wollen das neue Gesicht des OGBL interviewen. Auf ihrem Facebookprofil haben mehrere Dutzend Personen ihr gratuliert. Und selbst im Supermarkt wird sie auf den Karrieresprung angesprochen. „Ich habe nicht mit dieser Aufmerksamkeit gerechnet und ich hoffe, sie legt sich bald“, sagt Nora Back. Dezentes Lächeln. Kurzer Augenkontakt. Blick zur Seite.
So viel Bescheidenheit überrascht. Und das sagt wohl mehr über den OGBL, denn über Nora Back aus. Der unabhängige Gewerkschaftsbund wird seit Jahren von männlichen Alphatieren dominiert: John Castegnaro, Jean-Claude Reding, André Roeltgen – alles Männer mit kräftigen Stimmen, breitbeinigem Auftreten und aufrechter Haltung. Auch für Nora Back galt die Spitze des OGBL lange als Männerverein. „Ich habe noch vor Kurzem ein Foto eines OGBL-Kongresses entdeckt, auf dem nur Männer mit langen Bärten abgebildet waren.“ Es stellt sich also die Frage: Wie ist es dieser Person gelungen, sich an die Spitze des Gewerkschaftsapparats vorzuarbeiten?
Beharrlichkeit
Wer Nora Back darauf anspricht, erhält eine schlichte Antwort: richtiger Zeitpunkt, richtiger Ort. Bereits seit Längerem soll die Gewerkschaftsexekutive beschlossen haben, sich zu verjüngen. Back spricht von einem Prozess quer durch die OBGL-Administration. Das bestätigt auch Roeltgen: „Wir arbeiten an einem Generationswechsel.“
Als man schließlich über die Roeltgen-Nachfolge im Gevo nachgedacht habe, sei man qua ihres Alters auf sie gestoßen. „Wir fanden eigentlich alle, dass Nico Clement ein hervorragender Kandidat war“, sagt sie. Doch ebenso wie fünf andere der neun Gevo-Mitglieder gilt er als zu alt. Denn diese sechs Kandidaten würden innerhalb ihres Mandats die Altersgrenze von 60 Jahren überschreiten. Und es gilt als ungeschriebenes Gesetz, dass kein OGBL-Präsident älter als 60 sein soll. So will es die Tradition des OGBL. Seit „Casteg“.
Doch Zufall und Timing sind nur ein Teil der Wahrheit. Denn anders als sie es offen zugeben mag, hat Nora Back vor allem aufgrund ihrer Qualitäten überzeugt. Es wäre etwa ein Trugschluss, die zukünftige Generalsekretärin aufgrund ihres bodenständigen Stils zu unterschätzen.
Im Gegenteil. Verhandlungspartner und Personen, die ihr nahestehen, bezeichnen sie als knallharte Verhandlungsführerin. Jemand, der sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, sachlich argumentiert und konsequent sein Ziel verfolgt. „Streit liegt eigentlich nicht in meinem Naturell“, sagt Back. „Ich bin niemand, der mit der Hand auf den Tisch haut.“ Aber dennoch scheut sie den Konflikt nicht. So wie zuletzt, als sie sich mit Sodexo anlegte – einem Multikonzern mit Milliardenumsatz. Und gewann.
Der Weg in den Apparat
Dabei sah es lange nicht danach aus, dass sie beim OGBL landen würde. Zwar waren bereits die Eltern und Großeltern im LAV bzw. OGBL, aber die Gewerkschaftswelt war ihr zunächst fern. Nach ihrem Abitur am Lycée Hubert Clément in Esch/Alzette zog es die junge Frau wie so viele Luxemburger nach Brüssel. „Ich wusste nicht so recht, was ich machen sollte.“ Sie interessierte sich für Biologie, Medizin und Journalismus. Studierte dann aber Psychologie. Ihre Abschlussarbeit schrieb sie über Mobbing.
Doch auch danach wusste sie noch immer nicht so recht, was sie machen sollte. Also blieb sie zunächst in Brüssel und arbeitete für die Bank Fortis. Über ihren Masterbetreuer fand sie schließlich den Weg zurück nach Luxemburg. Ein junges Start-up aus Bonneweg suchte einen Arbeitspsychologen. Es handelte sich damals um die neue Marktforschungsfirma „Quest“ von Carlo Kissen.
Doch die „Scheinwelt“ aus Marketing und Kommunikation konnte sie auf Dauer nicht überzeugen. Sie wollte näher an den Problemen der Menschen sein, näher an der Arbeitswelt, näher am realen Leben. Also bewarb sie sich mit 25 gleich an mehreren Stellen – und schickt auch eine Initiativbewerbung an den OGBL.
Dort ist man von ihrem Profil überzeugt. Irgendwann ruft Jean-Claude Reding an. Sie erhält die Möglichkeit, an der Seite von Pit Schreiner den vormaligen Posten von André Roeltgen im Syndikat Gesundheit und Sozialwesen zu übernehmen. Sie sagt sofort zu und lässt alle anderen Bewerbungsgespräche fallen.
Den Schritt hat sie bis heute nie bereut. Und so ist sie seit 2004 im Apparat der Gewerkschaft. Was sie antreibt? Ihr Gerechtigkeitssinn. Vom Narrativ, dass alle wichtigen sozialen Errungenschaften bereits in den 1970er Jahren gewonnen wurden und es in der Gegenwart nur noch um Konsolidierung gehe, hält sie wenig. „Wir müssen Produktivitätsgewinne an die arbeitenden Menschen verteilen“, so Back. Die soziale Frage sei die zentrale Frage des 21. Jahrhunderts.
Und es ist die große Herausforderung der Gewerkschaften, sie zu beantworten. Dezentes Lächeln. Kurzer Augenkontakt. Blick zur Seite.
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