Die «Ecole de la deuxième chance» heißt jetzt «Ecole nationale pour adultes». Der Name soll weniger stigmatisierend sein.
77 Prozent der Erwachsenen in Luxemburg bilden sich. Das geht aus Zahlen der Statistikbehörde Statec hervor. Ob die Menschen sich weiterbilden, hängt stark davon ab, welchen Schulabschluss sie haben. Bei Untersuchungen in den Jahren 2016 und 2017 fand Statec heraus, dass sich 92 Prozent der Erwachsenen mit einem Hochschulabschluss fortbilden sowie 74 Prozent der Erwachsenen mit einem mittleren Abschluss. Von jenen mit einem niedrigeren Abschluss bildeten sich nur 55 Prozent fort.
Weitere wichtige Faktoren waren das Alter und der Beruf. Jüngere Erwachsene tendierten in der Untersuchung mehr dazu, sich fortzubilden. Das Geschlecht hingegen spielte kaum eine Rolle.
Um Bildung ging es auch gestern im Parlament. Dort wurde die «Schule der zweiten Chance», die 2009 geschaffen wurde, reformiert. Die Schule war geschaffen worden, um jungen Menschen, die die Schule abgebrochen haben, eine Möglichkeit zu geben, die Schule doch noch zu beenden. 1.200 Menschen haben seit der Gründung dieser Schule dort einen erfolgreichen Abschluss geschafft. Die Schule heißt nun nicht mehr offiziell «Ecole de la deuxième chance», sondern «Ecole nationale pour adultes».
Der neue Name spiegele nicht das wider, was das eigentliche Ziel dieser Schule war und noch immer ist, sagte die CSV-Abgeordnete Françoise Hetto-Gaasch. Die CSV-Frau fragte sich, warum das «national» im Namen vorkommt, wo es sich doch nicht um die einzige Schule im Land handele, die solche Kurse anbiete. Auch das «Adulte» sei falsch, weil ja auch Minderjährige hingehen können, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen. Außerdem gebe es eine Altersobergrenze von 30 Jahren. Durch die «irreführende» Namensänderung bestünde die Gefahr, dass das ursprüngliche Ziel aus den Augen verloren geht.
David Wagner («déi Lénk») nannte die Schule «sehr effizient». Die Schüler seien immerhin motivierter als normale Schüler, die ja gezwungen sind, zur Schule zu gehen. Darüber hinaus werde aber bei jedem Schüler einzeln geprüft, wo seine Stärken liegen.
Bildungsminister Meisch erklärte, dass die Idee, die Schule umzubenennen, auf Anregung des Parlamentes umgesetzt wurde. Dieses hatte bei der letzten Reform der Schule dies angeregt. Jeder habe eine zweite Chance verdient, so Meisch. Der Name «Schule der zweiten Chance» könne sich aber negativ auswirken, wenn er in einem Lebenslauf auftaucht. Er impliziere, dass man eine erste Chance nicht genutzt habe, was einige potenzielle Arbeitgeber vielleicht negativ beurteilen. Der neue Name sei in Zusammenarbeit mit der Schule selbst gewählt worden.
Die Gesetzesreform wurde mit 37 Stimmen angenommen. Die CSV enthielt sich. Die ADR gab der CSV zwar in der Sache recht, stimmte trotzdem für die Reform der Schule.
Die Gründung einer Schule der zweiten Chance schrieb sich damals ein in eine europäische Politik, mit der Europa verhindern wollte, dass junge Menschen sozial ausgeschlossen werden. Als Hauptgrund dafür hatten Europapolitiker Schulabbrüche ausgemacht. Grundlage des Konzepts «Schule der zweiten Chance» war ein Weißbuch der Europa-Kommissarin Edith Cresson von 1995. 1998 hatte der damalige LSAP-Abgeordnete René Kollwelter einen Sonderbericht zu dem Thema angefertigt.
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