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Schueberfouer„Mir sinn d’Mullen nogelaf“: Friture Chez Irène, ein Lokal mit Geschichte

Schueberfouer / „Mir sinn d’Mullen nogelaf“: Friture Chez Irène, ein Lokal mit Geschichte
Ein eingespieltes Team: Viele Studierende arbeiten seit mehreren Jahren als Kellner Foto: André Feller

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Im Jahr 1949 gastierte die Friture Chez Irène, damals im Besitz der Familie Léopold Heinerscheid-Faber aus Bartringen, zum ersten Mal auf der Schobermesse. 74 Jahre später besteht das Fouer-Restaurant noch immer. Romain Hoffmann, 64 Jahre jung, hütet das Restaurant wie sein Baby. Dem Tageblatt erzählte der Fouer-Gastronom, wieso er keine Miesmuscheln mehr essen konnte, obwohl er mit der Speise zum Urheber einer neuen Tradition wurde.

Ein Besuch bei der Friture Chez Irène bleibt in Erinnerung. Eine freundliche Empfangsdame begrüßt die Gäste und begleitet sie zum zugewiesenen Tisch. Dies vermittelt den Eindruck eines gehobenen Etablissements.

Trotz 400 Sitzplätzen und jeder Menge Arbeit ist das Personal zuvorkommend, höflich und konzentriert. Chaos ist hier tabu, stattdessen herrscht eine sorgfältige Organisation, wie uns Romain Hoffmann im Tageblatt-Gespräch erklärt.

Im Alter von 20 Jahren begann er, dort zu arbeiten. Es sei damals sowohl ein Studentenjob gewesen als auch ein Job im Familienunternehmen. Die Besitzer waren Hoffmanns damalige Schwiegereltern. Das Fouer-Fieber hatte den 20-Jährigen richtig gepackt. Im Alter von 43 Jahren übernahm er das Unternehmen. „Das ist mein Baby und hier werde ich bleiben, bis der Nagel den Sarg trifft“, sagt Hoffmann.

Auch herzhafte Soßen stehen hoch im Kurs
Auch herzhafte Soßen stehen hoch im Kurs Foto: André Feller

Kein Smartphone während der Schicht

Der Mann wirkt gelassen, hat alles im Blick. Stress sieht man ihm nicht an, den verdrängt er mit Rauchen. Das würde er ausschließlich zur Schobermesse tun, um dem Druck standzuhalten. Unterstützung bekommt er von seiner Frau Danielle, die im Gesundheitswesen berufstätig ist. Der heute 25-jährige Sohn Patrick, Elektrotechniker, ist seit zehn Jahren mit von der Partie. Weil er das Unternehmen fortführen wird, denkt Hoffmann nicht an den Ruhestand, um den Sohn zu unterstützen.

Jeder hat sein Aufgabengebiet. Ehefrau Danielle kümmert sich vorwiegend um die Reservierungen und Tischbelegung. Patrick ist der eigentliche „Chef-chantier“. Er leitet den Auf- und Abbau des Restaurants und ist für den Ausschank verantwortlich. Romain Hoffmann arbeitet hinter den Kulissen und lebt seine Leidenschaft fürs Kochen in der Küche aus. Er zieht die Fäden, kümmert sich um das Personal und verwaltet die Bestellungen im Großhandel. Er ist als Erster morgens im Lokal und verlässt das Restaurant abends spät, wenn alles wieder sauber und geräumt ist. Sauberkeit ist das A und O für den Gastronomen. „Ich hasse es, wenn ich hier morgens versiffte Tische vorfinden würde oder verschmutzte, klebende Böden“, sagt Hoffmann. Auf der Toilette herrscht ebenfalls pingelige Sauberkeit. Dazu hat er eine Raumpflegerin für die Sanitäranlagen eingestellt.

Würden wir hier als Kunde etwas essen wollen? Wären wir als Kunde bereit, diese Preise zu zahlen? Erst, wenn wir beide selbst zufrieden sind, öffnen wir unsere Türen.

Romain Hoffmann, Inhaber

Von der Bedienung erwartet der Mann vor allem Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft, Aufmerksamkeit sowie Präzision und Schnelligkeit. Und diese Eigenschaften legen die jungen Studierenden auch zutage. Von Smartphones und Social Media lässt sich das Personal während der Arbeitszeit nicht ablenken. Die Geräte sind während der Dienstzeit schlichtweg verboten. Auch wenn es die Schobermesse und eine „Kirmesbude“ sei, so gelten dennoch Regeln, verdeutlicht der Chef. Stolz ist er auf jeden Fall auf seine Mannschaft, denn viele Studenten seien ihm über lange Jahre treu. Das Team sei eingespielt, es herrsche gegenseitige Hilfsbereitschaft.

Viele der ehemaligen Studenten kommen heute noch regelmäßig als Kunde. Zwei von ihnen hätten sich bei „Chez Irène“ als Paar zusammengefunden und geheiratet. Auch sie seien heute regelmäßige Kunden.

Um das Wohl der Gäste kümmert sich Romain Hoffmann persönlich. Mehr als einmal am Abend verlässt er die Küche, um sich bei seiner Kundschaft nach ihrer Zufriedenheit zu erkundigen.

Alles im Blick: Romain Hoffmann
Alles im Blick: Romain Hoffmann Foto: André Feller

Wenn die Schobermesse im März beginnt

Die Vorbereitungen trifft das Familienunternehmen bereits im März. Alles wird instand gesetzt und gewartet. Abläufe werden bei Bedarf angepasst und optimiert. Inspirationen für den besten Dienst am Kunden oder neue Deko bringe er von Reisen und Besuchen von Jahrmärkten im Ausland mit. Ein Unternehmen müsse man ständig modernisieren und optimieren. Als er Chez Irène übernahm, sei es „eng richteg Bud“ gewesen, mit 200 Sitzplätzen. Eine Dunstabzugshaube habe es damals nicht gegeben. Heute präsentiert sich die Friture Irène in einem modernen und einladenden Stil. Dieses Jahr hat Romain Hoffmann in neues Mobiliar investiert, wobei er vor Angst mächtig ins Schwitzen kam. Trotz frühzeitiger Bestellung wurde das Material erst beim Aufrichten des Restaurants geliefert, erzählt er. Wenn zur Schobermesse alles startklar sei, stellen er und seine Frau sich für den großen Check-up vor die Tür, mit einer einzigen Fragestellung: Würden wir hier als Kunde etwas essen wollen? Wenn dann etwas nicht gefällt, beispielsweise im Dekor, dann wird halt umgebaut, bis es passt. Das Gleiche bei der Preisgestaltung der Menükarte: Wären wir als Kunde bereit, diese Preise zu zahlen, lautet die nächste Frage. „Erst, wenn wir beide selbst zufrieden sind, öffnen wir unsere Türen“, sagt der Jahrmarktgastronom.

In den 43 Jahren hat sich vieles verändert. Das Erscheinungsbild, die doppelte Kapazität, die Menükarte und die Vorlieben der Kunden. Heute müsse man auch Gerichte für jüngere Generationen anbieten. Sehr beliebt ist vor allem Fleisch, aber auch Muscheln oder Salate stehen hoch im Kurs. Vor 20 Jahren hat Hoffmann als erster Kirmesgastronom die Miesmuscheln eingeführt. Damals musste er eine Sondergenehmigung beim Gesundheitsamt beantragen. Muscheln durften nur in Monaten mit dem Buchstaben R serviert werden.

Für das Marketing ließ er sich eine besondere Idee einfallen. „Ich setzte mich jeden Abend an einen gut sichtbaren Fensterplatz, um dort Muscheln zu essen. Die Leute sollten das sehen und so neugierig auf die neue Karte werden“. Das klappte hervorragend, hatte aber eine Nebenwirkung: „Nach ein paar Tagen konnte ich keine ‚Mullen‘ mehr sehen“, erzählt er heute lachend.

Die Philosophie des Familienunternehmens macht sich bezahlbar. Die Kunden seien immer zufrieden, die meisten langjährige Stammgäste. Viel Lob ernte er nicht nur wegen der Qualität der Speisen, der Freundlichkeit und der effizienten Bedienung, sondern auch wegen der Sauberkeit. Man dürfe die Kunden nicht nach dem Motto „Iess, bezuel a géi“ abfertigen, sagt Hoffmann.