Rund 500 Tage nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zählen die Vereinten Nationen mehr als 9.000 zivile Todesopfer – darunter mehr als 500 Minderjährige. Das teilte die UN-Menschenrechtsmission am Freitag mit. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich deutlich höher. Berichte über eine mögliche Lieferung international geächteter Streumunition aus den USA an die Ukraine stießen auf gemischte Reaktionen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reiste aus Tschechien in die Slowakei und wurde danach zu einem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Istanbul erwartet.
Berichte über anstehende US-Lieferungen von Streumunition an die Ukraine lösten Debatten aus. Als Streumunition werden Raketen und Bomben bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel bersten und viele kleine Sprengkörper – sogenannte Submunition – verstreuen oder freigeben. Viele dieser Sprengkörper detonieren aber nicht sofort, sondern bleiben als Blindgänger liegen und gefährden die Bevölkerung auch noch Jahre nach Konflikten.
US-Medien hatten am Donnerstag unter Berufung auf Regierungsquellen über geplante Lieferungen berichtet. Das Pentagon wollte dies zunächst nicht bestätigen. „Ich möchte anmerken, dass die Russen bereits Streumunition auf dem Schlachtfeld eingesetzt haben“, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder aber. Das UN-Menschenrechtsbüro in Genf forderte einen umgehenden Stopp des Einsatzes von Streumunition und rief Russland und die Ukraine auf, dem Übereinkommen beizutreten, das den Einsatz, die Herstellung und Weitergabe bestimmter Typen Streumunition verbietet. Mehr als 100 Staaten haben es unterzeichnet, die USA sind nicht darunter.
Selenskyj setzt seine Reise fort
Nach seinem Besuch in Prag traf Selenskyj in der slowakischen Hauptstadt Bratislava ein. Die an die Ukraine grenzende Slowakei gehört zu den vehementesten Unterstützern des Nachbarlands. Anschließend sollte Selenskyj nach Istanbul weiterreisen. Beim Gespräch mit Erdogan soll es türkischen Angaben zufolge unter anderem um das Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer gehen, das am 17. Juli ausläuft. Russland droht damit, die unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei im Sommer vorigen Jahres geschlossene Vereinbarung nicht zu verlängern.
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben nahe der russisch kontrollierten Stadt Bachmut im Donezker Gebiet kleine Erfolge verzeichnet. Bachmut wurde von russischen Truppen nach monatelangen Kämpfen im Mai erobert und komplett zerstört. Anfang Juni hatte die Ukraine eine Gegenoffensive begonnen, die nur langsam vorankommt.
Die Zahl der Toten nach dem Raketenangriff auf die westukrainische Stadt Lwiw in der Nacht zum Donnerstag stieg derweil auf zehn. Nach ukrainischen Angaben wurden bei dem Angriff auf ein Wohngebiet 42 Menschen verletzt, unter ihnen drei Kinder.
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