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FrankreichMehr als 1.300 Festnahmen in vierter Unruhe-Nacht – Waffen gestohlen, Rathäuser angegriffen, Explosion in Postamt

Frankreich / Mehr als 1.300 Festnahmen in vierter Unruhe-Nacht – Waffen gestohlen, Rathäuser angegriffen, Explosion in Postamt
Nanterre, 30. Juni 2023 Foto: Aurelien Morissard/AP

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Nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf einen 17-Jährigen ist es in Frankreich in der vierten Nacht in Folge zu gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Landesweit wurden dabei 1.311 Menschen festgenommen, erklärte das französische Innenministerium am Samstag (1.7.). In der Nacht wurden nach ersten Informationen 79 Polizisten und Gendarmen verletzt. Nach Angaben der Regierung nahm die Gewalt jedoch insgesamt ab.

Waffenkammer geplündert, Rathäuser angegriffen

1.350 Autos sind dem Innenministerium zufolge ausgebrannt. Insgesamt habe es 2.560 Brandherde auf öffentlichen Straßen gegeben. Außerdem seien 31 Polizeiwachen angegriffen worden. In der vorherigen Nacht waren den Behörden zufolge noch 1.900 Autos ausgebrannt.

Während es im Großraum Paris ruhiger zuzugehen schien als in den Nächten zuvor, spitzte sich die Lage im Süden Frankreichs zu: In Marseille wurde Medienberichten zufolge eine Waffenkammer geplündert und sieben Gewehre gestohlen. Die Polizeigewerkschaft Alliance Police sprach im Fernsehsender franceinfo von einer „Nacht voller Chaos mit Szenen beispielloser Gewalt gegen die Polizei, Plünderungen, Mörserfeuer“.

In Lyon explodierte ein Postamt. Im ganzen Land wurden Rathäuser in Brand gesteckt. Ab Samstagnachmittag richten sich die Blicke wieder auf Nanterre, dem Heimatort des erschossenen 17-Jährigen nahe Paris. Er soll dort beigesetzt werden. Medienberichten zufolge wünscht die Familie keine Journalisten bei der Beerdigung. Beobachter befürchten, dass die Beisetzung das Klima erneut aufheizen könnte. (dpa)

Den vorläufigen Zahlen des Innenministeriums zufolge wurden in der Nacht auf Samstag 1.350 Fahrzeuge angezündet, 234 Gebäude in Brand gesetzt oder beschädigt und 2.560 Brände auf Straßen gezählt. Die Zahl der Festnahmen erhöhte sich der Bilanz zufolge im Vergleich zur Vornacht um mehr als 400 Menschen auf insgesamt 1.311.

Eine Einsatzkraft der Feuerwehr benutzt einen Wasserschlauch an einem brennenden Bus in Nanterre, außerhalb von Paris.
Eine Einsatzkraft der Feuerwehr benutzt einen Wasserschlauch an einem brennenden Bus in Nanterre, außerhalb von Paris. Foto: Lewis Joly/AP/dpa

In den Städten Marseille, Lyon und Grenoble plünderten umherziehende Gruppen Geschäfte. In Marseille brach in einem Supermarkt ein größeres Feuer aus – der Brand stehe „mit den Ausschreitungen in Verbindung“, hieß es aus Polizeikreisen. Im Zentrum von Marseille schleuderten junge und oft maskierte Demonstranten Objekte auf Polizeitransporter, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachteten. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Tränengas.

Auch in Paris gingen die Unruhen weiter. Nach Angaben der Behörden handelt es sich bei den Randalierern um mobile, vernetzte und oft „sehr junge“ Menschen.

45.000 Kräfte mobilisiert

Bei einem Besuch in Mantes-la-Jolie westlich von Paris sprach Innenminister Gérald Darmanin am Samstag trotz der erneuten Ausschreitungen von einer „deutlich geringeren Intensität“ der Gewalt verglichen mit den Vornächten.

Die französischen Behörden hatten ihre Maßnahmen am Freitag nochmals verschärft, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen. 45.000 Polizisten und Gendarmen wurden mobilisiert, das waren etwa 5.000 mehr als in der Vornacht.

Protestierer blockieren eine Straße mit Mülleimern in Colombes, außerhalb von Paris
Protestierer blockieren eine Straße mit Mülleimern in Colombes, außerhalb von Paris Foto: Lewis Joly/AP

Zudem wurde als neue Maßnahme ab 21.00 Uhr landesweit der Verkehr von Bussen und Straßenbahnen eingestellt. Auch wurden mehrere Großveranstaltungen wurden abgesagt.

Der Verkauf von Feuerwerkskörpern, Benzinkanistern sowie entzündlichen und chemischen Produkten wurde systematisch unterbunden. Mindestens drei Gemeinden in der Nähe von Paris sowie mehrere andere Orte verhängten nächtliche Ausgangssperren.

„Instrumentalisierung des Todes eines Jugendlichen“

Präsident Emmanuel Macron hatte zuvor auf einer Krisensitzung eine „inakzeptable Instrumentalisierung des Todes eines Jugendlichen“ angeprangert. Rund ein Drittel der Festgenommenen seien „jung, manchmal sehr jung“. Macron appellierte an die Eltern, dafür zu sorgen, dass sich ihre Kinder nicht an den gewaltsamen Protesten beteiligten.

Die Proteste und Ausschreitungen waren durch den Tod des 17-jährigen Nahel M. ausgelöst worden. Der Jugendliche, dessen Familie aus Algerien stammt, war am Dienstag bei einer Verkehrskontrolle in der Pariser Vorstadt Nanterre von einem Polizisten erschossen worden. Am Samstagmittag begannen in Nanterre die Trauerfeierlichkeiten, die Beerdigung sollte am frühen Nachmittag stattfinden.

Eine Gruppe von Polizisten geht während Ausschreitungen in Nanterre, außerhalb von Paris
Eine Gruppe von Polizisten geht während Ausschreitungen in Nanterre, außerhalb von Paris Foto: Lewis Joly/AP

Der Tod des Jugendlichen ließ den Groll vieler Menschen gegen mutmaßliches „racial profiling“ der Polizei in den einkommensschwachen und multikulturellen Vororten Frankreichs wieder aufflammen. Von „racial profiling“ ist die Rede, wenn Menschen wegen ihrer äußeren Merkmale, etwa der Hautfarbe, kontrolliert werden.

Gegen den mutmaßlichen Schützen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Ihm wird laut Staatsanwaltschaft „vorsätzliche Tötung“ vorgeworfen. Nach Angaben seines Anwalts bat der in Untersuchungshaft sitzende Beamte die Familie des Opfers um Verzeihung.

JJ
1. Juli 2023 - 19.08

"Racial profiling" oder " social profiling" ? Jaja. In einer Zeit wo es eine Schande ist Indianer zu spielen oder Winnetou anzuschauen darf man sich nicht wundern,dass ein Polizist keinen Farbigen mehr um die Papiere bitten darf. Was jetzt in Frankreich abgeht hat aber eine tiefere Ursache. JEDE Gelegenheit ist gerade recht wieder Krawall zu machen. Die sogenannten sozialen Medien sind Katalysatoren für fragile Hirne ,den Frust und die Spannungen abzuladen gegen den erklärten Feind,das Establishment. Wenn Kinder ab 5 Jahren den halben Tag damit verbringen Schwachsinn auf dem "Smartphone" in ihr noch leeres Hirn einzusaugen,dann wünscht man sich doch glatt die Religionslehrer in die Klassen zurück.Die Eltern scheinen ihre Aufgaben nicht mehr meistern zu können und geben eben den Instanzen die Schuld die jetzt von ihrer "progéniture" angegriffen werden. So gesehen in einem Video aus Nanterre in dem die Mutter des "Helden" sich als Mutter der Gerechtigkeit auf einem Autodach anpreisen läßt. Dass sie dabei nur Benzin ins Feuer gießt ist sie sich nicht einmal bewußt. Ein Volksfest der einfachen Gemüter. Das ist keine Demo mehr,das ist Anarchie.