Kopf des TagesMarcel Meisch: lokaler „Influencer“

Kopf des Tages / Marcel Meisch: lokaler „Influencer“
Dieses Foto von 2014 zeigt Marcel Meisch im Differdinger Gemeinderat Foto: Tageblatt-Archiv

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Marcel Meisch verstarb am Freitag

Sein Juwelierladen im Differdinger Zentrum, in dem der gelernte Uhrmacher nicht nur in handwerklicher Nachhaltigkeit die Zeitmesser seiner Kunden reinigte und auf Vordermann hielt, sondern auch Reparaturen durchführte, war lange Jahre eine Anlaufstelle für viele, die ihre Ideen in das Differdinger Lokalgeschehen einbringen wollten. 

Marcel Meisch verstarb am Freitagabend nach langer Krankheit im Alter von 72 Jahren, wie sein Sohn François auf Facebook mitteilte. In den frühen 90ern begann er sich intensiver in die Geschicke der Stadt Differdingen einzubringen. So hauchte er dem ältesten Weihnachtsmarkt des Landes, der lange vor Luxemburg-Stadt oder Esch Besucher in die von der Stahlkrise arg gebeutelte drittgrößte Kommune des Landes gelockt hatte, wieder neues Leben ein. Lange wurde dieser Markt in enger Zusammenarbeit mit dem Tageblatt ausgerichtet. Als Präsident des lokalen Geschäftsverbandes war er einer der Initiatoren dieser Kooperation und bei den jeweiligen Eröffnungen so immer in der ersten Reihe zu finden. Dieser Platz behagte ihm eigentlich nicht so recht; gern hielt er sich im Hintergrund oder, wie ein Mitstreiter des Geschäftsmannes mit ideologisch gefestigtem Weltbild bemerkte: „Er ging vielleicht nicht auf die Menschen zu, doch diese kamen regelmäßig und oft auf ihn zu.“

Meisch sei ein Mann von Idealen gewesen, ein intellektueller Gestalter, der nicht nur den Weihnachtsmarkt, sondern auch den lokalen Geschäftsverband auf eine hohe Ebene gebracht habe und neben dem Einsatz für ein geschäftsfreundliches Stadtzentrum vieles probierte, um den lokalen Handel zu fördern. Auch an der Organisation einer „Foire commerciale“ in der Oberkorner Mehrzweckhalle, die einige Jahre stattfand, versuchte sich der Juwelier, der ebenfalls im Vereinsleben, so etwa bei der „Harmonie municipale“, aktiv war. 

Als Präsident der Differdinger DP-Sektion war er einer der maßgebenden Köpfe hinter dem, was als erster Differdinger Putsch in die politische Lokalgeschichte einging und um die Jahrtausendwende mit einem Machtwechsel im Rathaus endete. Sein Sohn Claude wurde Nachfolger von Marcel Blau (LSAP) und Bürgermeister. Bei den Kommunalwahlen 2005 konnte Marcel Meisch den Wahlsieg von Claude beobachten: Die DP errang 43 Prozent der Stimmen und acht Sitze; ein Erfolg, den die DP nicht langfristig halten konnte. Claudes Bruder François unterlag bei den letzten Gemeindewahlen mit dramatischer Klarheit dem damaligen Hauptkontrahenten Roberto Traversini und den Grünen, derweil Claude Meisch mittlerweile in zweiter Legislatur Bildungsminister ist.

Marcel Meisch, der vor wenigen Jahren seine Gattin zu Grabe tragen musste, hinterlässt drei Söhne. Neben den beiden politisch aktiven Claude und François auch Michel, der zurzeit Präsident der lokalen Harmonie ist. Das Tageblatt entbietet der Familie des Verstorbenen sein aufrichtiges Beileid.