Da sind wir mal wieder mit einem blauen Auge davongekommen: Janez Jansa ist erst einmal weg vom Fenster. Und Marine Le Pen hat es erneut nicht ins Schaufenster geschafft. Nur: Dass es eine rechtsextreme Politikerin wie Le Pen zweimal hintereinander bis ins Finale um die französische Präsidentschaft schafft, lässt sich nicht schönreden. Dennoch sollte man die Feste feiern, wie sie fallen: Für die demokratischen Werte in der Europäischen Union war der gestrige Wahltag ein guter Sonntag!
Mit dem Rechtspopulisten Jansa entledigen sich die slowenischen Bürger nicht nur eines ausgesprochenen Unsympathen an der Spitze ihrer Regierung – der ungarische Premier Viktor Orban verliert gleich mit: Nach dem österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz und dem tschechischen Premier Andrej Babis hat sich nun sein dritter Verbündeter innerhalb weniger Monate aus der politischen Verantwortung verabschiedet. Außerdem hat Polens Regierung Orban wegen dessen Nähe zu Russland bereits den Rücken gekehrt.
Der Blick der ganzen Welt aber richtete sich gestern auf Frankreich, wo die Wähler mit der Niederlage Le Pens gegen den amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron ganz Europa etwas Luft zum Atmen verschafft haben. Und Frankreich etwas Zeit, seine Politik und sein Wahlsystem zu überdenken. Macron hat zwar erneut gewonnen, aber sein Ergebnis war nur mäßig überzeugend. Und ein rechtsextrem regiertes Frankreich kann Europa auch in Zukunft nicht gebrauchen.
Auch wenn das Ergebnis letzten Endes deutlicher ausfällt als gedacht: Überschwängliche Freude ist nicht angebracht. Von seinem triumphalen Erfolg vor fünf Jahren ist Macron weit entfernt. Die einstige Aufbruchstimmung ist einer Desillusion gewichen, untermauert von der Gewissheit, eine Wahl des geringeren Übels gewonnen zu haben. Viele halten Macron immer noch für einen guten Präsidenten. Allerdings ist die Zahl jener Franzosen, die ihn für gesellschaftliche Ungleichheiten und den Abbau sozialer Errungenschaften verantwortlich machen, ihm Arroganz und Nähe zu den Eliten vorwerfen, weiter gewachsen.
Ein Erdbeben bleibt Frankreich fürs Erste zwar erspart. Europas Polit-Elite sollte Macrons Zittersieg aber als das erkennen, was es wirklich ist: ein Warnsignal. Zu oft sind die europäischen Staaten in den letzten Jahren an einem Rechtsruck vorbeigeschrammt. Zu sehr wurden die gemäßigten Parteien derart geschwächt, dass (zu) viele Wähler in die Extremen flüchten – angespornt von einer bürgerfernen Politik, die zwar auf Resultate abzielt, Menschen dafür aber auf der Strecke lässt.
In Europa wütet derzeit ein Krieg. Ein Angriff Russlands auf die Ukraine, ein Anschlag von Putins Autokratie gegen die westliche Demokratie. Es herrschen Zeiten, die dazu verleiten, den jüngsten Wahlergebnissen eine erhöhte Aussagekraft zuzuschreiben. So hat Putins Krieg den Europäern deutlich vor Augen geführt, wohin Autokratie und Extreme, die Kaltstellung von Opposition, Medien und Justiz letztendlich führen: mitten hinein in die große Katastrophe.
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