Die Ukraine braucht Hilfe: militärisch und ökonomisch. Gerade mit Sanktionen tut sich Luxemburg aber schwer – ein Plädoyer für mehr Transparenz.
Es erschlägt einen, wenn man Experten-Einschätzungen liest: Der Abnutzungskrieg hat längst begonnen. Heißt: Zeit, Finanzen und Material entscheiden über Sieg oder Niederlage. Machen wir uns also nichts vor: Westliche Alliierte können den Ukraine-Krieg nur militärisch, ökonomisch und diplomatisch beeinflussen. Was heißt dies aber für Luxemburg?
Die hiesige Armee zählt knapp 1.000 Soldaten. Etwa ein Zehntel davon sind Militärmusiker – wer auf Kriegsmaterial aus dem Großherzogtum zählt, träumt. Die hiesigen Bemühungen sind angesichts des Kriegs in der Ukraine eher Symbolpolitik. Umso mehr versucht die Regierung im Rahmen der Cybersicherheit ihren NATO-Beitrag zu leisten. Ein konkretes Beispiel: die sogenannte „Luxembourg Cyber Defence Cloud“ (LCDC). Wo schweres Kriegsgerät Mangelware ist, will man mittels Cyberwarfare helfen.
Aber selbst Pazifisten dürften damit einverstanden sein: Eigentlich könnte Luxemburg ganz ohne kriegerische Unterstützung sehr, sehr viel hilfreicher sein. Denn: Ein Land, das sich derart mit seinem Finanzplatz brüstet, kann angesichts eines genozidalen Kriegs nicht beim „Weiter so wie bisher“ bleiben. Doch genau das versucht man: Der Kampf gegen Kreml-nahe Oligarchen, deren Gelder bei uns durchfließen, wirkt halbherzig – teils gar irreführend.
Beispiel 1: Am 7. Juni schickt das Finanzministerium eine Mitteilung an die Presse. Liest man den Text in aller Schnelle, drängt sich der Eindruck auf: Wow, die Regierung hat innerhalb kürzester Zeit russische „avoirs“ in Höhe von 4,267 Milliarden Euro eingefroren. Der kleine Haken: Es wird zwar präzisiert, dass es sich um Bankaktiva und Wertpapiere handele – allerdings bleiben die wichtigen Details unklar. Denn im ersten Schreiben heißt es: „Auf Ersuchen des Finanzministeriums ermittelte das Luxembourg Business Register (LBR) die im Handels- und Gesellschaftsregister (RCS) eingetragenen Unternehmen, für die in den Sanktionslisten aufgeführte Personen verzeichnet sind. Bisher wurden über 90 Personen und 1.100 Rechtsträger benannt.“ Der erste Dreher: Gemeint sind 1.100 Personen und 90 Rechtsträger. So etwas kann vorkommen, zu kleinlich sollte man auch wieder nicht sein.
Aber auf Nachfrage des Tageblatt stellt sich heraus: Diese Angabe bezieht sich allgemein auf den gesamten Umfang der EU-Sanktionen – beim Lesen entsteht jedoch der Eindruck, Luxemburg habe diese Zahl an Personen und Rechtsträgern in seinem eigenen Geschäftsregister identifiziert. Warum so etwas relevant ist? Na ja, weil es zeigt, wie zögerlich die Politik mit russischen Kunden umgeht: Die Gesamtsumme eingefrorener Assets wird zwar genannt, wie viele „Bizness“-Leute und -Entitäten aber konkret involviert sind, bleibt unklar. Der bittere Nachgeschmack: Das Finanzministerium hat seine Sanktionspolitik vermutlich arg über Wert verkauft.
Inwieweit dieses politische Informationschaos System hat, ist nur schwer ersichtlich. Umso mehr drängen sich Nachfragen auf – um Informationen zu erhalten, aber auch um die Kommunikationspolitik der Regierung zu verstehen sowie kritisch zu begleiten. Das Finanzministerium erhält also einen ersten überschaubaren Fragenkatalog: Am 9. Juni bekommt das Tageblatt Antworten. Hier eine Kostprobe, Beispiel 2:
„Tageblatt: Um welche Entitäten bzw. Personen handelte es sich? (bzw. in welchen Branchen waren diese tätig?)
FM: K.A.“
Während Fragen zur Meldepflicht von Finanzdienstleistern, Anwälten und Notaren mit Allgemeinplätzen beantwortet werden, heißt es bei der konkreten Frage, ob bislang Unregelmäßigkeiten beantwortet wurden:
„Tageblatt: Stellen Sie hier (vermutete) Unregelmäßigkeiten fest?
Luxemburg setzt die Sanktionen der EU um.“
Nun sei an dieser Stelle die Frage erlaubt: Worum geht es der Regierung eigentlich? Durch öffentlichen und finanziellen Druck Putins Kumpels rund um den Globus ins Schwitzen zu bringen? Oder den vermeintlich guten Ruf des Finanzplatzes zu schützen? Wenn nämlich Ersteres die Zielsetzung ist, so liegt folgender Verdacht nahe: 4,2 Milliarden Euro an eingefrorenen Russen-Assets mögen zwar viel sein, doch entfaltet die Anonymität rund um diese Sanktionspolitik kaum ihren gewünschten Effekt. Denn: Wenn nicht einmal klar ist, wie viele Fälle sich konkret hinter dieser Summe verstecken, wie soll so eine kritische Gegenöffentlichkeit in Luxemburg entstehen? Geht es aber um die Wahrung unserer „Cash cow“, stellt sich die Frage leicht anders: Will die Regierung Putins faschistisches Morden in der Ukraine mitbeenden oder nur schöne Schlagzeilen?
A. wivill vun eisen Politiker bezei'en nach Geld vun russechen Institutiounen ?
Da es ja eh wieder nicht veröffentlicht wird : Die EU hat sie ja nicht mehr alle!