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Prozess in TrierLuxemburger Familie um 1,5 Millionen Euro betrogen: Wahrsagerin verurteilt

Prozess in Trier / Luxemburger Familie um 1,5 Millionen Euro betrogen: Wahrsagerin verurteilt
 Symbolfoto: dpa/Jordan Raza

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Nach zwei Verhandlungstagen ist das Urteil gegen eine Wahrsagerin gefallen. Sie hatte über einen Zeitraum von zehn Jahren eine Familie um 1,5 Millionen Euro betrogen. Angeblich sollte auf der Familie ein tödlicher Fluch liegen.

Auch am zweiten Prozesstag war der Zuschauerraum des Landgerichts Trier am Dienstag prall gefüllt. Angehörige, Zeugen und Besucher tummelten sich auf den Zuschauerbänken, um das Urteil abzuwarten, dass der Vorsitzende Richter Hardt für diesen Verhandlungstag angekündigt hatte. Zunächst musste jedoch die Beweisaufnahme abgeschlossen werden.

Zur Erinnerung: Auf der Anklagebank saßen drei Beschuldigte, ein vierter ist seit Februar 2023 untergetaucht. Eine 55-Jährige, die zehn Jahre lange als persönliche Wahrsagerin und Wunderheilerin der Opfer fungiert hatte, ihr 71-jähriger Ehemann sowie ihre 28-jährige Schwiegertochter. Letztere sollen in je einem Fall bei einer der insgesamt 61 zur Last gelegten Straftaten geholfen haben.

Das wurde der Wahrsagerin vor Gericht vorgeworfen

Die Wunderheilerin hatte der Familie versichert, auf ihnen würde ein tödlicher Fluch liegen. Sie selbst könne diesen jedoch auf Bargeld und Schmuck umleiten, dieses dann reinigen und zu einem späteren Zeitpunkt zurückgeben. Über den Zeitraum von zehn Jahren hatte sie so laut Aussage der Opfer circa 1,5 Millionen Euro erbeutet. Angeklagt war sie jedoch nur wegen 750.000 Euro. Betrug verjährt in Deutschland nach fünf Jahren.

Am Prozesstag wurden drei letzte Zeugen vernommen: zwei Familienmitglieder und der leitende Ermittler der Trierer Polizei. Der jüngste Sohn der Familie war gerade einmal zwölf Jahre alt, als der Betrug seinen Lauf nahm. Laut eigener Aussage soll er in diesem Alter fast täglich sogenanntes „Heilwasser“ zu trinken bekommen haben, das ihn vor dem Fluch habe schützen sollen. Im Alter von 16 habe er so fest an die dunkle Magie geglaubt, dass er es auch nicht infrage stellte, als die Wahrsagerin ihm verbot, Freunde zu treffen und ihm all seine Sportartikel wegnahm. Zu seinem Schutz, versteht sich.

„Ich habe diese Frau mehr geliebt als meine eigene Familie“, sagt der mittlerweile erwachsene Mann aus. So tief habe der Einfluss der Wahrsagerin gereicht. Sie habe Dinge über ihn gewusst, die sie unmöglich wissen konnte. Das habe in ihm den Eindruck erweckt, sie verfüge über magische Kräfte. Ein möglicher Erklärungsansatz dafür ist das sogenannte „Cold Reading“ („Kalte Deutung“): eine spezielle Gesprächstechnik, die von Zauberern und Wahrsagern eingesetzt wird, um den Eindruck zu vermitteln, Gedanken lesen zu können.

Ebenfalls sagte seine Mutter aus, eine 71-jährige ehemalige Beraterin der Europäischen Kommission. Sie bestätigt die Aussagen der vorangegangenen Zeugen. Sie sei fest davon ausgegangen, das Geld wieder zurückzuerhalten. Das Verhältnis zu den Angeklagten sei bis zuletzt freundlich, ja familiär gewesen. Sie hatten sogar Kopien der Ausweisdokumente der Wahrsagerin erhalten, um diese zu überprüfen. Die Echtheit bestätigt der zuletzt aussagende Hauptermittler.

Geständnis und zuvor nie straffällig geworden

Da die Angeklagten am ersten Prozesstag bereits gestanden hatten, fordert die Staatsanwaltschaft für die Hauptangeklagte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten. Man müsse ihr ihr Geständnis zugutehalten. Außerdem sei sie davor nie straffällig geworden. Zudem sei sie seit zwei Jahren an Demenz erkrankt und pflegebedürftig. Nichtsdestotrotz habe sie die Familie durch ihre Taten fast in den Ruin getrieben und ihnen großes seelisches Leid zugefügt. Für ihre beiden Komplizen fordert er Bewährungsstrafen.

Die Verteidiger schließen sich diesen Anführungen in großen Teilen an. Man müsse jedoch auch mildernd hinzufügen, dass die Opfer den Angeklagten durch ihre Naivität leichtes Spiel gemacht hätten. „Der Unrechtsgehalt sei aufgrund des niedrigen Tataufwands daher als gering einzustufen“, heißt es im Juristendeutsch. Für die Hauptangeklagte werden drei Jahre und neun Monate gefordert.

Das Urteil fällt bereits nach fünfzehn Minuten. Die Hauptangeklagte wird zu vier Jahren Haft verurteilt. Außerdem bestehe Fluchtgefahr, da ihr Sohn versuchen könnte, sie außer Landes zu schaffen. Daher wird sie von der U-Haft direkt in den regulären Vollzug versetzt. Ihre Komplizen kommen mit Bewährungsstrafen davon.

Leila
28. Juli 2023 - 23.09

Wie jetzt? Vorher hieß es 750 000€ und jetzt das Doppelte? Was stimmt? Würde mich nicht wundern, wenn die Wahrsager-Clique davor schon bei anderen die Kristallkugel zückte, das elfte Gebot einhielt und deshalb "nie straffällig" wurde. Bei einem Zubrot von 1,5 Mio € hat man keine anderen "Kunden" mehr nötig...

viviane
28. Juli 2023 - 11.30

"Wahrsagerin verurteilt" Hat sie das denn nicht vorausgesehen? ?

Romain
28. Juli 2023 - 11.03

Wie kann man so dumm sein und etwas von so einem glauben