Headlines

GrenzgängerLuxemburg-Pendler: Debatte um Homeoffice-Tage geht in den Nachbarländern weiter

Grenzgänger / Luxemburg-Pendler: Debatte um Homeoffice-Tage geht in den Nachbarländern weiter
Verkehr auf dem Gaspericher Kreuz: Pendler aus den Nachbarländern wollen mehr Homeoffice Symbolfoto: Editpress-Archiv/Julien Garroy

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Arbeit im Homeoffice ist nicht per se umweltfreundlicher, als jeden Tag zur Arbeit zu fahren. Das zeigt eine neue Studie. Währenddessen werden sowohl in Deutschland als auch in Frankreich und Belgien Debatten geführt. Eine einheitliche Lösung für die Arbeit zu Hause ist für die Luxemburg-Pendler noch nicht in Sicht.

Wer nicht jeden Tag zur Arbeit fährt, spart Geld und tut etwas für die Umwelt. So einfach geht die Rechnung für die Grenzgänger aus Deutschland, Belgien und Frankreich allerdings leider nicht auf, wie eine neue Studie der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in der EU aus Dublin nun ergibt. Somit ist Telearbeit nicht zwangsläufig eine gute Idee, um die Umwelt zu schützen und die Auswirkungen auf das Klima zu verbessern. Das berichtet der Trierische Volksfreund

So hat die Corona-Pandemie die Ungleichheiten zwischen Stadt und Land verschärft, heißt es von Studienleiterin Martina Bisello: „Telearbeitbare“ Arbeitsplätze, also Jobs, die überhaupt erst das Homeoffice ermöglichen, gibt es viel mehr in den Großstädten und relativ wenig auf dem Land. Allerdings: Mit der Möglichkeit, mehr von zu Hause aus zu arbeiten, ziehen die Arbeitnehmer zunehmend in Erwägung, aus der Stadt und ihren Vororten in ländlichere Gegenden zu ziehen, in denen vor allem die Immobilienpreise viel niedriger sind.

Schont Homeoffice wirklich die Umwelt?

Ein weiter vom Büro entferntes Zuhause bedeutet jedoch auch einen längeren Weg, wenn der Arbeitnehmer dann (wieder) zur Arbeit kommt. Denn während die Beschäftigten vorher womöglich ihre Kinder zur Schule brachten, Sport trieben und auf dem Weg zur Arbeit Besorgungen machten, müssen sie diese Dinge jetzt getrennt erledigen. Dies könnte laut der Studie dazu führen, dass Grenzgänger in dieser Zeit mehr Kraftstoff verbrauchen.

Deshalb haben die Forscher vier Elemente für die Kosten-Nutzen-Bewertung ermittelt: die Häufigkeit der Telearbeit, das Verkehrsmittel, die Entfernung der Fahrt und die Nutzung des eigenen Fahrzeugs.

Beispiel: Das Ausmaß des Energieverbrauchs hängt zwar vom Standort ab, aber „im Sommer haben Büros im Vergleich zu Privathaushalten im Durchschnitt einen höheren Energiebedarf, wenn eine Kühlung erforderlich ist“, so die Forscher. „Im Gegensatz dazu ist das Heizen im Winter in Bürogebäuden aufgrund zentralisierter Systeme und der Nähe zu anderen Angestellten effizienter. Infolgedessen ist das Heizen von Wohnungen im Winter besonders energieintensiv, da der Heizungsverbrauch im Allgemeinen von Öl und Gas dominiert wird.“ Eine Logik, die gerade im kommenden Herbst und Winter wohl an Bedeutung gewinnen wird.

Ungewissheit in Belgien, Ungeduld in Frankreich

Derweil gehen die einzelnen Nachbarländer Luxemburgs unterschiedlich mit der Förderung der Homeoffice-Arbeit um: Während es in Deutschland derzeit trotz einer Ankündigung aus dem Bundesfinanzministerium keine Bewegung dahingehend gibt, die Steuerfreiheit von Homeoffice-Tagen über die bestehende 19-Tage-Regelung hinaus auszuweiten, werden auch die belgischen Grenzgänger immer ungeduldiger. Denn über die Anzahl der Tage, die belgischen Grenzgängern zustehen, bevor sie in ihrem Wohnsitzland steuerpflichtig werden, gibt es aktuell Ungewissheit.

Zwar haben sich Belgien und Luxemburg darauf verständigt, die Zahl der steuerfreien Homeoffice-Tage von 24 auf 34 zu erhöhen. Der Handschlag zwischen den Ministern und die Kommunikation über soziale Netzwerke haben dem Ganzen sogar den Anschein des Offiziellen verliehen. In Luxemburg wurde der Gesetzesentwurf dazu folglich schnell in der Abgeordnetenkammer verabschiedet. In Belgien, wo es über 2.000 Tage gedauert hatte, bis das Abkommen überhaupt verhandelt wurde, war jedoch noch nichts vorgesehen.

Das bringt Arbeitgeber wie Beschäftigte derzeit in Bedrängnis. Die Luxemburger Bankengewerkschaft Aleba teilt deshalb bereits mit, dass man „nicht mehr mit 34 Tagen, sondern mit 24 kommuniziere“. Schließlich liegt die Gefahr nahe, dass Beschäftigte ihre Chefs wegen Steuernachzahlung verklagen könnten.

Doch woran liegt’s? Der belgische Botschafter in Luxemburg, Thomas Lambert, bringt Licht ins Dunkel und erklärt: „Das Zustimmungsgesetz nimmt seinen normalen Lauf. Der Text wird im Herbst in guter Abstimmung zwischen den beiden Ländern verabschiedet.“ Demnach könnten die 34 zulässigen Tage ab dem Steuerjahr 2022 gelten.

Petition fordert Homeoffice-Tage für Frankreich-Pendler

Und auch in Frankreich haben die Grenzgänger allmählich die Nase voll und fordern mehr Rechte. So gibt es eine Petition von Valentin Pernot für zwei Tage Telearbeit in der Woche zugunsten französischer Grenzgänger in Luxemburg bei der französischen Nationalversammlung. Allerdings muss die Petition mindestens 100.000 Unterschriften sammeln, damit eine Debatte über dieses Thema im Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stattfinden kann, und 500.000 für eine mögliche Debatte in der öffentlichen Sitzung.

„Der Erfolg der Petition, die bei der Abgeordnetenkammer in Luxemburg eingereicht wurde, hat mich dazu veranlasst, das Gleiche in meinem Wohnsitzland zu tun“, erklärt Pernot, der in der Nähe von Thionville wohnt. In Luxemburg hatte vor wenigen Tagen die in Belgien lebende und im Großherzogtum arbeitende Französin Sabrina Litim in weniger als 24 Stunden die erforderlichen 4.500 Unterschriften zur öffentlichen Parlamentsdebatte über „zwei Tage Telearbeit pro Woche für alle, auch für Grenzgänger“ erreicht.

Ihrem Landsmann Pernot ist durchaus bewusst, dass 100.000 Unterschriften „enorm sind“. Sein Ehrgeiz ist demnach auch eher, „dass Telearbeit ein aktuelles Thema bleibt, dass der Wunsch nach mehr Flexibilität im Berufsleben eine reale Nachfrage ist, und dass Telearbeit dazu beitragen kann“, sagt er gegenüber Luxemburger Medien.

„Vorteile real werden lassen“

Zwar verfügen die Franzosen bereits über ein Kontingent von 29 Tagen, bevor sie wieder im Wohnsitzland Frankreich steuerpflichtig werden. „Aber das ist ein Hemmnis, da dies nur alle zwei Wochen einen Tag Heimarbeit bedeutet. Wir plädieren für zwei Tage pro Woche. Das ist keine willkürlich gewählte Zahl, sondern ermöglicht es, bei einer Vollzeitbeschäftigung trotzdem die meiste Zeit im Unternehmen zu verbringen, aber auch die Vorteile der Telearbeit real werden zu lassen.“

Sein Arbeitgeber, die von einem katarischen Scheich geführte Privatbank Quintet, ermöglicht bereits zwei Tage pro Woche das Arbeiten von zu Hause aus. Deshalb ist er überzeugt: „Es ist eher in den Außenländern, wo es klemmt, was auch ein Grund für diese Petition ist. Meiner Meinung nach bedarf es jedoch einer gemeinsamen Regelung mit allen Nachbarländern Luxemburgs“, sagt Pernot, der auch Kontakt zu Abgeordneten des „Département Moselle“ aufgenommen hat, um deren Unterstützung zu erhalten. Am ersten Tag erreichte die Petition fast 1.000 Unterschriften, inzwischen sind es knapp 2.300. Das Bohren dicker Bretter geht folglich weiter.

Grober J-P.
13. August 2022 - 9.55

Auch Grenzgänger haben jeden Vorteil hier Steuern zu zahlen. Habe etliche Jahre für eine ausländische Firma gearbeitet und hier Steuern gezahlt. Drüben hätte es weniger Netto gegeben. Man muss nur richtig vermitteln, wo der Hauptarbeitsplatz "liegt". Also bei 2 Tagen Homeoffice von 5 Arbeitsttagen wäre das doch machbar.
Einmal mehr die Arbeitsgesetze durchstöbern.

eifelbiker100
11. August 2022 - 15.15

Ich habe großen Respekt vor der Luxemburger Fiskalpolitik. Schön, dass es ihnen damit so gut geht. Zu wünschen wäre es, wenn das hier in Deutschland auch gelingen würde. Vielleicht ist das (noch) kleine Land flexibler durch die allesamt kürzeren Wege der Entscheidungen. Neid darf unter keinen Umständen aufkommen. Grenzen dürfen insbesondere von Deutschland zu Luxemburg nie mehr geschlossen werden. Das war schrecklich. Auf eine gute und lange Freundschaft im Grenzgebiet. Bleiben sie gesund und haben sie weiterhin Freude am Leben.

Bux /
11. August 2022 - 14.07

Die Umverteilung kennt hier leider nur eine Richtung, von den Grenzgängern zu den Einwohnern Luxemburgs.

Romain
11. August 2022 - 8.17

Es werden schon zu viele Steuern verschwendet und nicht nur im eigenen Land ( fällt unter Wahlpropaganda ) . Wieviele Gelder hat Luxemburg mit investiert alleine in den Grenzregionen

jung.luc.lux
10. August 2022 - 20.27

Luxemburg darf auf keinen Fall auf Steuereinnahmen verzichten. Wir dürfen uns nicht von unseren Nachbarn für dumm verkaufen lassen.

Fernand
10. August 2022 - 14.57

Was gibt's denn da zu debattieren?

Glauben einige Leute Deutschland, Belgien und Frankreich würden freiwillig auf Steuereinnahmen verzichten, bloß weil Luxemburg so nett ist?

Wäre Luxemburg denn einverstanden wenn 100.000 Franzosen hier wohnen würden, in Frankreich Telearbeit verrichten und auch da Steuern zahlen?
Ich glaube kaum.