Die kleinen Ortschaften der Gemeinde: Kapweiler, Calmus, Ehner und Schwebach, könnten als Postkartenmotive für Darstellungen luxemburgischer Dörfer herhalten. Auch in Saeul, dem Hauptort der Gemeinde, versprühen die meisten Straßen den urig-melancholisch Charme einer Landidylle – etliche restaurierte Häuser und die romanische Kirche tragen das ihrige dazu bei. Im krassen Gegensatz dazu stehen die beiden Hauptstraßen, die mit Durchgangsverkehr reich gesegnet sind. Menschen, die zu Fuß unterwegs sind, sieht man an diesem nasskalten Januartag fast keine; nur in der örtlichen Bäckerei herrscht reger Betrieb. Der Laden ist offensichtlich einer der wenigen „Treffpunkte“ der Saeuler.
„Ja, es gibt fast keinen Ort, wo man sich in Saeul treffen kann“, sagt uns Claude Serkeyen aus Schwebach, den wir vor der Bäckerei antreffen. Aber das ist wohl eher eine allgemeine Kritik am Dorfleben, keine Besonderheit von Saeul. Die Gemeindepolitik bezeichnet er als „mittelmäßig“, gibt aber gleichzeitig zu, dass er sie nicht im Detail verfolge. Danach gefragt, was ihm an Besonderem aus den letzten sechs Jahren in Erinnerung blieb, überlegt er eine Weile, und sagt dann: „Nun, immerhin haben sie den Platz vor der Kirche neugestaltet, der sieht nun doch schon wesentlich besser aus.“
Als wir uns mit Serkeyen unterhalten, kommt ein weiterer Kunde der Bäckerei hinzu: Eugène Hilgert, der in Saeul wohnt, findet die Gemeindepolitik hingegen kurzweg schlecht. So regt er sich z.B. über die lokale Verkehrspolitik auf. Er sitze zwar im Rollstuhl, fahre aber auch Auto. Ein Dorn im Auge ist ihm die geplante 30er-Zone, mit Radargeräten in der Hauptstraße. „Sie sehen ja selbst, dies ist eine stark befahrene Durchfahrtsstraße, hier fahren am Tag Tausende von Autos durch. Ich bin absolut dafür, solche Zonen vor Schulen einzurichten, aber hier den Verkehr auf 30 km/h begrenzen zu wollen, ist Irrsinn.“ Am Ende kann aber auch er etwas Positives zu der Politik der letzten sechs Jahren sagen: Das P&R, das bei Schwebach angelegt wurde, findet er gut.
Tunnel als Wunschtraum
Dass der starke Verkehr eines der Topthemen in der Ortschaft ist, bestätigte uns der in Saeul wohnende Schriftsteller Jemp Schuster, den wir baten, seine Gemeinde zu beschreiben. Von oben gesehen sei Saeul ein Kreuz, schrieb er uns, eine Kreuzung von zwei Hauptstraßen, eine von Wiltz nach Luxemburg-Stadt, die andere von Arlon nach Mersch. Von oben betrachtet müsste man sagen: Schaut, wie schön es daliegt!, doch unten sei es ein Kreuz mit der Kreuzung. „Mir Sëller hunn e grousse Wonschdram. Baut äis en Tunnel vun der Kräizerbuch bis op Brouch a vun Téinte bis op d’Schweebecherbréck. Schéckt dee ganze Verkéier ënnert dem Duerf erduerch. Setzt e Schëld op all Säit vum Duerf: Circulez, y‘a rien à voir.“
Der Verkehr ist aber nicht das einzige Thema im Dorf. An der Bushaltestelle gegenüber dem Gemeindehaus treffen wir Diana Diels-Kneip. Auch sie sagt uns offen ihre Meinung zur Gemeindepolitik und spart ebenfalls nicht mit Kritik am Bürgermeister. Seit der vorige Bürgermeister (Raoul Clausse) verstorben sei (2018), tue sich nicht viel. Der Neue habe viel versprochen, aber nichts getan.
Als Beispiel eines solchen Versprechens nennt sie den „Late Night Bus“: „Für die Jugend gibt es hier bei uns sozusagen nichts.“ Ihre Tochter sei nach Jahren von der Uni zurückgekehrt und habe sich beklagt, es habe sich nichts im Dorf verändert. Sie wünscht sich, dass mehr für Kinder und Jugendliche getan werde. Auf die Frage, was sie denn konkret tun würde, wenn sie Bürgermeisterin wäre, meint sie: „Eben mehr für die Jugend. Zum Beispiel würde ich Nachhilfekurse für Kinder ins Leben rufen.“
Saeul in Kürze
Größe: 14,9 Quadratkilometer
Einwohnerzahl: 969 (Stand: 9.1.2023)
Ortschaften: Saeul (521) Calmus (208), Schwebach (149), Ehner (46), Kapweiler (45)
Bürgermeister: Jean Konsbruck
Der Gemeinderat der Majorzgemeinde besteht aus folgenden Mitgliedern: Edmond Gengler und Jean-Paul Mousel (Schöffen), Marc Fisch, John Kaufmann und Gérard Zoller.
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