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Lieber Arbeitsbesuch als Olympia: Luxemburgs Premier besucht drei Tage lang Südkorea

Lieber Arbeitsbesuch als Olympia: Luxemburgs Premier besucht drei Tage lang Südkorea
„Luxemburg war nicht das größte Kontingent, aber proportional zur Bevölkerung waren wir ein sehr wichtiges Kontingent. Die zwei Toten werden weder hier noch bei uns vergessen“, so Premier Xavier Bettel gestern bei seiner Visite der Memorial Hall in Südkorea (Foto: SIP/Emmanuel Claude)

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Spätestens seit dem kindischen Streit um den größten Atomknopf, der skurrilen Ernennung des nordkoreanischen Machthabers zum «Rocketman» durch Trump und der gefährlichen Drohung durch den US-Präsidenten, Nordkorea komplett wegzusprengen, ist die koreanische Halbinsel in den Fokus der internationalen Berichterstattung gerückt. Mit Premier Xavier Bettels dreitägiger Visite in Korea mischt sich auch Luxemburg nun in die Aktualität ein.

Drei Tage lang besucht Premier Bettel samt Wirtschaftsdelegation – die diesmal sehr klein ausfällt – Korea. Der Besuch beschränkt sich auf die Hauptstadt Seoul und auf die Demilitarisierte Zone (DMZ) zwischen Nord und Süd, die mittlerweile zu einer der größten Touristenattraktionen für Korea-Besucher mutiert ist.

(Fotostrecke: SIP/Emmanuel Claude)

In Luxemburg läuft die Legislaturperiode ihrem Ende entgegen. Im Oktober stehen Parlamentswahlen an. Vielleicht ein Grund, sich medienwirksam als Wahlkämpfer auf der koreanischen Halbinsel in Szene zu setzen? Xavier Bettel hat bessere Argumente.
«Ich wurde vom südkoreanischen Premier Lee Nak-yeon zu den Olympischen Spielen eingeladen, fand aber, dass die Spiele nicht der richtige Kontext seien, um hier nach Südkorea zu kommen. Weil wir bilaterale Beziehungen unterhalten, war ich der Meinung, dass es auch wichtig sei, bilateral und nicht multilateral hierherzukommen», so Bettel. Noch nie sei ein Luxemburger Premier auf bilateraler Ebene in Südkorea gewesen.

«Dabei gibt es Luxemburger Betriebe, die hier in Südkorea operieren, und es gibt koreanische Betriebe, die auf dem Luxemburger Markt aktiv sind», so der Premier. Dabei handele es sich um koreanische Holdings, die auch luxemburgische Firmen gekauft haben. «Diese werden wir in den nächsten Tagen treffen.»

Die «Gëlle Fra» und der Koreakrieg

Wichtig sei es, jene Betriebe, die bereits auf dem luxemburgischen Markt operieren, zu festigen, und andere, die noch zögern, ob sie nach Luxemburg kommen sollen, von ihrem Vorhaben zu überzeugen. Bettel fügte hinzu: «Südkorea ist ein G20-Land, es gehört zu den industrialisierten Nationen.» Die boomende Wirtschaft sei ein wichtiger Faktor des asiatischen Landes. «Dabei ist es wichtig, Unternehmen auf Luxemburg aufmerksam zu machen. Vor allem im digitalen Bereich, wo Südkorea zu den Ländern zählt, die vorne mit dabei sind und so in Luxemburg eine potenzielle Entwicklung ermöglichen.»

Bettel spricht von einer kurzen, aber dafür wichtigen Visite. Im Fokus stehen der politische und der wirtschaftliche Teil. Gleich am Anfang der Visite stand gestern allerdings das «Geschichtliche» – wie Bettel es nennt – auf dem Plan. Premier Bettel besuchte den nationalen Friedhof von Seoul. Und direkt im Anschluss das Kriegsdenkmal von Korea im Stadtteil Yongsan in Seoul. Dort erwarten den Besucher tausend Jahre koreanischer Militärgeschichte.

Im Fokus steht der Koreakrieg Anfang der 1950er Jahre. «Ein Krieg, in dem auch zwei Luxemburger ihr Leben ließen», so Bettel. Das Großherzogtum hat mit über 80 jungen Luxemburgern im Rahmen der UN-Mission mitgewirkt und für die Freiheit der Koreaner gekämpft. «Man ist irgendwie stolz darauf, zu sehen, dass sie das nie vergessen», meinte der Premier.

Gedenken an Luxemburger Soldaten

«Luxemburg war nicht das größte Kontingent, aber proportional zur Bevölkerung waren wir ein sehr wichtiges Kontingent. Die zwei Toten werden weder hier noch bei uns vergessen.» Vielen Luxemburgern sei nicht bewusst, dass bei der Goldenen Frau auch daran erinnert wird, dass Luxemburger im Korea-krieg beteiligt waren. «Krieg findet nicht nur in Geschichtsbüchern weit weg von uns statt. Und hier waren wir auch beteiligt.»

In der Memorial Hall wurde mit einer Kranzniederlegung jener gedacht, die im Koreakrieg an der Front ihr Leben verloren. Es folgten eine Unterschrift im goldenen Buch, ein Gruppenfoto samt Delegation und danach ein Besuch des Museums, das zu Ehren der 21 Staaten – darunter Luxemburg –, die Korea in den Kriegsjahren von 1950 bis 1953 unterstützten, errichtet wurde. Lange schaute sich Bettel den hinter einer Glasvitrine nachgestellten Schauplatz der befestigten Position luxemburgischer und belgischer Soldaten in der Region Chatkol vom Frühjahr 1953 an. Das Diorama wurde übrigens durch ehrenamtliche Mitglieder des Diekircher Militärmuseums MNHM anlässlich des 60. Jahrestages des Waffenstillstands von Panmunjeon gebaut.

«Wir befinden uns heute in einer Situation, in der seit 1953 immer noch ein kalter Krieg zwischen Nord- und Südkorea besteht», so Bettel. In den letzten Wochen und Monaten ist viel passiert. Die Situation habe sich erst verschärft und dann wieder beruhigt. «Deshalb sind die politischen Treffen hier sehr wichtig, damit ich mich mit dem südkoreanischen Premier austauschen kann, zum Beispiel darüber, wie er die Zukunft sieht», sagte der Premier. «Zwischen Nord- und Südkorea herrscht kein Vertrauen. Allerdings gibt es erste Anzeichen – und dies wollen wir (Luxemburg und Europa) unterstützen –, dass sich die Situation beruhigt. Auch jene zwischen Nordkorea und den USA, die zuvor ausgeartet war.» Die Befriedung und Reduzierung von Konflikten liege schließlich im Interesse aller, so der Premier. Und wenn beide Koreas wieder aufeinander zugehen, dann kann man das gewiss einen historischen Moment nennen.

Bettel wird während seiner Visite auch die Themen Space Mining, grüne Finanzen und diversifizierte Fondswelt in Luxemburg ansprechen. Bei den grünen Finanzen ist Luxemburg weltweiter Leader, so Bettel. In Korea bereitet die Luftqualität zunehmend Sorgen. Dies könne zum Umdenken auf andere Alternativen helfen.