In seinem ruhelosen Streben nach Glück hat Lewis Hamilton die nächste Stufe erklommen. Der vierte Weltmeistertitel in der Formel 1 stillt zumindest kurz die Sehnsucht des 32-Jährigen nach dem vollkommenen Moment. «Es wird einfach besser und besser. Ich weiß, wer ich bin, wofür ich stehe und warum ich hier bin. Also tue ich es», sagt Hamilton.
Der Mercedes-Star, vielleicht das größte Talent seiner Generation, hat in diesem Jahr die perfekte Mischung zwischen Emotion und Coolness gefunden. Aus dem Frust der verlorenen WM gegen den ungeliebten Nico Rosberg im Vorjahr entwickelte der Brite den Vortrieb für einen weiteren Reifeprozess.
Rosbergs Rücktritt wirkte zudem wie eine Befreiung für Hamilton. «Ich arbeite seit fünf Jahren mit ihm. Auf diesem Level habe ich ihn noch nie gesehen», schwärmt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Er sieht Hamilton derzeit «in einer eigenen Liga» fahren.
Hamilton ist als Sportler und Mensch noch einmal gewachsen, bezieht politisch Stellung, interessiert sich intensiv für Mode und Musik und ernährt sich inzwischen vegan. Sein hektischer Lebensstil abseits der Strecke ist nicht mehr störende Ablenkung, sondern zusätzliche Inspiration für den Rennfahrer. «Ich folge meinem Herzen», sagt der Silberpfeil-Star, der 2007 die große Grand-Prix-Bühne betrat und gleich in seiner Debütsaison fast den Titel geholt hätte.
Sein Motto: «Ich wachse weiter»
Ein Jahr später krönte sich Hamilton zum damals jüngsten Champion der Formel-1-Geschichte und schien am Beginn einer Ära. Als Sohn eines Einwanderers aus der Karibik und erster dunkelhäutiger Pilot der Königsklasse hatte er all das hart erkämpfen müssen, doch dann waren plötzlich andere schneller. Eine stürmische Beziehung mit Popsternchen Nicole Scherzinger, die dauerhafte Selbstinszenierung bei Twitter und Instagram und die schleichende Entfremdung vom McLaren-Team, das ihm lange die PS-Heimat war, bremsten Hamiltons Fahrt in die Rekordbücher.
Erst der Wechsel zu Mercedes 2013 als Nachfolger von Michael Schumacher verschaffte ihm einen neuen Schub. Ausgestattet mit vielen Freiheiten entwickelte sich Hamilton zum prägenden Piloten der Rennserie, zum einzigen globalen Superstar der Formel 1. «Ich nehme jeden Tag als Geschenk. Ich habe die Möglichkeit, dieses unglaubliche Leben zu leben, und weiß gar nicht warum. Deshalb ist mir Dankbarkeit sehr wichtig», sagt Hamilton.
Mit dem nächsten Titel für Mercedes nach 2014 und 2015 rückt Hamilton nun in einen erlauchten Kreis ein.
Nur Schumacher mit seinen sieben WM-Triumphen, Juan Manuel Fangio (5), Alain Prost (4) und Rivale Sebastian Vettel (4) sind in diesem elitären Club. Das Tempo drosseln kommt für Hamilton nicht infrage. «Ich mag es, wenn meine Tage prall gefüllt sind. Ich habe eine Menge Energie», sagt er. Familie und Kinder? «Noch ganz weit weg.» Hamilton hat noch zu viele andere Pläne, will als nächstes die Ruinenstadt Machu Picchu in Peru erklettern und sich als Taucher versuchen. Sein Lebensmotto hat er sich auf den Rücken tätowieren lassen: «Ich wachse weiter.»
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