Tageblatt: Léon Marx, Sie sind seit 2005 bei der Philharmonie als Building Services Manager eingestellt und somit für die Haustechnik verantwortlich.
Léon Marx: Ja, ich bin tatsächlich seit den ersten Tagen der Philharmonie mit dabei. Eigentlich sogar schon etwas vorher, denn als ich angefangen habe, war der Bau der Philharmonie noch nicht abgeschlossen. Damals haben rund 500 Personen auf der Baustelle hier gearbeitet. Ich habe damals mit sehr vielen verschieden Kollegen aus den verschiedensten Bereichen zusammengearbeitet. Die Vorbereitungen haben allerdings schon sechs Monate früher angefangen. Ich habe mich auch sehr für die gesamte Technik eines solchen Gebäudes interessiert. Mir hat es dann auch sehr geholfen, dass ich schon zehn Jahre Berufserfahrung hatte. Ich bin gelernter Industrietechniker, dann habe ich zusätzlich noch einige Jahre Maschinenbau studiert und dann bei einer internationalen Firma hier in Luxemburg gearbeitet. Doch nach zehn Jahren war ein Wechsel nötig und ich suchte eine neue Herausforderung. Und die war mit diesem gewaltigen Gebäude zweifelsohne gegeben.
Sind Sie damals mit in den Arbeitsablauf einbezogen worden?
Jein, und wenn, dann nur am Rand. Die Planung war ja schon festgelegt. Allerdings gab es noch immer einige Kleinigkeiten zu verbessern. Was aber nicht immer einfach war, denn der Bau befand sich in der Endphase und musste bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fertiggestellt sein. Hier fehlte eine Tür, dort ein Feuerschutz, da gab es nicht genug Steckdosen, hier benötigte man eine andere Beleuchtung. Es waren solche Kleinigkeiten, die aber sehr wichtig waren, um die wir uns dann vor Ort kümmerten und unsere Anliegen dann an die verantwortlichen Handwerksbetriebe weiterreichten. Natürlich stellte sich bei jeder Änderung die Frage nach der Finanzierung.
Was sind denn die Herzstücke dieser Haustechnik?
Also, zuerst einmal muss man zwischen der Bühnentechnik und der Haustechnik unterscheiden. Wir waren und sind für die Haustechnik verantwortlich. Darunter fällt beispielsweise alles, was unter der Struktur des Gebäudes zu verstehen ist: Türen, Lüftung, Klimaanlage, Befeuchtung, Entfeuchtung, Wasseraufbereitung usw. Dies alles wird mit einem spezifischen informatischen System geregelt und überwacht, sodass das ganze Gebäude unter ständiger Kontrolle ist. Die Philharmonie ist dabei so gut konzipiert und ausgerüstet, dass alle Effektive maximal genutzt werden und eine Steigerung der Leistungen an sich kaum noch möglich ist. Im Gegensatz zu anderen Häusern dieser Größe arbeiten wir in einem kleinen Team von rund sechs Personen. Da muss dann schon jeder auf der Höhe sein und das nötige Knowhow mitbringen, zumal die meisten in Schichten von acht Stunden arbeiten und eine Person Bereitschaftsdienst hat. Der ganze technische Bereich kann also ohne Informatik nicht mehr funktionieren und alle Personen, die in den jeweiligen spezifischen Bereichen arbeiten, müssen das dafür notwendige Wissen haben. Sicher, es wird dann und wann auch noch geschraubt und Teile werden von Hand ausgewechselt, aber die Informatik ist ein wesentliches Herzstück der Philharmonie. Doch wenn dieses Herzstück ausfällt, wie durch einen Cyberangriff vor einiger Zeit, muss das Team auch fähig sein, die ganzen Systeme manuell zu bedienen.
Nach welchen Kriterien wird denn beispielsweise die Belüftung oder Klimaanlage eingestellt? Oder funktioniert das auch automatisch?
(lacht) Ich bin auch ein Wetterfrosch. Ich schaue mir immer eine Woche im Voraus die Wettervorhersagen an. Wird es ein heißes Wochenende oder ein verregnetes? Wird es schwül oder kalt? Dann können wir unsere Belüftung und die Klimatisierung darauf einstellen. Und bei den Klimaschwankungen, wie wir sie zurzeit haben, ist es enorm wichtig, das Wetter ständig im Auge zu behalten.
Wie schnell reagiert das Haus denn auf eine Umstellung der Klimatisierung?
Wir haben zwar eine enorm große Glasfläche, aber die Isolierung ist so gut, dass wir für 24 bis 48 Stunden, sagen wir, eine Reserve haben, wo das Haus die Temperatur hält. Wenn die Außentemperatur aber für mehrere Tage stark steigt oder fällt, dann müssen wir Anpassungen vornehmen. Und dabei wollen wir dann so wenig wie möglich an Energie verbrauchen. Aber neben der Temperatur muss aus noch die Luftfeuchtigkeit, insbesondere im großen Saal, berücksichtigt werden.
Sie müssen wissen, so wie der Saal schalldicht ist, so ist er auch thermisch hundertprozentig isoliert, was Temperaturschwankungen vermeidet
Arbeiten Sie auch mit Solarenergie?
Ja, auf dem Dach sind Glaspaneele angebracht. Die Energie, die dort gewonnen wird, wird allerdings direkt in das Stromnetz gespeist und uns nachher angerechnet. Wir sind ja auch nicht die Besitzer der Philharmonie, das sind die „Bâtiments publics“, die uns den Strom dann auch in Rechnung stellen.
Die Philharmonie ist jetzt fast 20 Jahre alt. Stehen technische Verbesserungen an?
Man darf natürlich nicht vergessen, dass sich die Technik in den letzten 20 Jahren enorm entwickelt hat. 2005 wurde hier eine bereits bewährte, hochwertige Technik eingebaut, denn zum Experimentieren mit neuen Techniken war damals keine Zeit. Obwohl heute noch alles tadellos funktioniert, so ist unsere Technik, gemessen an dem Stand von heute, doch etwas veraltet. Verschiedenes wurde dann auch schon ersetzt, wie beispielsweise die Beleuchtung, die im Laufe der Jahre auf LED umgestellt wurde. Natürlich werden Änderungen immer in Zusammenarbeit mit „Bâtiments publics“ abgesprochen und geplant. Jetzt, nach 18 Jahren, muss man aber weiter in die Zukunft schauen und sicherlich größere Verbesserungen anstreben. Und dann müssen wir Spezialisten hinzuziehen. Besonders jetzt, wo die Energiefrage so unwahrscheinlich wichtig geworden ist.
Das Herz der Philharmonie ist ja der große Saal. Wie wird denn dort die Temperatur eingestellt?
Der große Saal beispielsweise muss immer nur gekühlt werden. Ob jetzt ein Jazz-Trio oder ein Symphonieorchester spielt, die Temperaturschwankungen sind minimal. Wenn der Saal aber vollbesetzt mit Publikum ist, erhitzt er sich auch schneller. Da muss gekühlt werden. Und da ja üblicherweise die warme Luft nach oben steigt, wird die kühle Luft von unten zugeführt, also unter den Sitzen. Oben wird die Luft dann wieder abgesaugt. Sie müssen wissen, so wie der Saal schalldicht ist, so ist er auch thermisch hundertprozentig isoliert, was Temperaturschwankungen vermeidet. Im Laufe der Jahre haben wir dann die ideale Luftfeuchtigkeit und Temperatur erfahrungsgemäß festlegen können. Wir sind jetzt bei 22 bzw. 21 Grad im Sommer. Bei den historischen Barockinstrumenten muss man dagegen auf die Luftfeuchtigkeit achten, denn sie sind sehr, sehr empfindlich. Ein Grad Temperaturunterschied für zu einer Differenz von 0,8 Hertz, was schon sehr viel ist. Nur die Sänger brauchen eine höhere Raumtemperatur. Das Erste, was sie sagen, ist immer: „Bitte schaltet die Klimaanlage aus.“ (lacht)
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