Zum 1. Mai hat LCGB-Präsident Patrick Dury nicht mit Kritik an der Regierung gespart. Im gut gefüllten Festzelt in Remich ging es unter anderem um Europa, Krankheit und das ArcelorMittal-Werk in Düdelingen.
Luxemburg lebe in Frieden mit den Nachbarstaaten und habe sich so wirtschaftlich und sozial stark entwickeln können. In anderen Ländern jedoch herrsche Krieg – das sei eine bittere Realität. Der LCGB rufe deshalb die Verantwortlichen in Luxemburg dazu auf, alles zu unternehmen, um das Sterben durch Krieg und Folter zu beenden.
In vielen Ländern Europas würden aber Extremismus, Populismus und Nationalismus wieder salonfähig. «Europa muss ein Friedensprojekt bleiben. Europa muss eine starke soziale Komponente kriegen», sagte Dury.
Entwicklung Luxemburgs durch Zuwanderung
Der LCGB-Präsident erklärte weiter, dass die Hälfte der Menschen in Luxemburg nicht den Luxemburger Pass besitzen und die Hälfte der Arbeitnehmer im Privatsektor Grenzgänger sind. Die Kombination aus offener Gesellschaft und offenem Arbeitsmarkt habe Luxemburg stark gemacht. Die Entwicklung Luxemburgs sei ohne Immigration nicht möglich gewesen, so der Gewerkschaftsführer vor den Hunderten Zuhörern.
Dury ging auch auf die Digitalisierung ein. Die Studie des US-amerikanischen Autors Jeremy Rifkin, die die Regierung in Auftrag gegeben hatte und die eine Zukunftsvision für Luxemburg aufzeigen sollte, befasse sich zwar viel mit den technischen und wirtschaftlichen Aspekten der Digitalisierung, nicht jedoch mit den sozialen. Der Christliche Gewerkschaftsbund fordere deshalb, dass sich auch damit befasst werden soll. Stichworte seien: virtuelle Betriebe, Telearbeit, Arbeitszeiten, Erreichbarkeit der Mitarbeiter und das Copyright von Daten.
Unbefristeter Arbeitsvertrag soll Standard bleiben
Der LCGB verlangt in diesem Kontext die Beibehaltung des unbefristeten Arbeitsvertrages als Standard in Luxemburg und lehnt eine Prekarisierung der Arbeitnehmer durch Scheinselbstständigkeit ab. Darüber hinaus fordert die Gewerkschaft das Recht der Arbeitnehmer auf Weiterbildung. Dementsprechende Pläne sollten in den Betrieben mit der Personalvertretung erarbeitet werden.
Mit Blick auf die Arbeitslosenquote sagte Dury, es sei «unverständlich und inakzeptabel, dass der Arbeitsminister Maßnahmen wie die ‹Aide au Réemploi› verschlechtert oder die ‹Préretraite-solidarité‹ abgeschafft hat». Die Arbeitslosenquote ist in den vergangenen vier Jahren stark gefallen. Jedoch konnten nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichviel profitieren.
Dury ging auch auf Diskussion um die 52-Wochen-Regelung im Krankheitsfall ein. Bislang endet ein Arbeitsvertrag, wenn ein Arbeitnehmer binnen zwei Jahren 52 Wochen krankgeschrieben war. Zuletzt hatte sich Sozialminister Romain Schneider (LSAP) unter dem Druck der Gewerkschaft OGBL einverstanden gezeigt, diesen Zeitraum auf 78 Wochen auszudehnen. Das sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, meinte Dury. Der LCGB fordere allerdings, dass Menschen so lange krank gemeldet sind, bis sie wieder gesund sind und wieder arbeiten können oder bis ihnen eine Invalidenrente zugesprochen wird. «Dem Original am sozialen, ewéi sech dem Minister seng Partei gären nennt, sinn d’Leit schäissegal!», sagte Dury. Die Gewerkschaft hat deshalb zu einer Demo am 25. Juni vor dem Ministerium am „Rousegäertchen“ aufgerufen.
«Zum Sozialmodell bekennen!»
Der LCGB fordert des Weiteren, dass das Patronat sein «neoliberales Hirngespinst endlich einmottet und sich zu unserem Sozialmodell bekennt». Das bedeute, dass die Arbeitgeber nicht aus der Kofinanzierung der Krankenkasse aussteigen dürften.
Dury ging auch auf den möglichen Verkauf des ArcelorMittal-Werks in Düdelingen ein. Der Stahlkonzern möchte seinen Konkurrenten Ilva in Italien kaufen. Die EU-Wettbewerbskommissarin hatte Bedenken angemeldet. ArcelorMittal hatte als mögliche Lösung vorgeschlagen, einige Werke zu verkaufen – unter anderem das in Düdelingen. Daraufhin hat sich die Luxemburger Politik eingeschaltet.
Anders als der OGBL fordert der LCGB das dringende Zusammenkommen einer „Stol-Tripartite“. Der OGBL hält diese Notfallmaßnahme noch nicht für notwendig. «De Responsabele vun ArcelorMittal sief gesot, datt hiert Personal net zum Spillball vun der Konzernpolitik duerf ginn», erklärte Dury. Den Konzern dürfe man nicht so leicht aus seiner Verantwortung entlassen. Das Werk brauche Investitionen, um seine Zukunft zu garantieren. Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) und Arbeitsminister Nicolas Schmit (LSAP) hätten die Situation klar verkannt und sich zum «Steigbügelhalter von Mittal und seiner Monopoly-Politik degradieren lassen».
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