Liebe, vor allem die romantische, kommt ohne das Materielle, das Physische, die körperliche Begegnung nur schwer aus. Natürlich birgt sie auch etwas Metaphysisches; mit ihr und durch sie kann der Mensch über den Horizont, der sein eigener Körper ist, hinausschauen. Er kann Tod, Krankheit, Verfall, physische Einschränkungen kurzzeitig vergessen oder mit mehr Gelassenheit betrachten, weil er durch das Zusammensein mit einer anderen Person eine Nähe erfahren hat, die ihn zumindest teilweise aus dem engen Raum seiner einzelnen Existenz ausbrechen lässt. Liebe verfügt auch gewiss über viele Kommunikationskanäle; sie ist in dem Sinne mehrsprachig. Ihr körperlicher Ausdruck ist ein Vehikel, wohl ein mächtiges, aber eben nur ein Vehikel, unter vielen. Und doch verlangt die Liebe vom Liebenden, sie auch zu verkörpern, sie auszuleben mit allen Sinnen; sich der Sinnlichkeit hinzugeben, im wahrsten Sinne des Wortes.
Eben diese körperlich-sinnliche Erfahrung von Liebe fängt Katharina J. Ferner mit ihrem Gedichtband „krötentage“ auf zauberhaft berührende Weise ein, indem sie den Blick auf die einzelnen Gesten, Blicke, Berührungen richtet, in denen die Liebe beheimatet ist, und dabei der Poesie des Alltags einen Platz einräumt, durch den dem Leser gleichsam ein Schleier vor Augen weggezogen wird, wenn es um die Betrachtung des scheinbar Gewöhnlichen geht. Sie schreibt: „wir liegen schulter an schulter- / rücken ein stück nähe noch / die schwerelosen lider entschlafen einander / verfingerte ameisenhände“. Oder auch: „grasknäul im vorspann / verknoten sich zum lustgarten / barfuß durch nassen tau / gibst mir blumennamen / herzzustand: flattrig“. Ob der Sprecher oder die Sprecherin nun einen Winterspaziergang unternimmt, mit der Straßenbahn fährt oder in einem Café auf jemanden wartet: Mit starken Bildern, einem Auge für unauffällige, aber doch sprechende Details und einem feinen Sinn für Sprachwitz beschreibt Ferner kleine Szenen und Vorfälle des tagtäglichen Lebens auf immer neue und faszinierende Weise. Sie zeigt: Für das Dichterauge existiert das Banale nicht ohne das Betörende.
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