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„La bohème“ oder Leben zwischen Jazz und Kunst – Danielle Igniti aus Düdelingen

„La bohème“ oder Leben zwischen Jazz und Kunst – Danielle Igniti aus Düdelingen

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Danielle Igniti (65) liebt Brüssel und Kreta. Jazz und zeitgenössische Kunst sind ihre Leidenschaften. Aber sie hält auf Qualität. Mittelmäßigkeit lehnt sie ab. Sie besitzt Charme und Durchsetzungsvermögen. Sie ist authentisch und hat einen starken Sinn für Gerechtigkeit. Als Verfechterin der Frauenrechte, langjährige Präsidentin des „Planning familial“ und Kulturverantwortliche der Gemeinde Düdelingen kann sie das unter Beweis stellen. Nun geht sie in Rente. Doch zur Ruhe setzen möchte sich Danielle Igniti nicht.

Von Marco Goetz

Früher Montagabend, Kulturzentrum „opderschmelz“ (ODS). Danielle, die Direktorin, hat ihren Schreibtisch aufgeräumt, „aus Respekt dem Menschen gegenüber, der mein Büro am Abend putzt“, sagt sie.

Am 1. März übergibt die „ODS Queen“ (so nennt sie sich auf Facebook) das Zepter an ihren langjährigen Mitarbeiter John Rech. Seit Entstehung des „Centre culturel opderschmelz“ 2007 ist sie die Chefin. Ihr Werk, ihre Welt. Doch sie erzählt ohne sichtbares Bedauern: „Ich freue mich auf etwas Neues.“

Danielle wirkt entspannt. Hellwache Augen. Angenehme Stimme. Sie wieselt durchs Kulturzentrum. Grüßt und wird gegrüßt. Sie pflege einen respektvollen Umgang, betont sie, erwarte das allerdings auch von ihren Mitmenschen. Wer sie kennt, weiß, dass sie es nicht einfach hinnimmt, wenn ihr einer zu dumm kommt. Dann setzt sie schon mal den Mann und auch die Frau auf seinen bzw. ihren Platz. Unmissverständlich. Danielle ist keine Freundin der schleimenden Diplomatie.

Sie ist ein Einzelkind. Den damaligen Gesetzen nach habe sie bis zum 21. Geburtstag Italienerin bleiben müssen, erklärt sie. Der Vater, ein „beau mec“, sei da bereits Luxemburger gewesen. Die Mutter auch.

„Citoyenne du monde“

Während ihrer Schulzeit im „Lycée de jeunes filles“ (heute „Lycée Hubert Clément“) habe sie das eine oder andere Mal für Verwirrung gesorgt. So beispielsweise auch im Alter von 13, als sie als Klassensprecherin Auskunft geben sollte. Über ihre Nationalität. „Ich wollte weder lügen noch die Wahrheit sagen.“ Deshalb habe sie sich als „Citoyenne du monde“ bezeichnet. Sie freut sich über ihre kecke Antwort – und das auch heute noch. Dann fragte die Lehrerin nach dem Beruf des Vaters. „Die einen sagten Ingenieur, Apotheker oder Lehrer, da antwortete ich ‹Lamineur› statt Arbeiter.“

Während der Schulzeit müssen die Mädchen eine Schürze tragen. Beim Erzählen verdreht Danielle die Augen. Sie habe sich dann von ihrer Großmutter eine Schürze nähen lassen – „etwas ganz Auffälliges, bester Stoff und glänzende Knöpfe“. Auch eine Form des Protests. Sie erinnert sich auch an die wöchentliche Messe. Am Donnerstagmorgen. Pflichtprogramm für die Gymnasiastinnen. Nicht für Danielle. Sie verbringt die Zeit lieber im damaligen „Café Wobrécken“. Doch ihre Eskapade fällt auf. Die Schuldirektorin habe sie zum Dienst als Messdienerin verdonnert. Was störte sie da wohl am meisten? Das Wort Messe oder das Wort dienen? Unmissverständliche Antwort: „dienen“.

Keine Dienerin

Denn eine Dienerin habe sie nie sein wollen, „ni dieu, ni maître“. Sie habe gelernt, sich in der von Männern dominierten Welt durchzusetzen, erzählt sie. Auch gegen jene, die sie Spaghetti nennen oder „Bier“ – damals im Viertel Wolkestall, wo sie aufwächst.
Sie wehrt sich auch gegen jene, die nicht wollen, dass sie in Brüssel studiert. Sie fährt – und bleibt, zwölf Jahre lang. Lebt im Viertel Ixelles. Belegt Romanistik und Kunstgeschichte. Sie erzählt von intensivem Kontakt mit Kultur und stimulierenden Diskussionen in Jazzlokalen und Ausstellungen. Ihr Leben beschreibt sie als „La bohème“. Mehr aber wird sie wahrscheinlich auch unter Androhung schlimmster Folter nicht verraten. Zumindest ahnt man, woher ihre Leidenschaften stammen und warum sie heute noch öfter nach Brüssel fährt.

Eigentlich hätte sie für immer bleiben wollen. Doch sehr persönliche Gründe führen sie nach Düdelingen zurück. Sie nimmt eine Arbeit in der Industrie an. Später wird sie Personalchefin bei der Gemeinde. Mars di Bartolomeo, ein Freund aus Sandkastenzeiten, unterstützt sie. 1990 übernimmt sie das Kunstzentrum „Nei Liicht“ und 1993 auch die Galerie Dominique Lang. Sie habe an den Bildungsauftrag der öffentlichen Hand geglaubt. Und daran, dass Kultur und Qualität unzertrennbar seien. Dass man ihr nachsagt, elitär zu sein, scheint sie nicht zu stören.

Als die LSAP gegen die Frauenquote stimmt, verlässt sie die Partei

Sie versteckt auch nicht, dass Zwänge ihr zuwider sind. Besonders dann, wenn sie von Männern ausgehen. In der Politik, zum Beispiel. Einige Jahre ist sie Mitglied der LSAP. Sogar Vizepräsidentin. Als die Partei gegen die Frauenquote stimmt, geht Danielle. Auch den Zwang, Verwandte zu besuchen, möge sie nicht: „Als Kind haben sie mich gezwungen, in der Familienrunde zu singen.“

Entspannung findet sie auf Kreta. Gemeinsam mit ihrem Mann Charly – „unsere Lichttherapie“. Sie schätzen die sozialen Kontakte auf der Insel, Wein und Küche natürlich auch. Kochen mache sie „schrecklich gerne“. Das habe sie von der Mutter. Aber auch beim Kochen sei Qualität oberstes Gebot.

Danielle erzählt gerne. Aber kaum über die Zeit nach dem 1. März. „Die Zukunft ist mir nicht egal“, sagt sie, blickt sich um und fügt hinzu: „Vielleicht Ausstellungen oder eine eigene Kollektion.“ Mehr verrät sie heute nicht. Und auch der Wirt blickt schon nervös auf die Uhr.

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