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Kunstecke„Kunst erleben“ einfach für jedermann

Kunstecke / „Kunst erleben“ einfach für jedermann
 Foto: Julien Garroy/Editpress

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Erklärungen zu den Mudam-Exponaten liefert nun ein Heft, das in einfacher Sprache verfasst und für Erwachsene, Jugendliche und Kinder bestimmt ist. 

Zeitgenössische Kunst stellt für manche Zeitgenossen eine echte Herausforderung dar. In der Tat ist die bildende Kunst für viele eine Art Buch mit sieben Siegeln geworden. Konzeptkunst, wie sie im letzten Jahrhundert initiiert worden ist, wird oft erst bei längerem Betrachten, geduldigem Studium der beigelegten Faltblätter oder beim Anhören der langwierigen Erläuterungen der Künstler verständlich. Im Mudam, „Musée d’Art moderne Grand-Duc Jean“, vermischen sich Exponate unterschiedlicher Faktur, mal in die Moderne passend, mal eher ins Zeitgenössische reichend, oder gar einem Ausflug ins Fantasieland Utopia gleichkommend.

Weil bei vielen Museen aufgrund diverser Ursachen die Besucherzahl spärlicher geworden ist, bemühen sich die Hüter der schützenswerten Artefakte aller Schattierungen seit geraumer Zeit, Mittel und Wege zu finden, die Museen wieder attraktiver zu gestalten, sie für junge Menschen, ergo die Kunstliebhaber von morgen, im Zeitalter der totalen Digitalisierung attraktiv zu machen. Bildungsprogramme werden für alle Alterskategorien entworfen, Symbole und sympathische Leitfiguren kreiert, Workshops organisiert, Bastelstuben eingerichtet, kurz: die heiligen Hallen der Kunstgeschichte und modernen Paläste der Förderung aktueller Kunst werden passend hergerichtet. Es ist eine neue, eine wichtige Aufgabe von Direktoren und Kuratoren sowie spezialisierten Lehrbeauftragten. Im Mudam musste gar die einzigartige Kapelle von Wim Delvoye weichen, um für einen entsprechenden Lehr- und Spielraum Platz zu machen.

Allegorien interpretieren

Als wir dieser Tage den „Garden of Resistance“ des Künstlerpaares Feipel-Bechameil besuchten, eine Arbeit, die mit ihren drei Skulpturen viel Interpretationsspielraum lässt und wohl zu den oben beschriebenen Kunstwerken gehört, stießen wir in der großen Eingangshalle unter der hohen Glaskuppel, wo zuletzt ein ausrangiertes Flugzeug „gelandet“ war, auf eine Eisschollenlandschaft, zusammengesetzt aus den von Bert Theis anlässlich der Eröffnung des Mudam geschaffenen Holzbänken, die wie frei treibende Eisblöcke einzelne Räume des Hauses bevölkerten – eine faszinierende Installation, ideal, um an den allzu früh verstorbenen Luxemburger Künstler zu erinnern (die Vereinigung „Bert Theis Archiv“ begeht übrigens am 23. Februar ihre zweite Jahresversammlung und schmiedet neue Pläne in Anlehnung an das tiefgreifende Werk des Künstlers).

Um diese gut in die derzeitige Klimadiskussion passende allegorische Installation zu verstehen, bedarf es, wie bei besagtem Resistenz-Garten, einiger Erklärungen. Die Verantwortlichen des Mudam sind sich dessen bewusst und haben nun ein Instrument geschaffen, das jeder sich zulegen kann, um „Kunst zu erleben“.

In einfacher Sprache dargelegt

Das Heft gibt in „einfacher Sprache“ Erklärungen zum Museum, zur Kunstsammlung und zeigt einige konkrete Beispiele in Wort und Bild. Selbst Definitionen sind leicht zu verstehen. „Zeitgenössische“ Kunst etwa wird so dargestellt: Sie ist neu, die meisten Kunstwerke stammen aus den letzten 50 Jahren, und ihre Künstler und Künstlerinnen leben meist noch. Regeln im Museum, das Gebäude selber und sein Architekt sowie die Festung rundum werden erklärt, auch der Begriff „Kunstsammlung“ wird illustriert, dies mit dem Hinweis, dass die des Mudam 700 Werke umfasst, davon 54, die extra für das Museum geschaffen wurden.

Die Ausstellung „25 Jahre Mudam-Sammlung“ wird thematisch und im Detail aufgeschlüsselt. Die Palette reicht von „vereinfachten Formen“ wie bei den schwarzen Steinen von Katinka Bock über „abstrakte Konstruktionen“ wie die von der Baukunst inspirierte Malerei von Tina Gillen bis hin zu „Gesten und Schrift“ aus den Werken von Giorgio Griffa sowie den Elementen „Raum und Körper“, wie sie Janaina Tschäpe einsetzt. Dargestellt werden auch die „Spielregeln“ der Kunst anhand des Systems von Bernard Piffaretti sowie „das Normale ganz anders“ eines Jürgen Drescher, der „Gegenstände“ in Kunstwerke verwandelt. Abgerundet wird dieser Exkurs in die Mudam-Sammlung mit dem Werk „Zeno Writing 2002“ des erst kürzlich im Pei-Museum auftrumpfenden William Kentridge, der gerne „Geschichten“ erzählt, die „wahr sein können“ oder aber „frei erfunden“ daherkommen. Die Texte des Heftes sind dank Ioanna Madenoglu knapp, einfach und präzise formuliert. Das Projekt wurde vom Kulturministerium unterstützt, der Hinweis, das Heft sei für Erwachsene, Jugendliche und Kinder bestimmt, lässt auf eine Fortsetzung schließen. Man darf gespannt sein, wie man kommende Ausstellungen einfach und in zutreffender Sprache für ein gemischtes Publikum mit einem ähnlichen Heft zugänglich macht.