Damit sind die Erwartungen des Ministeriums abgesteckt, doch ist der Wunsch nicht Vater des Gedankens. Rezente Umfragen haben ergeben, dass die Besucherquote in Museen nicht allzu berauschend ist. Haben die Einwohner des Großherzogtums mehr Lust auf Gemäuer und Traditionen als auf museal aufgemotzte Kunst? Vielleicht, da die zu besichtigenden Kulturgüter teils im öffentlichen Raum bequem zugänglich sind und weil derartige Veranstaltungen auch attraktive, familiengerechte Begleitprogramme anbieten, sodass ein Abstecher zu dieser oder jener Sehenswürdigkeit sich wohl für viele als Event lohnen mag.
Promotions- und Werbemittel
Seit in Europa der Tag der „offenen Türen“ bei historischen Denkmalen auf Initiative des damaligen französischen Kulturministers Jack Lang in „europäische Tage des Kulturerbes“ umgewandelt worden ist, bemüht man sich redlich, aus dieser Veranstaltung ein populäres Ereignis zu machen. Besonders in Ländern, in denen es zahlreiche Einrichtungen gibt, die es zu erhalten und aufzuwerten gilt, werden diese Tage genutzt, um die Werbetrommel zu rühren und öffentliche wie private Geldgeber zu motivieren, doch in den Erhalt dieses Kulturerbes zu investieren. Luxemburg beteiligt sich seit einigen Jahren an dieser europaweiten Veranstaltung, bietet jedoch ein spezifisches Programm an, sodass das heimische Publikum einen konkreten Bezug dazu haben kann. Hierzulande haben wir vor zwei Jahren „25 Jahre Lëtzebuerg Kulturerbe“ gefeiert. Seit „Luxemburg, Altstadt und Festungsanlagen“ 1994 von der Unesco als Welterbe anerkannt wurde, ist die Motivation gestiegen, teilen selbst kommunale wie nationale Entscheidungsträger die Erkenntnis, dass es für ein Land, eine Nation wichtig ist, sein Kulturerbe zu schützen. Lang hat’s gedauert, doch nun verfügt das Großherzogtum über ein neues, wenn auch nicht von jedem als perfekt bewertetes Gesetz von Februar 2022 zur Pflege des nationalen Kulturerbes.
Das diesjährige Motto der Kulturerbe-Tage zielt auf die Wichtigkeit der Nachhaltigkeit ab, kurzum, es gilt, mit Besuchen, Entdeckungen, Workshops, Konferenzen, praktischen Demonstrationen handwerklicher Fertigkeiten und erworbenem Know-how die Nachhaltigkeit des Kulturerbes/der Denkmalpflege zu hinterfragen und deren Wichtigkeit für ein gesünderes, umweltschonenderes und besseres Leben in der Zukunft zu unterstreichen. Zahlreiche Veranstaltungen füllen das diesjährige Programm. Da gibt es Orgelkonzerte, Wanderungen, Fachwerk-Ateliers, ein Fotowalk „Ma cabane“, einen Abstecher zum Kreativzentrum 1535° in Differdingen, nach Echternach oder auf Schloss Colpach, einen Rundgang am Schumann’s-Eck-Memorial 1944-45, den Besuch von archäologischen Ausgrabungen, eine Konferenz zum Thema Arbeiter-Gartenanlagen im luca (Luxembourg Center for Architecture – 1, rue de la Tour Jacob) am 27. September oder einen Filmabend mit dem Film „Schrebergaart“ von Yann Tonnar am 30.9., ebenfalls im luca.
Was Denkmalpflege bedeuten kann
Spannend dürfte es sicher mit einem Rundtischgespräch am gleichen Ort am 23. September ab 17 Uhr werden, wenn das Thema „Von der Denkmalpflege zur großen Reparatur“ zur Debatte steht. In der Einladung wird „Denkmalpflege“ als „Bewahrung und Unterhaltung“ von Denkmälern definiert, doch gleich die Frage gestellt, ob in Zeiten des „Klimawandels und der Ressourcenknappheit“ die „Pflege und Reparatur“ nicht nur von Denkmälern im Interesse einer „nachhaltigen Entwicklung“ zu betrachten sei. Sind wir unter den aktuellen Umständen in der Lage, die „Denkmalpflege“ auf die „gesamte gebaute und unbebaute Umwelt zu übertragen“, wird als eine zentrale Facette besagter Diskussion, ergo der diesjährigen „Kulturerbe-Tage“, dargestellt. Teilnehmer sind Architekten, ein Vertreter des „Institut national du patrimoine architectural“ (dieses Institut bietet auf seiner Webseite das gesamte Programm der Tage) sowie ein Stadtplaner und ein Baustoffexperte. Das Schlusswort spricht interessanterweise Kulturministerin Sam Tanson. Ob sie aus der Diskussionsrunde einen politischen Leitfaden für eine „nachhaltige“ Denkmalpflege in Zeiten der „Ressourcenknappheit“ entwickeln und den Begriff der „Denkmalpflege“ im obigen Sinne erweitern wird, sei dahingestellt. Fakt ist, dieser Meinungsaustausch findet am Sitz des luca statt, auch ein Indiz dafür, in welche Richtung sich dieses Streitgespräch wohl orientieren könnte.
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