Nach der gefährlichen Zuspitzung im Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm im vergangenen Jahr gibt es seit Anfang 2018 überraschende Entspannungssignale. Unter anderem wollen Nord- und Südkorea wieder miteinander reden. Zwar soll es zunächst nur um eine Teilnahme Nordkoreas an den Olympischen Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang im Februar gehen. Doch Seoul hofft, die Grundlage für eine dauerhafte Entspannung schaffen zu können. Doch die Skepsis ist groß.
Was ist geplant?
Vertreter der Regierungen beider koreanischen Staaten wollen sich am Dienstag (9. Januar) im Grenzort Panmunjom zum ersten Mal seit Dezember 2015 wieder zu Gesprächen an einen Tisch setzen.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte in seiner Neujahrsrede den Wunsch geäußert, eine Delegation zu den Olympischen Winterspielen zu entsenden. Darum wird es diesmal auch in erster Linie gehen. Nordkorea will mit dem Vorsitzenden des Komitees für die Friedliche Wiedervereinigung des Vaterlandes, Ri Son Gwon, einen erfahrenen Unterhändler bei innerkoreanischen Gesprächen nach Panmunjom schicken. Südkorea wird von Vereinigungsminister Cho Myoung Gyon vertreten.
Die Zeit drängt für Nordkorea, wenn es noch bei den Pyeongchang-Spielen teilnehmen will. Eigentlich hat das Land die Zeit für die Anmeldung von Athleten verstreichen lassen. Doch Südkorea und das Internationale Olympische Komitee (IOC) wollen das Land unbedingt dabei haben. Es wäre aus ihrer Sicht ein wichtiges Symbol für den Frieden. Das IOC könnte dazu eine «Wild Card» gewähren.
Was treibt die Akteure?
Hinter der Absicht Süd- und Nordkoreas, wieder Gespräche zu führen, stecken vielfältige Motive. Südkoreanische Forschungsinstitute hatten schon Ende 2017 vorausgesagt, dass Nordkorea im neuen Jahr den Dialog suchen könnte, nachdem es die Entwicklung einer Atomstreitmacht als «abgeschlossen» sieht. Der Schritt soll die Möglichkeiten einer Entspannung ausloten. Kim hat einen Großteil seiner Neujahrsrede auf wirtschaftliche Themen verwendet. Er will demnach 2018 die rückständige Wirtschaft ankurbeln. Die internationalen Sanktionen haben zwar bisher nichts im Atomstreit bewirkt, doch behindern sie die wirtschaftliche Entwicklung.
Konservative Kommentatoren in Südkorea vermuten, dass Kim vor allem Taktik betreibt. Er wolle sich durch die Annäherung an Seoul ein wenig aus den Fesseln der Sanktionen befreien und einen Keil zwischen Südkorea und den USA treiben. Dagegen sieht die linksliberale südkoreanische Zeitung «Hankyoreh» in den Gesprächen grundsätzlich ein gutes Zeichen mit dem «Potenzial, die Tür für eine Dialog zwischen Nordkorea und den USA zu öffnen».
Die Motive Südkoreas liegen auf der Hand. Zunächst einmal will es den Erfolg der Winterspiele und Paralympische Spiele im März. Präsident Moon Jae In will aber mehr. Er äußerte die Hoffnung, die Grundlage für regelmäßige Gespräche schaffen und in Verhandlungen auch auf Nordkorea einwirken zu können, sein Atomprogramm aufzugeben.
Wie steht Washington dazu?
US-Präsident Trump sagte Moon volle Unterstützung für seine Politik zu. Er sei auch bereit, mit Kim zu sprechen. Allerdings machte Trump am Samstag noch einmal deutlich, dass sich nichts an seiner harten Linie gegenüber Nordkorea ändern werde, wenn Pjönjang auf sein Atomprogramm nicht verzichtet.
Zu Trumps Amtsantritt waren die US-Geheimdienste der Meinung, dass Nordkorea vier bis sechs Jahre von der Fähigkeit zur atomaren Bedrohung der USA entfernt sei. Nach Informationen der «New York Times» (Sonntag) glaubte Washington daher, ausreichend Zeit für Verhandlungen oder Maßnahmen gegen Nordkorea zu haben, weil sieben von acht nordkoreanischen Tests von Mittelstreckenraketen 2016 gescheitert seien. 2017 habe Nordkorea aber plötzlich in schneller Folge Raketen eines anscheinend parallel entwickelten Programms erprobt, die schließlich Washington erreichen könnten. Das habe Washington überrascht.
Wie stehen die Chancen der Korea-Gespräche?
Die Aussichten sind unklar. Kim Jong Un machte Südkorea ein Friedensangebot, doch gegenüber den USA blieb es bei Drohgebärden. Vom Atomprogramm will er nicht abrücken. Das Programm gilt als Überlebensgarantie der Führung in Pjöngjang. Experten in den USA rechnen damit, dass Nordkorea weitere Raketen testen wird, um die Zuverlässigkeit von Flugkörpern, die das ganze US-Festland erreichen können sollen, zu verbessern.
Die USA stimmten jetzt zu, mit Südkorea geplante Militärmanöver bis nach den Olympischen Spielen zu verschieben. Doch Verteidigungsminister James Mattis bekräftigte, der Druck auf Pjöngjang werde trotz der «Konfliktentschärfung» aufrechterhalten. Die Menschen in der Region befürchten, dass sich die Spannungen nach den Spielen wieder verschärfen.
Wie sehen die Nachbarn die Entwicklung?
China sieht in Gesprächen grundsätzlich den besten Ausweg aus der Krise. China will vor allem Ruhe an seinen Grenzen. Ein Regierungssprecher in Tokio machte am Freitag deutlich, dass Japan weiter mit den USA und Südkorea versuchen werde, den Druck auf Nordkorea zu erhöhen. Das Vorgehen werde auch mit China und Russland abgestimmt.
Wie sieht das IOC die Entwicklung?
Das IOC begrüßte die Gesprächsabsichten Nord- und Südkoreas uneingeschränkt. Das IOC wolle die Gespräche mit dem Nationalen Olympischen Komitee Nordkoreas fortsetzen, um eine Teilnahme nordkoreanischer Athleten zu ermöglichen, hieß es in Lausanne.
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