Es gab nicht eine einzige Warnung, dass es irgendwann im Verlauf der Corona-Krise zu Klopapier-, Pasta- oder Mehl-Engpässen kommen könnte – und doch reagierten zahlreiche Konsumenten wie auf Kommando mit Hamsterkäufen, und zwar genau in dieser Reihenfolge, mit Klopapier an erster Stelle. Keiner weiß so richtig warum, aber die leeren Supermarktregale sprachen eine eindeutige Sprache – und die Karikaturisten freuten sich. Das war gleichzeitig die Geburtsstunde selbst ernannter Klopapier-Hamsterer-Experten, die ihre an den Haaren herbeigezogenen, schrägen, dafür aber abgehoben klingenden Theorien in die Welt setzten, ohne den geringsten Beweis für ihre Richtigkeit zu erbringen.
So alltäglich banal Klopapier auch sein mag, ist dieses erstaunliche Phänomen, neben seinen lustigen Aspekten, durchaus interessant und verdient unserer Meinung nach eingehende Studien und Analysen, für die man vielleicht einen Lehrstuhl an unserer uni.lu schaffen sollte. Warum kaufen Menschen angesichts einer Pandemie, die die ganze Menschheit fest im Griff hat, ausgerechnet Klopapier? Of all things! Denn schließlich gibt es auch andere Möglichkeiten körperlicher Hygiene, man könnte sich zum Beispiel einfach waschen. Oder sogar, im Extremfall, auf das zurückgreifen, was sich schon früher (das ist noch kein Jahrhundert her) bewährte: Zeitungspapier. Igittigitt! Wie gräulich! Und doch: Man sollte nicht vergessen, dass es sich damals nicht um irgendein Zeitungspapier handelte, sondern für die Mehrheit der Bewohner doch wohl um das L.W., mit dem man sich die gottgefällige Druckerschwärze zwischen die Pobacken schmieren konnte.
Doch das klingt heute alles so grenzwertig, dass man den Klopapier-Hamsterern nur vollstes Verständnis entgegenbringen kann. Denn wer vorausschauend einkauft, braucht sich so was nicht zuzumuten. Und zu richtigen Faustkämpfen zwischen den Supermarktregalen wird es ja wohl kaum kommen, solange man zwei Meter Distanz zu den anderen Klopapier-Erbeutern halten muss. Davon abgesehen: Wer hat in unserer digitalisierten Welt überhaupt noch Zeitungspapier zu Hause?
Umwertung
Die Hamsterkäufe von Klopapier sind auch ein gutes Beispiel für die Umwertung von Alltagswaren in Krisenzeiten. Bislang gehörte es zu den Selbstverständlichkeiten, die einfach gekauft wurden, ohne viel darüber nachzudenken. Frust empfanden wir höchstens, wenn nur mehr zweilagige statt der gewohnten vierlagigen Rollen vorrätig waren. Heute gehört das Klopapier zu den Kostbarkeiten, auch wenn die Preise noch nicht, wie verschiedentlich in den USA, in die Höhe geschnellt sind. Auch Pasta und Mehl haben inzwischen einen höheren Status erreicht, obwohl sie erst an zweiter und dritter Stelle der Hamsterkäufe rangieren. Dieser Positionierung muss ein Denkfehler zugrunde liegen, denn ohne Pasta und Mehl besteht ja kein Bedarf an Klopapier – wo nichts reingeht, kann auch nichts rausgehen.
Apropos reingehen: Jetzt wäre doch der ideale Zeitpunkt für ein paar Wochen Heilfasten. Heilfasten ist cool und zeitgemäß, und es ist sowieso Fastenzeit. Es wirkt positiv auf unsere Gesundheit, wird behauptet, und das können wir im Augenblick doch besonders gut gebrauchen. Davon abgesehen sind zu viele Menschen in unserem Land übergewichtig und sollten in ihren Bunkern jetzt auf jeden Fall Frustessen vermeiden. Zudem hätten wir mit ein bisschen Heilfasten rechtzeitig zum Sommer wieder unsere Bikinifigur, nur für den Fall, dass wir je wieder sorglos am Strand oder Swimmingpool liegen können.
Und wie sieht’s eigentlich mit den Pampers aus? Einer der klugen Ratschläge der letzten Zeit suggeriert den Rückgriff auf Stoffwindeln. Wie bitte? Will man uns etwa glauben machen, die jungen Eltern von heute hätten irgendwo zu Hause einen Stapel Stoffwindeln herumliegen, so für den Fall der Fälle? Da müssten die aber ökologisch sehr stark angehaucht sein (was es ja auch gibt).
Da sieht man, was mit unserem geistigen Horizont passiert, wenn unsere Normalität, unser gewohnter Alltag plötzlich aufgebrochen wird von einer weltweiten Katastrophe mit ihren verheerenden Folgen.
Alt und hässlich durch Corona
Eine andere interessante Begleiterscheinung dieser Krise sind die vielen Vorschläge, wie und womit wir uns und unsere Kinder für die Dauer der Ausgangssperre beschäftigen könnten. Diese Vorschläge klingen manchmal retro genug, dass wir es wagen können, einen weiteren hinzuzufügen. Denn man könnte doch jetzt wieder anfangen, österlich farbenfrohe Häubchen für die Klorollen zu häkeln. Das würde sie nicht nur keimfrei halten, sondern auch unserer ununterdrückbaren Kreativität ein Ventil bieten und gleichzeitig das Häkeln vor dem Aussterben bewahren. Und, nicht zu vergessen, die häkelhäubchenverzierten Klorollen würden sich doch toll auf unseren Selfies machen. Montag – ich mit blauem Klopapierhäkelhäubchen; Dienstag – ich mit grünem KPHH; Mittwoch – ich mit pinkem KPHH; Donnerstag – ich mit usw. Und in der darauffolgenden Woche könnte man zu zwei- oder mehrfach gestreiften Modellen übergehen, an Klorollen fehlt es uns ja nicht.
Und das würde das Thema für die Forscher und Experten noch viel faszinierender machen. Man könnte studieren, welche Farbe am häufigsten benutzt wird, ob eine bestimmte Farbe an einem bestimmten Wochentag häufiger auftritt, welchen Zusammenhang es zwischen den KPHH-Farben und dem Bildungsniveau gibt usw.
Bleibt noch ein letzter wichtiger Punkt, und das sind die geschlossenen Friseursalons. Wer schönes langes Haar hat, braucht sich wohl keine Gedanken zu machen, doch bei Kurzhaarfrisuren, ob bei Männlein oder Weiblein, sieht das anders aus, da ein solcher Schnitt sich nun wirklich nicht zu längerem Wachstum eignet. Sieht unmöglich aus und das braucht echt keiner, es ist schlimm genug, dass wir zurzeit gefährlich leben, da müssen wir nicht auch noch hässlich werden. Und man sollte auch jene Blond-, Rot- und Schwarzhaarigen nicht vergessen, die nach ein paar Monaten ohne Friseur zehn Jahre älter aussehen, weil der graue Nachwuchs immer länger wird. Da sollte man vorbeugen und das Haar selbst tönen. Und damit nicht warten, bis alle auf die gleiche Idee kommen und die Hairstyling-Regale in den Supertmärkten leer hamstern.
Hier unten in der französischen Garrigue hat sich eigentlich nicht viel geändert,ausser beim Einkauf.Aber wenn man die paar Regeln einhält klappt alles sehr gut.Nur man steht jetzt draußen in der Warteschlange statt drinnen an der Kasse.Fünf raus,fünf rein. Die meisten Regale sind voll,der Nachschub klappt bis jetzt und die Leute bleiben lockerer als erwartet. Die meisten kaufen nur was sie brauchen,allerdings haben viele auch nicht das Geld Panikkäufe zu bezahlen.Diese werden meist auch unterbunden.Ich hatte mir fünf Dosen Bier in den Wagen gelegt und musste zwei wieder abgeben.Naja,wer trinkt schon fünf Dosen Bier zumal wenn er zur Risikogruppe (65+)gehört?Auf den Straßen herrscht Geisterruhe weil keine Touristen da sind.Gut für die Natur,eine Katastrophe für die gesamte Branche. Also,Kopf hoch und weitermachen in dieser verrückten Zeit wo Gefangene freikommen und "Freie" eingesperrt werden.
Bravo,Mr.Scholer sie haben den berühmten Nagel voll auf den Kopf getroffen!Ein kleiner Trost.....hier in Frankreich,wo so vieles schief läuft,sieht es keinen Deut besser aus,bei soooo vielen Mitmenschen hat Corona,anscheinend,schon das Gehirn heimgesucht!
Aha, das Virus macht das Unmögliche möglich, freut mich wieder einen Artikel von Ihnen zu lesen. Da haben Sie mich voll erwischt und ich stelle mir die Frage , ob ich mich nun auch zu den Gesellen der Hamstergang zählen soll oder nicht. in dieser Zeit gibt es die drolligsten Mitbürger, die jeden ab Rentenalter konsignieren möchten, ja vielleicht sogar internieren die Lösung wäre. Aks Rentner traue ich mich schon nicht mehr aus dem Haus, den schiefen Blicken zu entgehen, husche alle drei Wochen in aller Früh in den Einkaufstempel, packe den Einkaufswagen randvoll, nur um schnell den Blicken der Jüngeren zu entgehen. Was dieser alter Sack wieder hamstert, kann er nicht in seinen vier Wänden verweilen.Gedanken die mich nicht loslassen und wieder schnell heim, die Tür verrammeln, Rolladen schliessen und heile Welt spielen .