Gegen den Coronavirus-BluesItaliener musizieren an Fenstern und auf Balkonen

Gegen den Coronavirus-Blues / Italiener musizieren an Fenstern und auf Balkonen
In Italien kommt das komplette soziale Leben zum Erliegen. Um der Einsamkeit entgegenzuwirken, singen die Italiener nun gemeinsam.  Foto:  Marco BERTORELLO / AFP

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Musik hallt durch die menschenleeren Gassen wie bei einem Straßenfest: Angesichts des Coronavirus verabreden sich die Italiener in diesen Tagen an Fenstern und auf Balkonen für gemeinsame Konzerte.

Die Menschen folgen Online-Aufrufen, ein Musikinstrument hervorzuholen oder einfach nur gegen die Einsamkeit anzusingen, damit das Land trotz Coronavirus-Ausgangssperre «für ein paar Minuten ein einziges großes Konzert ist».

In den vergangen Tagen wurden in den Online-Diensten Facebook, Instagram und Twitter zahlreiche Videos von musizierenden Italienern veröffentlicht, die wild entschlossen sind, ihr Lebensgefühl trotz der Coronavirus-Epidemie nicht einschränken zu lassen. Auf den Videos sind Menschen zu sehen, die sich an ihren Fenstern versammeln, tanzen, den Nachbarn zuwinken und etwa die Nationalhymne «Fratelli d’Italia» singen.

Ein weiterer Titel, der am Freitagabend in Rom zu hören war: «Grazie Roma», ein beliebtes Lied aus den 90er Jahren. Im Liedtext heißt es unter anderem: «Sag mir, was es ist, das uns das Gefühl gibt, zusammenzusein, auch wenn wir getrennt sind.»

Der Sänger Andrea Sannino veröffentlichte auf Instagram eine Zusammenstellung von Videos, auf denen Menschen an ihren Fenstern in seiner Heimatstadt Neapel sein Lied «Abbracciame» (deutsch: «Umarme mich») singen. «Das ist ein Tag, von dem ich noch meinen Kindern und Enkelkindern erzählen werde», schrieb der Musiker. «Danke, dass ihr mich zum Weinen gebracht habt!»

Für Samstagabend wurde bereits ein nächster landesweiter Konzerttermin vereinbart. Diesmal soll der Klassiker «Azzurro» von Adriano Celentano durch die Straßen hallen. An ihren Hausfassaden und Balkonen haben die Italiener eine weitere Botschaft gehisst und davon zahlreiche Fotos ins Internet gestellt: In bunten Farben und mit einem Regenbogen versehen steht dort «Andrà tutto bene» – alles wird gut.

Seit Montag ist die Bewegungsfreiheit in Italien stark eingeschränkt. Weite Teile der Wirtschaft wurden lahmgelegt und die Menschen aufgefordert, ihre Häuser nur in dringenden Notfällen zu verlassen. Zudem wurden landesweit alle kulturellen Veranstaltungen bis auf Weiteres ausgesetzt. Künstler und Musiker versprachen ihren Fans Online-Konzerte, weltberühmte Museen wie die Uffizien in Florenz und das Peggy-Guggenheim-Museum in Venedig machten ihre Ausstellungen im Internet für virtuelle Rundgänge zugänglich.

Italien ist das am stärksten von der Pandemie betroffene Land Europas. Bis Freitag wurden mehr als 17.600 Infektionsfälle mit dem neuartigen Coronavirus bestätigt, fast 1300 Menschen starben dort an der durch das Virus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19. Allein am Freitag wurden 250 neue Todesfälle gemeldet – die bislang höchste verzeichnete Todeszahl innerhalb von 24 Stunden.

Wie schützt man sich am besten vor einer Ansteckung?

Die Schutzmaßnahmen sind die gleichen wie bei anderen Infektionen der Atemwege: Hände regelmäßig und gründlich waschen, in den Ellbogen oder in ein Papiertaschentuch niesen und das Taschentuch sofort in einem abgedeckten Mülleimer entsorgen, Händeschütteln und Küssen vermeiden, engen Kontakt mit kranken Menschen vermeiden, zu Hause bleiben, wenn man krank ist, und vermeiden, das Gesicht mit den Händen zu berühren.

Seit dem 2. März ist eine Hotline für die Öffentlichkeit unter der Nummer 8002 8080 in Betrieb.

Menschen mit Symptomen einer Infektion oder solche, die aus einem Risikogebiet zurückkehren, sollen nicht zum Arzt oder in die Notaufnahme gehen, sondern die Nummer 8002 8080 (oder im Notfall 112) anrufen.

Das Coronavirus im Steckbrief

– Name: Coronavirus, Covid-19
– Übertragungsweg: Tröpfcheninfektion
– Am meisten betroffene Körperregion: Lungen
– Symptome: trockener Husten, Fieber, Atemnot
– Inkubationszeit: bis zu 14 Tagen
– Gefährlich besonders für ältere Menschen oder Personen, die schon (schwere) gesundheitliche Probleme haben