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Iran verwahrt sich gegen Israels Anschuldigungen im Atomstreit

Iran verwahrt sich gegen Israels Anschuldigungen im Atomstreit

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In einer Pressekonferenz bezichtigt Israels Regierungschef die iranische Führung der Lüge. War dies der Todesstoß für das Atomabkommen?

Der Iran wehrt sich gegen Vorwürfe des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu, dass Teheran umfangreiches Know-how zum Atomwaffenbau heimlich aufbewahrt habe. Dies seien aufgewärmte, alte Anschuldigungen, mit denen sich die Atomenergiebehörde IAEA bereits auseinandergesetzt habe, schrieb Außenminister Mohamed Dschawad Sarif am Montagabend auf Twitter. Er kritisierte auch US-Präsident Donald Trump dafür, dass er sich Netanjahus Anschuldigungen zu eigen mache. Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini äußerte sich skeptisch über die neuen Anschuldigungen aus Israel.

Netanjahu hatte seine multimedial inszenierte Präsentation vor Journalisten auf Zehntausende Dokumente aus einem «geheimen Atomarchiv» in Teheran gestützt, die der israelische Geheimdienst sichergestellt habe. Es handelt sich nach seinen Worten um «neue und schlüssige Beweise zu dem geheimen Atomprogramm, das der Iran seit Jahren vor der internationalen Gemeinschaft versteckt».

«Der Iran hat gelogen», bilanzierte Netanjahu. Das 2015 geschlossene internationale Atomabkommen nannte er einen «schrecklichen Deal», der nie hätte unterzeichnet werden sollen.

In dem Abkommen hat sich die islamische Republik Iran verpflichtet, bis mindestens 2025 wesentliche Teile ihres Atomprogramms drastisch zu beschränken – mit dem Ziel, dass das Land keine Atomwaffen entwickeln kann. Im Gegenzug wurden die Sanktionen gegen Teheran aufgehoben.

EU-Außenbeauftragte: Keine Beweise

Die EU-Außenbeauftragte Mogherini erklärte, nach einer ersten Einschätzung habe Netanjahu keine Beweise dafür präsentiert, dass sich der Iran nicht an das Abkommen zum Verzicht auf Atomwaffen hält. Sie verwies darauf, dass die Internationale Atomenergiebehörde schon zehn Berichte veröffentlicht habe, die dem Iran Vertragstreue bescheinigen. Wenn jemand gegenteilige Informationen habe, solle er sich an die IAEA oder die gemeinsame Kommission der Vertragsparteien wenden. Die IAEA sei die einzige unabhängige internationale Organisation, die für die technische Überwachung zuständig sei.

Netanjahu bezichtigte dagegen iranische Spitzenpolitiker der Lüge, weil diese wiederholt behauptet hätten, das Land habe nie an Atomwaffen geforscht. Doch könne das geheime Material, das der Iran nach der Unterzeichnung des Atomabkommens versteckt habe, zum Bau von «fünf Hiroshima-Bomben» dienen. «Der Iran hat gelogen, als er sagte, er habe nie ein Atomwaffenprogramm gehabt», sagte Netanjahu.

Netanjahu sagte, die Informationen seien von den USA verifiziert worden. Präsident Donald Trump werde nun in den kommenden Tagen entscheiden, ob er den Vertrag aufkündigen will. «Ich bin mir sicher, dass er das Richtige tun wird.»

Trump ist überzeugt – zu «100 Prozent»

Trump sagte dazu, die Präsentation Netanjahus zeige, dass er mit seiner Meinung über den Iran zu «hundert Prozent» Recht gehabt habe. Auch er nannte das Atomabkommen einen «schrecklichen» Deal. Er sagte aber nicht, ob Amerika aus der Vereinbarung aussteigen wird.

Man werde sehen, was passiere, erklärte er. Er werde vor oder am 12. Mai eine Entscheidung treffen. Er erwähnte in diesem Zusammenhang auch die Möglichkeit, ein neues Abkommen auszuhandeln.

Trump muss bis zum 12. Mai entscheiden, ob von den USA ausgesetzte Sanktionen gegen den Iran außer Kraft bleiben. Dies wird de facto auch als Entscheidung über den Verbleib der USA in dem Abkommen angesehen. Weitere Vertragspartner Teherans sind Russland, China, Frankreich sowie Großbritannien und Deutschland.

Putin und Macron wollen Abkommen erhalten

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein französischer Kollege Emmanuel Macron bekräftigten bei einem Telefonat hingegen ihren Willen, am Atomabkommen festzuhalten. Diese Auffassung teilen auch Deutschland und Großbritannien. In einem Telefonat mit Netanjahu bekräftigte Putin, dass aus russischer Sicht an dem Abkommen festgehalten werden müsse.

Zuvor hatten am späten Sonntagabend schwere Raketenangriffe in Syrien die Sorge vor einem direkten militärischen Konflikt zwischen Israel und dem Iran geschürt. Bei den Attacken auf Militärziele in mehreren Teilen des Landes wurden der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge mindestens 26 Menschen getötet und 60 weitere verletzt. Verschiedene Staatsmedien äußerten die Vermutung, Israel stecke hinter den Angriffen und habe iranische Stellungen bombardieren wollen. Israels Militär äußerte sich nicht.

Netanjahu berichtete, der Iran habe jahrelang ein geheimes Atomwaffenprogramm namens Amad verfolgt. «Wir können jetzt beweisen, dass Projekt Amad ein umfassendes Projekt war, das zum Entwurf, Bau und Testen nuklearer Waffen diente.»

Der Iran baue außerdem die Reichweite seiner Raketen, die mit Atomwaffen bestückt werden könnten, immer weiter aus. «Sie sind jetzt bei etwa 2000 Kilometern, sie können Riad, Tel Aviv, Moskau erreichen.» Sie strebten aber noch «viel größere Reichweiten» an. Der Iran habe Projekt Amad unter internationalem Druck beenden müssen, «aber er hat seine nuklearen Ambitionen nicht aufgegeben», sagte er.

Der Iran hat Israel mit Zerstörung gedroht. Deshalb sieht der jüdische Staat eine Aufrüstung Teherans mit Atomwaffen als eine Bedrohung seiner Existenz.

Netanjahu zog vier Schlussfolgerungen aus seiner Präsentation: Der Iran habe gelogen, als er sagte, er habe nie ein Atomwaffenprogramm verfolgt. Sogar nach der Unterzeichnung der Atomvereinbarung 2015 habe der Iran «sein Know-how zum Bau von Atomwaffen ausgeweitet und aufbewahrt, für einen künftigen Gebrauch». 2015 habe er die Internationalen Atomenergiebehörde angelogen und seine früheren Ambitionen nicht offengelegt. Das Atomabkommen basiere daher auf «iranischen Lügen und Betrug».