Der OGBL feiert den 1. Mai seit nunmehr einem Dutzend Jahren mit einem Fest der Arbeit und der Kulturen in der Abtei Neumünster. Die politische Standortbestimmung geschieht einige Tage vorher; diesmal am 26. April, also am Donnerstag, im Rahmen eines erweiterten Nationalkomitees.
Zahlreiche Militanten der Gewerkschaft waren am Donnerstagabend der Einladung in das Kulturzentrum „Al Seeërei“ nach Diekirch gefolgt, wo Nationalpräsident André Roeltgen auf die aktuellen Dossiers der sozialen Aktualität einging (vgl. auch unser Interview).
Der 1. Mai, so Roeltgen, sei die Gelegenheit, all die Frauen und Männer zu feiern, die weltweit mit ihren Gewerkschaften für soziale Gerechtigkeit, für Frieden und Demokratie, für Gerechtigkeit und Gleichheit gekämpft haben; ein Kampf, der weitergeführt werde.
Er blickte auf die globale Situation, die sich im Jahr 2017 durch 31 Kriege und mehr als 65 Millionen Menschen, die auf der Flucht waren, negativ auszeichnete. Jeder 113. Mensch ist ein Flüchtling, ein Rekord seit dem Zweiten Weltkrieg. Einen anderen traurigen Rekord erreiche die Rüstung: 1.700 Milliarden Dollar wurden 2016 weltweit für Waffen ausgegeben. Diese Gelder fehlten, Roeltgen zufolge, für den Bau von Schulen, Krankenhäusern usw. Er sprach sich für eine internationale Entspannungspolitik aus. Der Forderung der USA und der NATO, die Rüstungsausgaben auch in Luxemburg auf zwei Prozent zu erhöhen, dürfe auf keinen Fall nachgegeben werden. Der OGBL sei bereit, zum Ostermarsch 2019 in Luxemburg aufzurufen.
Diskriminierung in der EU
Die Infragestellung der Rechte von Flüchtlingen dürfe nicht getrennt von Diskriminierungen in der EU, etwa der Roma durch den ungarischen Staat, betrachtet werden. Den antidemokratischen und autoritären Tendenzen in Ungarn, Polen, Tschechien und der Slowakei sowie rechtsextremen Parteien müsse der Nährboden entzogen werden, der Angst und Frustration heiße. Arbeitslosigkeit, soziale Ungerechtigkeit, das Zurückdrängen der sozialen Marktwirtschaft müssen in Europa ebenso aufhören wie die Angriffe auf die öffentlich-solidarischen Sozialversicherungen. Gewerkschaftliche Verhandlungsrechte und Mitbestimmung müssten ausgebaut statt eingeschränkt werden.
In Europa gelten für die Gewerkschaft fünf Hauptforderungen, so Roeltgen. Das Lohndumping müsse gestoppt werden; kein Gehalt dürfe mehr hinter Produktionsentwicklung und Inflation liegen. Zweitens müsse jedem Land der Weg für eine starke Investitionspolitik, u.a. durch europäische Obligationen, geöffnet werden. Weiter soll der Pfeiler der sozialen Rechte verbindlich in europäische und nationale Rechte umgesetzt werden und die europäische Politik solle Abstand davon nehmen, strukturelle Reformen mit arbeitnehmerfeindlichem Charakter zu predigen. Schließlich müssten gewerkschaftliche Rechte und Tarifautonomie gestärkt werden.
Der Präsident drückte auch den 300 Angestellten des Düdelinger ArcelorMittal-Werkes die Solidarität des OGBL aus, ehe er zur Lohnfrage wechselte und das Index-System verteidigte. Auch die Forderung nach einer substanziellen Erhöhung des Mindestlohnes wiederholte Roeltgen.
Allgemein bessere Kollektivvertragsabschlüsse, die Aufgabe der Lohnblockade durch die ABBL, Bewegung seitens der Luxtram-Direktion waren weitere Themen, die Roeltgen in dem Kontext ansprach.
Arbeitszeiten verkürzen
Ein neues Kollektivvertragsgesetz sollte in den Parteiprogrammen zur anstehenden Wahl stehen, so der OGBL-Sprecher, der weiter arbeitsrechtliche Verbesserungen anmahnte. Dies auch und besonders im Zusammenhang mit neuen Arbeitsformen und der Digitalisierung.
Eine Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich sei notwendig, der Spielraum dafür durch höhere Produktivität vorhanden. Die Reform des sog. „Maintien dans l’emploi“, der Regeln zu Sozialplänen und des Konkursgesetzes ließen immer noch auf sich warten, bemängelte der Redner.
Roeltgen ging anschließend auf die Rentenversicherung ein, deren Kassen mit 18 Milliarden gut gefüllt sind. Weitere Verschlechterungen dürfe es nicht geben; im Gegenteil, die negativen Automatismen des Gesetzes von 2012 müssten abgeschafft werden. Der Erhalt einer leistungsfähigen Kranken- und Pflegeversicherung, bei der die Gewerkschaft keinerlei Leistungsverschlechterungen akzeptiere, waren weitere Themen der Rede zum Tag der Arbeit.
Offensive Politik gegen Spekulanten
Regierung und repräsentative Gewerkschaften unterzeichneten 2014 ein Abkommen, das immer noch nicht integral umgesetzt worden sei. Die periodische Anpassung der Familienleistungen an die Lohnentwicklung lasse auf sich warten und ein Dringlichkeitsschreiben an den Staatsminister in dieser Frage (vom Februar) sei noch immer unbeantwortet.
Weiter müssten die vorgesehenen Auszahlungen im neuen Revis-Gesetz nach oben korrigiert werden.Die Wohnungsproblematik ansprechend unterstrich der OGBL-Präsident eine voluntaristische Politik, die den sozialen Wohnungsbau fördert, aber auch eine Offensive gegen Bodenspekulation, zu der Preiskontrollen und steuerliche Gegenmaßnahmen gehören müssten.
Nach steuerpolitischen Vorschlägen, wie der normalen Besteuerung von Kapitaleinkommen und der Forderung nach Abschaffung von Sonderbesteuerung der sog. „Stock Options“, ging Roeltgen noch kurz auf die Sozialwahlen ein, die in elf Monaten anstehen. Der OGBL brauche hier jede Unterstützung, um weiterhin positiv für die Belange der Arbeitnehmer wirken zu können.
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