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Nicht alles koscherIn diesen vier Gemeinden gab es handfeste Skandale

Nicht alles koscher / In diesen vier Gemeinden gab es handfeste Skandale
Die Kassen der wohlhabenden Stadtrandgemeinde Hesperingen wurden von ein paar kommunalen Angestellten als Selbstbedienungsladen verstanden Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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„On en voit de toutes les couleurs“, könnte man sagen. Ob rot oder schwarz, blau oder grün, Hesperingen, Wiltz, Weiswampach und Differdingen werden zwar von verschiedenen Parteien regiert, doch etwas haben sie gemeinsam: In allen vier Kommunen gab es in der letzten Legislaturperiode einen handfesten Skandal. Eine Zusammenfassung der vier spektakulärsten Fälle.

Hesperingen stand 2019 wegen eines Falls von Veruntreuung in den Schlagzeilen. Über 20 Jahre lang war es zwei Gemeindebeamten mithilfe von Tricksereien gelungen, Geld in die eigene Tasche abzuzweigen. Doch der Krug geht nur so lange zum Brunnen, bis er bricht, und im Sommer 2019 flog die Sache schließlich auf. Im Januar dieses Jahres fand der Prozess statt. Neben den Hauptangeklagten, den beiden ehemaligen Beamten, war noch ein Geschäftsmann mitangeklagt.

Die Schuldigen wurden mittlerweile zwar schon verurteilt, doch die politischen Wellen, die der Fall geschlagen hat, sind noch nicht verebbt. Die Opposition spricht bis heute von Vertrauensverlust gegenüber der Mehrheit. Die Veruntreuung von Gemeindegeldern sei eine Sache, die Art und Weise, wie die CSV-Mehrheit mit der Angelegenheit umging und umgeht, eine ganz andere, so z.B. in der Affäre um das ominöse Audit, sagt die Opposition.

Kurz nachdem der Betrug aufgeflogen war, hatte die Gemeinde die Firma PwC beauftragt, ihre Finanzkontrollstrukturen zu überprüfen, aber sich immer geweigert, den Abschlussbericht auch komplett zu veröffentlichen, mit dem Argument, es sei geistiges Eigentum von PwC. Gegen die Weigerung, ihr den Bericht auszuhändigen, klagte die Vereinigung „StopCorrupt“ mit Erfolg vor dem Verwaltungsgericht: Im Januar wies das Gericht die Gemeinde an, den Bericht herauszugeben.

Vor allem die Affäre rund um das Audit scheint dem Verhältnis zwischen Opposition und Mehrheit nachträglich geschadet zu haben. Regelmäßig warfen die Oppositionsparteien der CSV mangelnde Transparenz in der Sache vor. Rita Velazquez (LSAP) spricht dem Tageblatt gegenüber offen von einer Audit-Lüge, „weil es kein Audit gab. Es gab lediglich eine „revue de conformité des processus de gestion des marchés de fourniture de produits et services“. Ein kleiner, doch feiner Unterschied. „Im Zusammenhang mit der Veruntreuung war eine örtliche Vereinigung involviert. Daraufhin habe ich einen Antrag eingereicht, in dem ich die Transparenz von gemeinnützigen Vereinen fordere, die Aktivitäten von kommunalem Interesse durchführen und von der Gemeinde subventioniert oder bezahlt werden.“ Der Antrag sei nicht einmal in der offiziellen Broschüre „Buet“, die an alle Haushalte der Gemeinde verteilt wird, erwähnt worden.

Das Differdinger Gartenhäuschen

Das Personalkarussell im Differdinger Gemeinderat hat sich in den vergangenen Jahren kräftig gedreht. Der wohl spektakulärste Personalwechsel war der Rücktritt von Roberto Traversini („déi gréng“) am 20. September 2019. Der ehemalige Bürgermeister hatte damals die Konsequenzen aus den Enthüllungen, den Ermittlungen und seinen Fehlern im Rahmen der „Gaardenhaischen“-Affäre gezogen und sein Amt als Bürgermeister niedergelegt. Dabei ging es um ein Grundstück in der Nähe der route de Pétange in Niederkorn, das der ehemalige Bürgermeister geerbt hatte. Das Gelände, auf dem sich ein Bungalow und ein dazugehörender Schuppen befindet, grenzt direkt an den Wald. Der Schuppen liegt seit einigen Jahren in einem Natura-2000-Gebiet und in dem Naturschutzgebiet „Prënzebierg“. Als der allgemeine Bebauungsplan (PAG) im Jahr 1981 geändert wurde, fanden sich eine Handvoll Häuser nicht mehr in diesem Bauperimeter wieder. Im PAG wurden sie seitdem als „Kleingarten- und Gärtnereigebiet“ geführt. Der Bungalow sollte von einer Kleingartenzone in ein Wohngebiet „übersiedeln“. Am Haus sowie am Schuppen wurden mehrere Renovierungsarbeiten durchgeführt.

Die Affäre bedeutete das Aus für Bürgermeister Roberto Traversini
Die Affäre bedeutete das Aus für Bürgermeister Roberto Traversini Foto: Editpress/Alain Rischard

Allerdings ohne die nötigen Genehmigungen des Umweltministeriums. Diese wurden dann rückwirkend von der damaligen Umweltministerin Carole Dieschbourg („déi gréng“), Parteikollegin von Traversini, ausgestellt. Auch sie trat nach diesem Fehler zurück. Einige der Umbauarbeiten wurden vom örtlichen CIGL („Centre d’initiative et de gestion local“) durchgeführt. Das CIGL, dessen Dienste nur von Personen über 60 Jahren oder hilfsbedürftigen Menschen in Anspruch genommen werden dürfen, ist eine soziale Initiative der Gemeinde zur beruflichen Wiedereingliederung. An seiner Spitze stand als Präsident Roberto Traversini.

Die amtierende Bürgermeisterin Christiane Brassel-Rausch wird ihrerseits nicht mehr antreten. Sie bekleidet das Amt seit 2019. Damals wurde sie nach dem Rücktritt von Traversini von ihrer Fraktion vorgeschlagen und vom Gemeinderat mit zwölf Ja-Stimmen, fünf Enthaltungen und einem Nein angenommen. Bei den Gemeindewahlen 2017 war sie mit 2.768 Stimmen lediglich an fünfter Stelle gewählt worden. Als aktuelle Spitzenkandidaten schicken „déi gréng“ Paulo Aguiar und Manon Schutz ins Rennen.

Weiswampach: Über die Köpfe der Bürger hinweg

2019 hat die Mehrheit der Wahlberechtigten (60,1 Prozent) der Gemeinde Weiswampach in einem Referendum gegen einen geplanten Ferienresort am Weiswampacher See gestimmt. Doch das Resultat dieser Bürgerbefragung ließ die Gemeindeführung um Bürgermeister Henri Rinnen kalt, was zu heftigen und langanhaltenden Diskussionen und sogar Demissionen im Schöffen- und Gemeinderat führte.

Über viele Monate hinweg rissen die Diskussionen um das Mega-Projekt am „Wämper Séi“ nicht ab. Ein Privatinvestor, die „Groupe Lamy“ mit luxemburgischem Sitz in Huldingen, errichtet dort ein Hotel mit 90 Zimmern, etwa 100 Ferienchalets und einen Activity-Park. Um gegen diese Pläne vorzugehen, hatte sich eine Bürgerinitiative gegründet, die mit 386 Unterschriften das Quorum für ein Referendum mit Leichtigkeit erreicht hatte, das am 25. August 2019 stattfand.

Das geplante Ferienresort sei völlig überdimensioniert und ökologisch nicht vertretbar, so die Bürgerinitiative. Außerdem werde der allgemeine Bebauungsplan der Gemeinde außer Acht gelassen. Die Bürgerinitiative werde auch die Konvention zwischen der Kommune und der „Groupe Lamy“ rechtlich genauestens prüfen lassen. „Bekanntlich überlässt die Gemeinde dem Investor ein 35 Hektar großes Areal per Erbpachtvertrag für eine jährliche Pacht von lächerlichen 25.000 Euro“, so der Präsident der Bürgerinitiative, Pol Holweck, am 8. September 2019 gegenüber dem Tageblatt.

Henri Rinnen
Henri Rinnen Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

Die hohe Anzahl derer, die gegen das Projekt gestimmt hatten, ließ Bürgermeister Henri Rinnen jedoch kalt und im Laufe der darauffolgenden Monate kam es u.a. zum Rücktritt des Zweiten Schöffen Michel Deckenbrunnen, der die Konvention mit der „Groupe Lamy“ nicht mitunterschrieben hatte. Die Opposition fuhr große Geschütze auf, was zu unsäglichen Diskussionen während der Ratssitzungen führte. Gleich zweimal musste die Polizei im Rathaus vorstellig werden, um die Streithähne zu beruhigen.

Und nicht zuletzt kam es zu Hausdurchsuchungen im Rathaus. Dies hatte vor allem damit zu tun, dass dem Bürgermeister hauptsächlich vonseiten des Oppositionsrates Vincent Geiben vorgeworfen wurde, gleich in mehreren Fällen illegale Baugenehmigungen ausgestellt zu haben. Ein Vorwurf, den Rinnen anhand von Beispielen zurückwies. Die Polizei habe lediglich ein Dossier sichergestellt, das aber nach den Untersuchungen „ad acta“ gelegt worden sei, so Rinnen im November 2021. Da Geiben an seinen Vorwürfen festhielt, drohte Rinnen ihm mit juristischen Schritten.

Illegale Bauschuttdeponien in Wiltz

Gleich zwei Affären machen dem Wiltzer Bürgermeister Frank Arndt (LSAP) das Leben schwer. 2021 war bekannt geworden, dass an zwei Orten in der Gemeinde illegal Bauschutt abgelagert wurde. Daraufhin hatte die Kriminalpolizei im Rathaus, bei einer Baufirma und Privatpersonen Hausdurchsuchungen durchgeführt. Ebenfalls ging die Rede von Verstößen gegen die Kommodo-Gesetzgebung und das PAG-Gesetz. „Wir sind uns keiner Schuld bewusst“, sagte Arndt im August 2021 in einem Wort-Interview.

Frank Arndt
Frank Arndt Foto: Editpress/Tania Feller

Im Rahmen ihrer Ermittlungen zu den erwähnten Deponien hatte die Kriminalpolizei Indizien zu anderen möglichen Straftaten gefunden, worauf die Staatsanwaltschaft Diekirch im Februar 2022 neue Ermittlungen angeordnet hatte. Im ersten Fall geht es um den Vorwurf der Korruption, Bestechung und illegalen Vorteilsnahme in Zusammenhang mit Immobiliengeschäften. Dabei wird gegen Frank Arndt, eine Immobiliengesellschaft, eine Baufirma und gegen Unbekannt ermittelt.  In der zweiten Affäre gibt es Ermittlungen gegen den Bürgermeister im Zusammenhang mit Renovierungsarbeiten an seinem Ferienchalet. Die Untersuchungen in den erwähnten Fällen laufen noch.

Frank Arndt tritt am 11. Juni wieder zur Wahl an. In einem rezenten Artikel im Le Quotidien äußerte er sich diesbezüglich so: „Wenn ich nicht mehr kandidiere, werden die Leute sagen, dass es daran liegt, dass ich schuldig bin“. Was die Durchsuchungen 2021 und 2022 im Rathaus angehe, sagte Arndt: „Die haben nichts ergeben.“