25 Jahre nach «Jurassic Park» findet das Dinosaurier-Abenteuer seine nächste Fortsetzung. Der Film des spanischen Regisseurs J. A. Bayona wirkt wie ein Vorgeschmack auf den nächsten Teil der Reihe, ist dabei aber unterhaltsam und in seinen besten Szenen absolut spektakulär.
Der Vulkan grollt bedrohlich, als er Lava und glühende Felsbrocken speit. Dann bricht das Chaos los. Hunderte von Dinosauriern fliehen panisch vor Rauch und Feuer. Mittendrin läuft Dino-Trainer Owen Grady (Chris Pratt) um sein Leben. Es ist die wohl spektakulärste Szene in dem US-Abenteuerthriller «Jurassic World: Das gefallene Königreich» – vielleicht sogar der gesamten Filmreihe, die Steven Spielberg vor 25 Jahren mit «Jurassic Park» begann. Der fünfte Teil des Dino-Spektakels geht aber einen anderen Weg als seine Vorgänger.
Der Spanier J. A. Bayona («Das Waisenhaus»), bisher eher bekannt für kunstvoll-dramatisches Kino als für Hollywood-Blockbuster, übernahm dieses Mal die Regie. Das kreative letzte Wort hat nach wie vor Spielberg. Colin Trevorrow, Regisseur des Vorgängers «Jurassic World» (2015), hatte als Drehbuch-Autor und ausführender Produzent aber ebenfalls maßgeblichen Einfluss auf die Richtung des Films, der aus zwei dramaturgisch ganz unterschiedlichen Hälften besteht.
Zum Auftakt birgt eine private Spezialeinheit in einer Nacht- und Nebelaktion bei heftigem Unwetter einen Dinosaurier-Knochen aus dem Unterwassergehege des verwahrlosten Parks. «Wenn hier irgendwas drin wäre, wäre es schon lange tot», glaubt der U-Boot-Steuermann. Doch er irrt sich. Das Team wird im Wasser von dem aus «Jurassic World» bekannten riesigen Mosasaurus attackiert, an Land von einem T-Rex.
Nach dieser atemberaubenden Anfangssequenz tritt Claire Dearing (Bryce Dallas Howard) erstmals in Erscheinung. Weil der Vulkan auf der Dino-Insel Isla Nublar auszubrechen droht, kämpft die ehemalige Parkmanagerin mit Aktivisten um Fördermittel für ihre Rettung. Der alternde, schwer kranke Mäzen Benjamin Lockwood (James Cromwell), ein früherer Geschäftspartner des verstorbenen Jurassic-Park-Gründers John Hammond, bietet finanzielle Unterstützung an. Möglichst viele Dinosaurier sollen in ein Schutzgebiet auf dem Festland transportiert werden.
Als Waffen versteigert
Mit ihrem Ex-Freund Owen und einer Gruppe dubioser Söldner kehrt Claire auf die Insel zurück, um unter lebensgefährlichen Bedingungen die Urzeit-Tiere zu retten. «War das ein T-Rex oder der Vulkan?» Der Ton sorgt für zusätzliche Spannung, während die mitreißende Mischung aus Katastrophenfilm, Fantasy und Action-Abenteuer ihren Lauf nimmt.
Die Söldner, beauftragt von Lockwoods zwielichtigem Assistenten Eli Mills (Rafe Spall), haben allerdings andere Pläne. Die Dinos werden in eine unterirdische Käfiganlage unter dem Haus des ahnungslosen Lockwood verfrachtet. Dort sollen sie als Waffen an Unterwelt-Größen und korrupte Staatschefs aus aller Welt versteigert werden. Natürlich hält es die Dinos im Keller nicht lange in ihren engen Käfigen.
Nach der vermeintlichen Rettungsmission und dem Transport der Dinos aufs Festland nimmt Bayona das Tempo raus und setzt auf subtilere Spannung. Anstelle bombastischer Massenszenen zeigt der Spanier in der Lockwood-Villa klassische Verfolgungsjagden – ähnlich wie in der berühmten Szene aus dem ersten «Jurassic Park»-Film, in dem sich die Kinder in der Restaurant-Küche vor Velociraptoren verstecken. Die größte Bedrohung ist nun ein neu entwickelter Hybrid-Dinosaurier. Der Indoraptor ist die «gefährlichste Kreatur der Welt», wie Mills bei der Auktion betont.
Wie sämtliche Filme zuvor kommt auch «Jurassic World: Das gefallene Königreich» nicht ohne ein Kind aus. Hier ist es Lockwoods kleine Enkelin Maisie (Isabella Sermon), die dem Indoraptor kurioserweise mehrfach problemlos entkommt. In Momenten wie diesen strapaziert Bayona die Grenzen des Logischen zu sehr, indem er die Situationen auf ausweglose Höhepunkt treibt, aus denen es dann überraschend doch einen Ausweg gibt. Dass sich die Helden oft absurd irrational und inkonsequent verhalten, schadet der Spannung auch ein wenig.
Hingegen zieht der 43-Jährige bei den Unterwasser-Szenen und beim Showdown im Lockwood-Haus alle Register seines Könnens. Er spielt mit Lichteffekten und veredelt seinen Film mit kunstvollen Einstellungen, die man schon aus anderen Werken von Bayona kennt. Kenner dürften sich an «Das Waisenhaus» oder «Sieben Minuten nach Mitternacht» erinnert fühlen. Bayona betont dabei, er habe das nicht absichtlich gemacht. Das passiere «ganz natürlich».
Nicht besonders viel Blut
Nach der Vorab-Premiere in Madrid gab es vereinzelt Kritik, der Film sei ungewöhnlich brutal. Zu Unrecht. Wie in den Vorgängerfilmen landen natürlich auch bei «Jurassic World: Das gefallene Königreich» einige Menschen im Maul eines Dinosauriers. Besonders blutig ist der Film aber nicht. Im Gegenteil, tatsächlich fließt kaum Blut. Die Antwort auf die moralische Frage, ob die Dinosaurier gerettet werden sollten, auch wenn das eine Bedrohung für die Menschheit bedeutet, überlassen die Macher klugerweise dem Kino-Publikum.
Beim nächsten Teil, der 2021 in die Kinos kommen soll, wird wieder Colin Trevorrow Regie führen. Auch eine Szene nach dem Abspann deutet bereits daraufhin. Dass «Jurassic World: Das gefallene Königreich» als Übergangsfilm konzipiert wurde – dazu mit einer gewissermaßen umgekehrten Dramaturgie – ist der größte Kritikpunkt. Bayona gibt selbst zu, dass die spektakuläre erste Hälfte in anderen Filmen der große Showdown gewesen wäre.
Gerade zum Ende wirkt der Film mitunter etwas unbefriedigend. Zu oft deutet er nur an, was sein könnte und hoffentlich im letzten Teil der Trilogie kommen wird. Zum Beispiel war schon im Trailer zu sehen, wie sich der Mosasaurus einer Gruppe von Surfern nähert. Bei vielen Fans war die Vorfreude groß. Doch im fertigen Film ist die Szene kaum länger. Jeff Goldblum, der als Dr. Ian Malcolm in seine Rolle aus den ersten beiden «Jurassic Park»-Abenteuern zurückkehrt und im Trailer prominent vertreten war, tritt nur am Rande in Erscheinung.
So kann «Jurassic World: Das gefallene Königreich» mit seinem Vorgänger nicht ganz mithalten und wirkt mitunter nur wie ein Vorgeschmack auf den nächsten Film. Immerhin, als solcher ist er sehr unterhaltsam. Allein die spektakulären Szenen auf der Insel könnten den Kinobesuch schon rechtfertigen.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können